uni ausenStudentische Initiative „mehr als wählen“ organisiert 1. Frankfurter Demokratiekonvent

Hubertus von Bramnitz

Frankfurt am Main (Weltexpresso) - Trump, Brexit, AfD: Die Entfremdung der Menschen von der etablierten Politik begegnet einem derzeit auf vielen Ebenen. Was gegen diese Entfremdung getan werden kann, darüber haben sich Studierende der Politikwissenschaft Gedanken gemacht. Herausgekommen ist die Initiative „mehr als wählen“, die Frankfurter Bürgerinnen und Bürger zum Gespräch zusammenbringen soll.

Die empfundene Undurchsichtigkeit und Komplexität des politischen Systems, stereotype Wahrnehmungen von Politikerinnen und Politikern und eine zunehmende Polarisierung der Gesellschaft schwächen die Demokratie. Diese Feststellung muss einen als Student oder Studentin der Politologie ja zum Nachdenken bringen. Doch was kann der Einzelne schon ausrichten gegen Politikverdrossenheit, Wutbürgertum und Populismus?

Der Einzelne vielleicht wenig, aber wenn sich mehrere Studierende zusammentun, sieht die Sache schon anders aus. „Geht es nur um ‚die da oben‘? Oder haben sich viele Menschen auch voneinander entfremdet?“, fragt sich Julian Merkel. Antworten erhofft sich der 26-jährige Student im Masterstudiengang Politische Theorie von einem Konvent zum Thema Bürgerbeteiligung, den er und einige befreundete Kommilitonen organisieren wollen. Die Idee dazu entstand unter anderem in einem Seminar bei Prof. Brigitte Geißel.

„Im Seminar haben wir über Deliberation gesprochen: Wie kann man diesem sehr theoretischen Gedanken eine Form geben?“, berichtet Merkel. Der Begriff „deliberative Demokratie“ bezeichnet ein inputorientiertes Demokratiemodell: Er hebt die Bedeutung des öffentlichen Diskurses über alle politischen Themen hervor, Ziel ist die politische Willensbildung. Einer der wesentlichen Theoretiker dieser Richtung ist Jürgen Habermas. „Wir wollten unser universitäres Wissen aus dem akademischen Kontext lösen und in die Praxis umsetzen“, beschreibt Merkel die Anfänge. Schnell waren sich die Beteiligten einig, dass sie einen Beitrag dazu leisten wollten, dass politische Beteiligung wieder stärker erfahrbar wird. Dass der Einzelne mehr machen kann als einfach nur wählen zu gehen.

„Mehr als wählen“ heißt denn auch die Initiative, die dem Gefühl der Entfremdung von der Politik entgegenwirken soll. „Wir wollen einen inklusiven Austausch initiieren, bei dem die Bürgerinnen und Bürger den Prozess der Willensbildung aktiv mitgestalten“, sagt Katharina Liesenberg. Diese „konsultative Komponente“, bei der der Bürger aktiv einbezogen wird, soll die repräsentative Demokratie ergänzen. Ein Demokratiekonvent soll Bewohnerinnen und Bewohner Frankfurts zusammenbringen, damit sie auf der Grundlage verlässlicher Informationen über kommunalpolitisch wichtige Fragen debattieren. Das Thema für den Auftakt lag nahe: Bürgerbeteiligung.

Für die Veranstaltung im kommenden Frühjahr werden 50 Bürgerinnen und Bürger aus verschiedenen gesellschaftlichen Schichten und Bereichen eingeladen. Ermittelt werden sie zu zwei Dritteln über das Zufallsprinzip, zu einem Drittel durch bewusste Einbeziehung unterrepräsentierter Gruppen. An drei Samstagen können die Teilnehmenden Expertise einholen und debattieren. Ziel ist es, neue Formen der Bürgerbeteiligung zu entwickeln, die den Bedürfnissen der Menschen entsprechen. Sie werden begleitet von Expertinnen und Experten und einer professionellen Moderation.

Die Stadt Frankfurt haben die Studierenden bei der Entwicklung ihres Projekts mit einbezogen. Wer ausgewählt wird, erhält einen Brief, in dem alles verständlich erklärt sein wird. Alle, die mitmachen, werden vorab mit Informationsmaterial und Erklärvideos versorgt.

Finanziert wird das Projekt durch die Hertie-Stiftung. Am Ende soll sich der Aufwand lohnen: „Die Ergebnisse des Konvents sollen möglichst auch realisiert werden“, sagt Katharina Liesenberg. Sie selbst hat in Berlin ein ähnliches Projekt auf Bundesebene mit angestoßen – und wird das Projekt auch theoretisch begleiten: „Mir ist jetzt klar geworden, dass ich mich sehr dafür interessiere, wie Wandel stattfindet und wie sich neue Institutionen bilden“, so die 25-Jährige.

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Information: Julian Merkel, Telefon 0151 41907909, E-Mail: Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!