Zum Austritt Großbritanniens aus der EU aus wirtschaftlicher Sicht

Constanze Hintze

München/Frankfurt am Main (Weltexpresso) - Seit Jahren erhält die Redaktion von Weltexpresso Stellungnahmen der Finanzdienstleistungen für Frauen, Svea Kuschel + Kolleginnen, die individuell ausgewertet werden. Die heutige Nachricht ist allerdings für alle da. Sie kam in Form eines Briefes, dessen Unterzeichnende wir hier zur Autorin umwidmeten. Die Redaktion


Nun ist gekommen, was sich niemand ernsthaft gewünscht hat und was die letzten Umfragen und die Börsenentwicklung der letzten Tage nicht andeuteten: Die Mehrheit der Briten hat sich in dem gestrigen Referendum für den Austritt Großbritanniens aus der EU entschieden. Das britische Pfund (GBP) wertete gegenüber dem Euro erneut stark ab und die Aktienmärkte reagieren mit deutlichen Kursabschlägen. Das wird sich auch auf die Performanceergebnisse des 1. Halbjahres auswirken.

Was bedeutet die neue Situation für Großbritannien, für Deutschland und die EU und für Ihre Vermögensanlage?



1. Großbritannien


Das „Ja“ zum Austritt hat weitreichende Konsequenzen: der Lissabon-Vertrag kalkuliert nach nationalen Austrittsbeschlüssen bis zu 2 Jahre, in denen das Austrittsabkommen in Kraft tritt. Spätestens ab 2019 werden also u.a. die Grundfreiheiten des europäischen Binnenmarktes und die internationalen Handelsverträge der EU nicht mehr für die Briten gelten. Die Aufgabe der Briten ist es daher, jetzt die Beziehungen zur EU und zu anderen Staaten neu zu ordnen. Das läuft entweder auf einen Status wie Norwegen oder die Schweiz hinaus, denen der freie Zugang zu den Märkten der EU gesichert ist oder aber GB verhandelt jetzt mit jedem EU-Land und auch auf internationaler Ebene (USA, China, …) einzelne Handelsabkommen. Wie auch immer die nächsten Schritte aussehen – es gibt viel zu tun. In welchem Umfang bis dahin Zölle und Handelsbeschränkungen den Waren- und Dienstleistungsverkehr beschränken, kann niemand mit Gewissheit sagen. Fest steht nur eines: Die negativen Folgen werden die Briten recht bald spüren.



2. Deutschland und die Europäische Union


Die Handelsbeziehungen zu Großbritannien werden sich nun verändern, was einzelne Unternehmen ohne Zweifel spüren werden. Doch der internationale Handel kommt nach dem Brexit nicht zum Erliegen – folglich geht für global agierende Unternehmen keine ernstzunehmende Gefahr vom Brexit aus. Gravierender werden möglicherweise die langfristigen politischen Auswirkungen für Europa sein. Aus unserer Sicht ist es deshalb wichtig, wie einig und zukunftsfähig sich Rest-Europa der Welt präsentiert. Solange die Stärke des gemeinsamen Wirtschaftsraums erhalten bleibt, bleibt der Brexit ein isoliertes Ereignis – nicht mehr und nicht weniger.



3. Vermögensanlage


In unserer Vermögensanlagebetreuung haben wir früh reagiert und den Anteil britischer Aktien und des britischen Pfunds gering gehalten. Aktien britischer Unternehmen mit geringem Exportanteil und britische Banken werden wohl die größten Kursabschläge erleiden, so dass wir auch heute diese Papiere meiden. Im Gegensatz dazu sind wir für große britische Global Player, wie z.B. Vodafone, positiv gestimmt.  Deren Umsätze und Gewinne kommen aus allen Teilen der Welt und die Gewinnentwicklung könnte durch ein schwaches Pfund sogar profitieren.

Von jeher verfolgen wir einen globalen Investmentansatz in der Vermögensanlage, so dass regionale Einzelrisiken und temporäre Kursrückgänge langfristig abgefedert werden. Derzeit liegt der Schwerpunkt im breit gestreuten Aktiensektor auf erstklassigen dividendenstarken, US-amerikanischen und europäischen Unternehmen. Diese werden auch künftig mit guten Produkten und soliden Geschäftsmodellen Erfolg haben.

Wir bleiben bei unserer Auffassung, dass die Aktien die rentabelste Anlageklasse sind, trotz der hohen Volatilität. Langfristig orientierte Kapitalanleger sollten überlegen, die aktuellen Kursrückschläge zu nutzen, um Ihr Aktienengagement weiter aufzubauen.


Foto:

Info: www.svea-kuschel.de