mm IKEA Hamburg Protest 01 1 700x450 cAuf Bannern und in Hühnerkostümen in Hamburg-Altona

N.N.

Hamburg (Weltexpresso) - Die Albert Schweizer Stiftung informiert in der Frage der armen Hühner. Der Druck auf IKEA von der Stiftung und anderen Tierschutzorganisationen aus ganz Europa zeigt Wirkung: Im Herbst 2017 teilte der Konzern mit, an der Anhebung seiner Standards für Masthühner zu arbeiten. Deren Fleisch landet in seinen Restaurants sowie in Shops in Hot Dogs und Köttbullar.

Seit Monaten drängte die Stiftung und andere Tierschutz- und Tierrechtsorganisationen den Konzern dazu, endlich für mehr Tierschutz bei Masthühnern zu sorgen: In einer Petition (mit etlichen Zehntausend Unterschriften) sowie mit Aktionen auf Facebook fordern sie u. a. mehr Platz und Licht, Beschäftigungsmaterial, eine Abkehr von Qualzuchten sowie eine wirksame Betäubung vor der Schlachtung. Die dem zugrunde liegende europäische Masthuhn-Forderung hat die Stiftung im letzten Jahr gemeinsam mit mehreren internationalen Tierschutz- und Tierrechtsorganisationen entwickelt.


Hühner vor IKEA

Um dem Anliegen weiteren Nachdruck zu verleihen, wurde jetzt erstmals direkt vor einer IKEA-Filiale der Protest geäußert. Das Straßenkampagnenteam positionierte sich vergangenen Dienstag gemeinsam mit Aktiven der  Hamburger Aktionsgruppe vor der Filiale in der Fußgängerzone in Hamburg-Altona. Auf Bannern und mit Hühnerkostümen forderten sie von IKEA, künftig u. a. keine Qualzucht-Rassen mehr zu nutzen; ein wesentliches Kriterium, das IKEA bislang nicht umgesetzt hat. Dabei hatte das Unternehmen schon vor Jahren versprochen, spätestens ab Ende 2016 keine Qualzucht-Hühner mehr einzusetzen.

Zwei Fernsehteams kamen für Interviews vorbei (siehe z. B. SAT.1 Regional, ab Minute 6:00). Auf Rückfragen der Medien gab IKEA bekannt, »die Kritik der Albert Schweitzer Stiftung sehr ernst« zu nehmen. Zudem nahmen viele Menschen unser Angebot an, Flyer mit Forderungen an IKEA direkt in der Filiale abzugeben.


IKEA reagiert mit unzureichendem Programm

Am Serviceschalter von IKEA sorgten die Flyer zunächst für Verwirrung. Das führte zu mehreren internen Telefonaten, die offensichtlich bis zur Konzernzentrale gingen. Denn nach einiger Zeit lag am Serviceschalter eine Pressemitteilung zum neuen Masthuhn-Programm bereit, die IKEA am selben Tag veröffentlicht hatte.

Das Better-Programm für Hühner geht auf Forderungen der Stiftung ein, bleibt aber an einigen Stellen viel zu unkonkret, sodass nicht klar wird, ob IKEA die geforderten Verbesserungen erfüllen wird oder nicht. Deshalb gehen die Verhandlungen sehr intensiv weiter und IKEA arbeitet bereits an Konkretisierungen, die vermutlich in der nächsten Woche vorliegen werden. Die Stiftung bleibt dran und wir werden wieder berichten!

Hintergrund

IKEAs Ankündigung für ein eigenes Masthuhn-Programm war die für viele enttäuschende Rückgabe des Tierschutzpreises »Good Chicken Award« vorausgegangen: In Deutschland und vielen anderen Ländern musste der Konzern von seiner Auszeichnung durch Compassion in World Farming für erhöhte Masthuhn-Standards zurücktreten. Denn trotz einer großzügigen Übergangsfrist von mehr als fünf Jahren war es IKEA nicht gelungen, alle Punkte der inzwischen veralteten Kriterien zu erfüllen. Nachdem die konstruktiven Gesprächsversuche gescheitert waren, starteten wir unsere Kampagne, der sich nach und nach immer mehr Organisationen aus Europa und den USA angeschlossen haben. Deshalb wurde mit IKEA inzwischen über globale Masthuhn-Standards verhandelt.

Mit seinen Restaurants zählt IKEA zu den zehn größten Gastronomieketten in Deutschland: Die Restaurants machten im Jahr 2016 mit 221 Mio. Euro nahezu so viel Umsatz wie die Sandwichkette Subway. Weltweit verkaufte der Konzern im selben Jahr Essen für rund 1,7 Milliarden Euro.



Darüber hatte Weltexpresso schon einmal informiert, was nun der Anlaß für obige Meldung wurde:

IKEA gibt Tierschutzpreis zurück

mm masthuehner animal equality 700 125x125Über 5 Jahre konnte IKEA mit der Auszeichnung werben. Weil es seine Zusagen auch 1 Jahr nach Fristablauf nicht erfüllte, ging der Preis nun zurück.
Die Albert Schweitzer Stiftung für die Mitwelt zeigt sich enttäuscht über IKEAs Rückgabe eines Tierschutzpreises. Das Unternehmen hatte 2011 für seine Restaurants die Auszeichnung »Good Chicken Award« (»Das werte Huhn«) der internationalen Tierschutzorganisation Compassion in World Farming (CIWF) erhalten. Damals hatte IKEA versprochen, das Leben seiner Masthühner binnen fünf Jahren deutlich zu verbessern. Diese Ankündigung hat IKEA jedoch bis heute nur in Teilen umgesetzt.

Die Albert Schweizer Stiftung hatte gegen IKEA protestiert: »Wir waren sowohl überrascht als auch enttäuscht, dass IKEA seinen Tierschutzpreis zurückgegeben hat, anstatt die Anforderungen wie versprochen zu erfüllen«, sagt Mahi Klosterhalfen, Geschäftsführer der Albert Schweitzer Stiftung. »In einer Online-Petition fordern wir das Unternehmen auf, höhere Standards für Masthühner umzusetzen.« Über 33.000 Menschen haben die Petition auf der Website der Stiftung bereits unterzeichnet.

Vor einigen Jahren galt IKEA noch als Vorreiter beim Tierschutz. Der Möbelgigant, der auch zu den größten Restaurantbetreibern Deutschlands gehört, wollte seine Standards anheben: Mehr Platz für seine Hühner schaffen, die grundlegenden Probleme der schnell wachsenden Rassen bewältigen und den Tieren Beschäftigungsmöglichkeiten bieten. Diese Schritte versprach das Unternehmen in zahlreichen Ländern bis spätestens Ende 2016 umzusetzen. Doch sogar ein Jahr nach der selbst gesetzten Frist hat IKEA sein Versprechen in den meisten Fällen nicht eingelöst.

Außer in Deutschland hat IKEA auch in Belgien, Dänemark, Finnland, Frankreich, Portugal, Slowakei, Tschechien und Ungarn seine Auszeichnungen wieder zurückgegeben. Lediglich IKEA Italien und IKEA Schweiz haben ihre Versprechen erfüllt und behalten die Auszeichnungen.

Neuer Mindeststandard: Europäische Masthuhnforderung

Als Reaktion auf die Kritik hat IKEA jetzt eigene Tierschutzprogramme angekündigt, unter anderem auch für seine Masthühner. Doch die Richtlinien dieser sogenannten »Better«-Programme bleiben bislang vage. »Die Rückgabe des Tierschutzpreises legt für uns nahe, dass die neuen Anforderungen nicht mal an die ehemaligen Zusagen von IKEA heranreichen«, sagt Mahi Klosterhalfen.

Die Kriterien des Tierschutzpreises sind mittlerweile veraltet. Inzwischen haben CIWF und viele andere Organisationen eine europäische Mindestforderung an die Haltung von Masthühnern entwickelt. Diese geht etwas über die Kriterien des damaligen Tierschutzpreises hinaus, wird aber bereits von vielen Unternehmen umgesetzt. »Auch für IKEA muss es möglich sein, diese Forderungen zeitnah zu erfüllen«, so Klosterhalfen.


Fotos: © Albert Schweizer Stiftung