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Kategorie: Unterwegs

Serie: Die ORF- Lange Nacht der Museen in Wien am Samstag, 6. Oktober 2012, Teil 2/3

 

Anna von Stillmark und Klaus Hagert

 

Wien (Weltexpresso) – Die Ausstellung ORIENT & OKZIDENT im Unteren Belvedere ist zugleich eine des 19. Jahrhunderts, denn das Reisen wurde erst dazumal zu einer allgemeinen Tätigkeit für Reiche einerseits, aber auch für Abenteurer und Fernwehsüchtige und auch für das Künstlervölklein, das im Mittelalter, als das Malen, Skulpieren, Schnitzen und die Graphik noch ein Handwerk war, selbstverständlich auf der Walz waren, wie andere Lehrlinge und Gesellen auch.

 

Das 19. Jahrhundert ist zugleich die Zeit, in der sich die Künste zu spezialisieren beginnen und auch die Wissenschaften. Erst im 19. Jahrhundert kann man vom Beginn der Kunstgeschichte als Disziplin sprechen. Und auch die Künstler gingen ihre Reisen durchaus diszipliniert an.

 

Die Ausstellung – 116 Bilder und Zeichnungen von 37 Künstlern im Zeitraum von 1829-1910 - folgt ihren Wegen und läßt sie zuerst nach Ungarn vordringen, wesentlicher Teil des Reiches; von dort über den Balkan nach Griechenland, der Hort der Antike. Seit den Freiheitskriegen der Griechen, denen sich so viele europäische Intellektuelle angeschlossen hatte, war die Befreiung 'vom türkischen Joch', vom Osmanischen Reich eine zu feiernde, heroische Tat. Mit einem deutschen einem bayerischen König dazu! Der Weg führt von dort nach Konstantinopel, dem alten Byzanz und der kleinasiatischen Küste entlang ins Heilige Land und weiter.

 

Man kann aber auch gleich über die Ägäis nach Ägypten übersetzen und in Alexandrien starten, das damals noch ein wunderbarer Ort gewesen sein muß, was sich ja bis ins frühe 20. Jahrhundert gerettet hatte. Denn schaut man sich die Bilder an, diese Orte der Sehnsucht, fallen einem so viele Romane ein, die in der nahen Ferne spielen, weil nicht nur die Bildenden Künstler dorthin reisten, sondern auch die Schriftsteller – zumindest im Kopf.

 

Natürlich bleibt Ägypten ein Hauptanziehungspunkt, denn das hat viel mit Napoleon und seinem Ägyptenfeldzug zu tun, der in aller Munde war und ägyptische Kunst im mittleren Europa zur gefragtesten überhaupt machte. Und natürlich auch mit dem 1869 geöffneten Suezkanal, der die Fahrt durchlässiger machte. Der Weg geht aber weiter. Bis nach Ceylon führte der Weg und diese Ausstellung ist gut geeignet, auch die alten Ländernamen in Erinnerung zu rufen, die unsereiner noch in der Schule gelernt hatte. Ceylon war wirklich solch eine derart ferne südasiatische Insel, für seine Landschaft und den Tee berühmt, was das heutige Sri Lanka mit allen modernen Ayurvedaangeboten einfach nicht mehr sein kann

 

Dorthin, ins britisch besetzte Ceylon war Hermann von Königsbrunn schon 1853 gelangt. In spezieller Funktion. Er begleitete den Industriellen Franz von Friedau aus der Steiermark, der diese Flora und Fauna dieser Insel erforschen wollte und einen zum Zeichnen und zum Fotografieren brauchte. Eben diesen Hermann von Königsbrunn, der so die ersten Fotos dieser Insel fertigte!! Denn die Engländer machten dies erst zwanzig Jahre später nach. Aus dem Stadtmuseum Graz kommt seine Fotografie des Tempels zu Kandy von 1953. Das berührt einfach.

 

 

 

Katalog:

 

Orient & Okzident. Österreichische Maler des 19. Jahrhunderts auf Reisen, im Belvedere, hrsg. Von Agnes Husslein-Arco und Sabine Grabner, Hirmer Verlag 2012. Im Vorwort legt Museumsdirektorin Agnes Husslein klar, daß die Freundschaft zwischen den beiden Malern August von Pettenkofen und Leopold Carl Müller Ausgangspunkt dieser Ausstellung ist. Letzteren kennt man von seinen zahlreichen Ägyptenbildern und erfährt jetzt erst, daß er „ganze neun (!) Mal Ägypten“ bereiste, während Pettenkofen durch seine Bilder der ungarischen Landschaft und seiner Menschen bekannt ist, dicht vor den Toren Wiens also. In Szolnok war in der Puszta Ungarns eine Malerkolonie entstanden, wie überall in Europa, als das Licht und die Natur die Leinwände zu beherrschen anfing.

 

Im Katalog kann man diese Entwicklung an vielen Beispielen verfolgen. Die frühen Reisenden sahen sich als Pioniere und hatten das Dokumentieren ihrer Seherfahrungen zum Ziel ihrer Malerei und der Zeichnungen. Erst weit über die Mitte des Jahrzehnts, als das Reisen schon üblicher wurde, wurden künstlerische Ansprüche wichtiger, wie das Licht beispielsweise eine Ruine beleuchtet und welche Gefühle eine Abendstimmung unter Palmen evoziert. In Essays wird die Ausstellung unterteilt in: „Die Vielfalt der Orientbilder“, „Der Orient als Bildmotiv“, „Das Alte und Neue Ägypten in Bildern des 19. Jahrhunderts“ und „In der Fremde“. Die Bildtafeln sind dann unterteilt in den europäischen Teil: „Orient vor der Schwelle. Österreichische Künstler in Ungarn“ und Dalmatien, wie im Nahen und Fernen Osten und den Weltmeeren und Bilder aus der neuen Welt, die bei unserer Berichterstattung überhaupt nicht vorkamen.

 

Die ab Seite 246 aufgeführten Künstlerbiographien sind wichtig, weil man wenige Künstler von ihnen heute noch kennt, aber ihre Bilder einem immer bekannt vorkommen, weil im 19. Jahrhundert ein Bildtypus geschaffen wurde, der in unser allem kulturellen Bildgedächtnis ruht.

 

www.langenacht.ORF.at