Serie: DIE ELBPHILHARMONIE IN HAMBURG, Teil 7

Helmut Marrat

Weltexpresso (Hamburg) -  Die Hörer der Uraufführung der IX. Symphonie, am 7.5.1824 im Kärntnertortheater in Wien, waren so hingerissen und begeistert, dass das Werk etwas über zwei Wochen später, am 23.5.1824, im großen Redoutensaal der Hofburg wiederholt wurde.

Beethoven selbst war zu diesem Zeitpunkt schon so gut wie taub und musste von den Solisten-Sängern zum Publikum umgedreht werden, um seinen Applaus entgegen nehmen, sehen zu können. Ob ihm die Hengelbrocksche Interpretation gefallen hätte, muss offen bleiben. Spannend und lange nachwirkend war sie, ist sie – und was kann sich ein Künstler mehr wünschen als eine solche Wirkung?

Der Applaus war auch hier sehr groß! - So auch die Freude, von der Schiller ja schreibt, dass sie die allumfassende Kraft besitze, die verschiedensten Menschen so zu erfassen, dass sie einander als Brüder vorkommen. Das ist schon eine wunderbare Erfahrung – man kann sie machen! - wie auch eine wunderbare Vision. Schiller geht übrigens in seiner Einschätzung der Freude noch weiter: Bei ihm heißt es nicht, Geld bewege die Welt!, sondern: Die Freude! - Die Stelle in seinem Text lautet folgendermaßen:

                "Freude heißt die starke Feder
                in der ewigen Natur.
                Freude, Freude treibt die Räder
                in der großen Weltenuhr.
                Blumen lockt sie aus den Keimen,
                Sonnen aus dem Firmament,
                Sphären rollt sie in den Räumen,
                die des Sehers Rohr nicht kennt."

Man mag streiten darüber, ob das naiv oder nobel gedacht ist. Vielleicht muss sich das nicht einmal ausschießen. Der zu dieser Strophe gehörende "Chor" heißt jedenfalls dementsprechend:

                "Froh, wie seine Sonnen fliegen
                durch des Himmels prächt'gen Plan,
                wandelt, Brüder, eure Bahn,
                freudig wie ein Held zum Siegen."   

Beethoven hat von Schillers Text hier allerdings nur den Refrain, also "Chor", vertont, der ihm vermutlich bereits genügend Begeisterung und freudigen Siegeslauf, als Aufforderung an jeden Hörer, an jeden Menschen, ausdrückte; gleich, ob man die Freude nun als Organon des Lebens der Welt auffasse oder nicht. 

Mit diesem starken, auffordernden wie anregenden Gefühl, in dieser Hochstimmung ging das Konzert zuende. 

Anschließend genießt man noch einmal die Foyers, auch die von dem "Blauen Hummer" gereichten salzigen und süßen Häppchen und Getränke nach Wahl. Das war natürlich eine Sonderbewirtung anlässlich der Eröffnungsfeier der Elbphilharmonie. Aber wie wäre es, wenn man diesen Service, ja diesen Luxus zum Standard dieses besonderen Konzertsaales machen und auch auf diese Weise seine Einzigartigkeit noch weiter unter Beweis stellen würde? Vielleicht eine brauchbare Anregung?

Man lernt die unterschiedlichsten Menschen kennen bei diesem kurzweiligen Stelldichein nach dem Konzert; genießt noch einmal den Blick rundum auf der Elbphilharmonie auf das Wasser des Hafens, der Elbe, auf die HafenCity, die dunkel ruhende Speicherstadt und nicht zuletzt auf die Kirchtürme der Hamburger Hauptkirchen, genießt dieses ganze Panorama!

Die Aufmerksamkeit, die die Eröffnung dieses neuen Konzertraums in aller Welt erfahren hat, ist gewaltig. So war es auch passend, dass der Hamburger Bürgermeister Olaf Scholz nicht nur selbstverständlich den ersten Eröffnungstermin wahrnahm, sondern auch die Wiederholung des Eröffnungskonzertes am zweiten Abend anhörte. Das war auch ein gut gesetztes Zeichen für die Zweit-Besucher des Eröffnungskonzertes, denen auf diese Weise das Gefühl gegeben wurde, nicht nur billig nach-abgespiest zu werden. Ich sprach ihn in dieser Richtung auch lobend während der Pause an.
Fortsetzung folgt

Foto: Man kann die Hengelbrocksche Interpretation - hier allerdings die Symphonien Nr. 3 und 4 von Brahms! -  als CD kaufen (c) Cover