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Kategorie: Musik

Serie: Die Bregenzer Festspiele 2013, Teil 3

 

Claudia Schulmerich

 

Bregenz (Weltexpresso) – Die letzte Inszenierung auf der Seebühne unter der Intendanz von David Pountney ließ sich der Hausherr nicht nehmen: diese Zauberflöte ist sein Werk und schon mit der Opernauswahl will er, ein überaus erfolgreiche Manager, sagen, wohin die künstlerische Reise in Wirklichkeit geht: DEM LICHT ENTGEGEN.

 

 

In der Tat steht dieser Engländer für vieles zwischen Kunst und Kommerz, vor allem dafür, die Bregenzer Festspiele künstlerisch und finanziell zum bedeutsamsten Freilichtopernfestivals Europas gemacht zu haben. Einerseits hat er durch klug überlegte Raritätenpolitik für die wenigen Aufführungen einer Oper im Festspielhaus der Musikwelt Opern beschert und zurückgegeben, von der diese zuvor gar nichts wußte. Kein einziges Werk war darunter, daß nebensächlich gewesen sei. Immer hatte man den Eindruck, daß da ein Musikkenner am Werk war, der nicht nur das Populäre liebt, sondern das Versteckte sichtbar macht. Also auch hier: DEM LICHT ENTGEGEN.

 

Zudem kann er mit seiner ZAUBERFLÖTE eine Bregenztradition begründen, denn sie ist schon die zweite Inszenierung, die den neuen Stil der Seebühne auszeichnete, denn mit der ersten Zauberflöte in der opulenten und bunten Schau von Jérome Savary 1985 wurde die Seebühne das erste Mal zur gewaltigen 'Sehbühne', die zum Ausbau der Publikumsplätze führte, aber auch zum zweijährigen Rhythmus der Opern am See. Erst ab da 'lohnten' sich die technisch abenteuerlichen und in jeder Hinsicht aufwendigen Bühnenbilder, die gleichzeitig einen eigenen Werbeeffekt für die Festspiele bewirkten.“DIE ZAUBERFLÖTE kann daher, zu Ende der Produktion 2014, als symbolisches Schließen des Kreises eines 30 Jahre andauernden Prozesses betrachtet werden“, sagt David Pountney selbst zu seinem Vorhaben.

 

Daß Pountney nun mit DIE ZAUBERFLÖTE auch den Bregenzern ihren eigenen grünen Hügel verpaßt, geht so. Die gewaltigen Bühnenbilder der letzten Jahre waren durch technische Hauruck-Leistungen in ästhetische Höhen getrieben worden, so daß jedes Jahr die wichtigste Frage auf der Seebühne in Bregenz wurde: wie spektakulär sieht es diesmal aus? Schließlich wird diese Bühne zwei Jahre bespielt und die Touristen sollen schon von weitem einen Eindruck von der visuellen Opulenz bekommen. Die Verführung zu immer höher und immer gewaltiger und immer mehr, liegt also in der Natur der Sache und belastet sicher auch.

 

Für DIE ZAUBERFLÖTE geht Pountney im Verbund mit Bühnenbilder Johan Engels sowohl einen Schritt zurück, wie auch einen nach vorne. Grundlage des märchenhaften Spiels ist ein voller sanfter grüner Rundhügel, der sich durch den herauslugenden Kopf als Schildkrötenpanzer sehen läßt, allerdings in saftigem Grün, dafür aber mit den Eigenschaften, daß aus seinem Inneren im Einklang mit Musik und Szene auf einmal agavenhafte Tentakel sprießen, die die eine Seite des drehbaren Hügels zum grünen Dschungel machen, während sich die andere Seite die Königin der Nacht und das Reich des Sarastro teilen müssen. Zudem kann durch die Lichtregie (Fabrice Kebour) aus Grün blitzschnell Rot werden oder Gelb oder Blau. Inhaltlich hat auf diesem grünen Hügel die gesamte Oper gut Platz.

 

Für die Zuschauer aber sind die drei hochaufragenden Phantasietiere mit Hörnern und aufgesetzten, wild leuchtenden Augen und gewaltigen Beißerlein die eigentliche Sensation. Ob sie nun die Höllenhunde des Sarastro darstellen oder doch eher Imaginationen des Drachen als des Tieres, das in der abendländischen Welt den Menschen genuin bedroht, ist unerheblich. Sie stellen die Welt des Animalischen dar, was doch eigentlich DEM LICHT ENTGEGEN in Mozarts ZAUBERFLÖTE auf eine höhere Sphäre gehoben wird. Hier in Bregenz sind sie nicht nur weit sichtbar, sondern auch technisch gewissermaßen die Oberleitung, denn sie sind alle drei oben am Hals durch eine Kettenbrücke verbunden, die in das jeweilige Maul des anderen führt. Daß Sarastro (Albert Pesendorfer) von da oben singt, ist also ideologisch übereinstimmend mit der Aussage der Oper von der Dominanz der Vernunft und des Geistes. Fortsetzung folgt.

 

 

www.bregenzerfestspiele.com