Bildschirmfoto 2021 02 03 um 02.08.24SAFE-Direktor begrüßt die Reformpläne des Bundesfinanzministeriums für die Bafin, spricht sich aber für weitreichendere Kompetenzen der Aufsicht aus

Hubertus von Bramnitz

Berlin (Weltexpresso) - Das Bundesfinanzministerium will die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Bafin) nach der Demission des bisherigen Bafin-Präsidenten Felix Hufeld im Zuge des Wirecard-Skandals schlagkräftiger aufstellen. Dafür hat das Ministerium heute einen Sieben-Punkte Plan vorgelegt. Jan Krahnen, Direktor des Leibniz-Instituts für Finanzmarktforschung SAFE, erklärt dazu:

„Der Wirecard-Fall offenbart eine fachliche Schwäche der deutschen Kapitalmarktaufsicht, die eine umfassende Reform unumgänglich macht: In erster Linie sollte es darum gehen, der Bafin zu einer institutionellen Eigenständigkeit zu verhelfen, und damit auch zu einer größeren Unabhängigkeit von einem einzelnen Ministerium. Die auf diesem Wege gestärkte Behörde könnte dann aus eigener Einsicht entscheiden, welche fachlichen Schwerpunkte für eine effektive Marktüberwachung benötigt werden. Dazu gehört sicherlich Bilanzexpertise, wie sie nun vonseiten der vorgesetzten Behörde, dem Bundesfinanzministerium, in dem vorgelegten Sieben-Punkte-Plan angekündigt wurde.

Auch die weiteren Reformpunkte – Fokusaufsicht, Task Forces, Bilanzkontrollverfahren, Data Intelligence Unit, Aufseher-Cockpit – sind wichtige und notwendige Einzelschritte, die man nur begrüßen kann. Es wird sicherlich eine Stärkung der Kompetenz erreicht. Dennoch bleibt die Frage, wieso diese organischen Entwicklungen zur Qualitätssicherung nicht von innen her erfolgt sind, sondern nun auf Ministeriumsebene veranlasst werden müssen.

Weiterhin fällt auf, dass in dem Reformplan die Frage der Stärkung einer substanziellen Kapitalmarkt- und Handelsexpertise, die eigentlich zum Kern-Knowhow einer Aufsicht gehört, nicht explizit angesprochen wird. Eine solche wurde erst kürzlich im Umgang mit den Wirecard-Leerverkäufen bitterlich vermisst.

Die fachliche Expertise ist letztlich das A und O einer Aufsicht, die sich zukünftig mehr denn je im internationalen Wettbewerb behaupten möchte. Das ist keine kleine Sache, denn: Regulierungsfragen werden für Investoren ein bedeutender Faktor bei der Anlageentscheidung. Aus dem gleichen Grund sind die Integrität der Märkte sowie die Qualität ihrer Überwachung heute zu echten Wettbewerbsfaktoren um weltweite Börsengänge und Kapitalflüsse geworden.

Die besondere Bedeutung der Integrität von Märkten und ihrer Sicherung durch eine fachlich hochkompetente Aufsicht haben wir bei SAFE im Rahmen einer Expertise zu Wirecard zusammen mit einem internationalen Team von Finanz- und Rechtswissenschaftlerinnen und -wissenschaftlern für das Europäische Parlament detailliert ausgearbeitet.“

Foto:
Jan Krahnen
SAFE-Direktor

Info:
Das Leibniz-Institut für Finanzmarktforschung SAFE („Sustainable Architecture for Finance in Europe“) widmet sich der interdisziplinären Erforschung der Finanzmärkte und ihrer Akteure in Europa sowie einer wissenschaftsbasierten, unabhängigen Politikberatung. Das Institut setzt auf die Zusammenarbeit von Forscherinnen und Forschern aus den Wirtschaftswissenschaften, der Rechtswissenschaft und der Politikwissenschaft sowie auf die Vielfalt wissenschaftlicher Methoden.