Leiterplatte.de.wikipedia.orgComputer befördern die Höherentwicklung des Menschen nur eingeschränkt – sie sind Apparate, die um eines Besseren willen von Nutzen sein könnten

Heinz Markert

Frankfurt am Main (Weltexpresso) - Die kritische Hinwendung des Weltexpresso-Kollegen Klaus Philipp Mertens zu den fast schon als tragisch zu bezeichnenden Lobgesängen auf die Digitalisierung und speziell zu den großsprecherisch verbreiteten Parolen, mit denen die Digitaltechnik von der Politik in den Himmel gehoben wird, hat mich angeregt, ein paar Einsichten beizusteuern.


Digitalisierung wird allerorten beworben, als ob aus ihr ein neues Heil oder eine lange ersehnte Erlösung hervorginge. Das ist nichts als blanke Illusion. Zum Anlass des Artikels „Googeln, Aldinen, Lidln oder Rewen?“ wurden Klaus Philipp Mertens die entlarvende Äußerung eines Vertreters der Partei Bündnis90/Die Grünen zum Begriff „Googeln“.

Umso mehr begann es mich in den Fingern zu jucken, weil mir in einer Phase der Bildung eine neunmonatige Schulung zum Zweck der digitalen Organisation von Betrieben mittels programmiersprachlichen Software-Schreibens zuteil wurde. Der Computer ist dafür ein brauchbares Hilfsinstrument, weil er alle sich wiederholenden Prozessvorgänge schnell durchlaufen und sehr große Datenmengen abarbeiten kann. Die Massenverarbeitung ist die wahrhaft alleingestellte Leistung der Computertechnik. Der Computer ist ein Instrument der Rationalisierung, er dient der Verarbeitung großer Mengen, nicht aber einer vage denkbaren höheren bis sehr hohen Quasi-Denkleistung oder gar Vernunft. Denken ist das Vermögen der Begriffe, Urteilen ist die Fähigkeit zu Schließen, Vernunft ist das Vermögen der Ideen. Ein im Rahmen eines Vortrags bei der Polytechnischen Gesellschaft Frankfurt zum menschlichen Gehirn Vortragender wurde befragt, ob das neuronale Netz und sein Gehirn technisch reproduzierbar sei; er antwortete: Es ist möglich, aber es wird sehr, sehr lange dauern.

Wer sich im kritischen Frankfurter Geist schulte, wusste immer schon, dass es mit den Verheißungen der Digitalisierung so eine Sache ist. Von Anfang an gab es kritisch-selbstreflektierte Köpfe zum Einsatz des Kollegen Computer. Tatsächlich hat die Politik kaum eine Ahnung von dem durchaus beschränkten Charakter des heutigen oder längerfristigen Computerwesens, wobei es darauf ankommt, wie jemand sich zum informationstechnisch Möglichen und Machbaren oder mittels dieser Technik noch lange nicht Möglichen und Machbaren verhält, zwischen kritisch bis illusionär.

Der Computer ist ein Krümelmonster für Quantität

Wenn es sich etwa darum handelt, für eine längerfristige Voraussage der globalen Klimaentwicklung gigantische Mengen an Daten nach gewissen kausal-logischen Kriterien, die dem Computer durch den Menschen eingegeben werden, zu verarbeiten und die Ergebnisse anschaulich darzustellen, dann ist der Computer spitze. Die digitale Mechanik – welche die Computer lange bestimmen werden - verarbeitet unvorstellbar schnell und liefert für Großaufgaben Zwischenergebnisse, für deren Gewinnung Menschen jahrelang gebraucht hätten, weil sie quasi zu Fuß hätten vorgehen müssen. Dies macht auch der Computer, aber er ist auf spezielle technische Weise sehr schnell gemacht, quantenschnell. Bislang ist Kollege Computer nicht etwas wesentlich anderes als eine komplexe, auf Menge und Schnelligkeit hin organisierte Maschine. Das Komplexe, für den Computer in unzählige Tranchen Gesplittete, kommt durch Programmierung dem Erkenntnisgewinn des Menschen zupass. Menschen aber wollen, auf das gattungsmäßig Eigene bezogen, auch Höheres zu wissen erlangen.

Der momentane Hintergrund ist nun leider noch sehr bescheiden, weil die Aufgabe riesig ist. Die Politik entbehrt jeglichen Begriffs eines schöpferischen Lernens und einer soziologischen Phantasie für kommende Welten. Sie lässt sich von dem Begriffsdrachen Digitalisierung einlullen und blenden. Mächtige Interessen stehen dahinter, denen sie vorauseilend entsprechen möchte, weil sie keine wirklich eigenen Einsichten hervorbringt. Sie hat sich des Geists entledigt. Sie gebietet keinen Einhalt, wenn Menschen als Datenmenge zum Handelsobjekt werden.

Die Digitalisierung ermöglicht keine genuin höhere Denkleistung, diese ist allein noch dem Menschen vorbehalten. Einer wie HAL („Odyssee im Weltraum“) ist schon eher möglich, aber Menschen durchschauen ihn. Unser Gehirn ist ein Kosmos, bewegt sich im Maßstab eines Universums. Der kleine Unterschied bleibt immerdar das Memento der Endlichkeit, bei aller Größe; immerhin haben wir schon einiges herausbekommen über das sichtbare Da-Oben. Aus der Digitalisierung folgt nur sehr begrenzt die dringend notwendige Weiterentwicklung der Menschheit als einer zu höherer Vernunft angelegten Gattung.

Vom Datenmüll

Das Internet ist zu neunzig Prozent eine Müllhalde, die nur mit Vorsicht zu genießen ist. Die informationellen Sprengsel weisen nur sehr unzureichend eine Struktur auf. Zuviel bleibt auf dem Niveau des Schwatzhaften. Dahinter stecken Interessen, die nur etwas verkaufen wollen, Waren eben, etwas Kurzfristiges. Um seriös und wissenschaftlich zu werden bedürfte es im Internet einer Form der Speicherung in Feldstrukturen, die den manuellen Feldern auf Karteikarten in bedeutenden Bibliotheken ähneln und dem Verweis auf weitere Medien, die die Anfrage bedienen. Die Einträge im Netz sind unqualifizierte Karteikarten. Ein Deskriptoren-Feld und ein Feld für Abstracts steht beispielhaft für Strukturbildung. Hektisch Gepostetes ist kein Fortschritt. Es rempelt nur an. Der eigene Kopf muss an die Arbeit gehen und das dauert halt, weil auch hin- und hergedacht werden muss.

Eine Datenbank wie die berühmte ‚Dialog‘ steht für eine seriösere Information exemplarisch (sie bildet auch die berühmte Libarary of Congress ab). Ein Berg an Bibliographie dürfte für das ernsthafte wissenschaftliche Arbeiten unerlässlich sein. Datenbanken wie Genios liefern auch eine taugliche Basis. Informationsgewinnung braucht Feldstrukturen, eine innere Ordnung, sonst bleibt alles fraglich, begriffslos. Und schöpferische Gedankenblitze braucht es auch. Es stehen kostenpflichtige Fachdatenbanken unterschiedlicher Ausrichtung zur Verfügung.

In Datenbanken, die etwas taugen, kann mit logischen Operatoren wie and, or, not, nor und etlichen weiteren Suchparametern selektiert, d.h. sinnvoll gesucht werden. Aber Selektion mit Operatoren ist auch noch nicht die Lösung. Das wäre zu mechanisch gedacht. Manchmal lohnt auch der Griff ins Bücherregal einer reichhaltig ausgestatteten Bibliothek, um eine Inspiration im langen Gang der wissenschaftlichen Erkenntnis und der Möglichkeit der Wahrheit sowie in der Sache höherer Erkenntnis zu erlangen. Viele Fachzeitschriften sind digitalisiert und eine kombinierte Feldsuche steht zur Anwendung frei..

Der Kollege Computer

Wie bekommt der Computer Anweisungen? – Durch Programme, die der Mensch für ihn schreibt. Der Computer schreibt selbst nicht, er ist unsozialisiert und es fehlt ihm die Evolution. Dieser Mangel beschränkt ihn unentrinnbar. Woher sollte er seine Gründe auch nehmen? An den Computer ergehen logisch aufeinander abgestimmte und widerspruchsfrei gehaltene Anweisungen, die der Computer durch Befehle einer Programmiersprache erhält. Er bekommt eine Oberfläche für einen Zugang zu ihm. Ein Programmablaufplan wird geschrieben, damit die Logik stimmt. Wiederholung (Schleife), Abfrage und Verzweigung sind die zentralsten operationellen Anweisungen des Programmierens. Das erscheint als nicht viel, aber so einfach ist die Logik der Sachen nun mal gestrickt. Programmierer*innen schreiben in einer grammatisch festgelegten Programmiersprache einen Quellcode, der anfangs noch ermöglicht, die verzweigte Programmlogik nachzuvollziehen.

Damit das Programm beim Computer ankommen kann, wird der Quellcode in den Maschinencode überführt; dieser wird dem Computer übermittelt. Enthielt ein Befehl des Quellcodes Anweisungen unter Umständen noch in mehreren Teilbefehlen (z.B. im Fall des ‚Print‘), so entspricht im Maschinencode jeder Befehl nur noch einer Anweisung. Die Überstellung geschieht durch Compilieren. Der Interpreter setzt den Bytecode (der für uns noch einigermaßen anschaulich zu sein scheint) in die Maschinenanweisung um.

Die maschinelle Umkehrung des Maschinencodes zurück in den Quellcode ist nicht möglich, sie ist nur sehr aufwendig zu Fuß, in einem gewissen Rahmen, leistbar. Hierzu eignet sich das Zahlensystem des Hexadezimalcodes, der die Folgen griffiger erscheinen lässt. In der Ausbildung wird geübt, wie von einem in ein anderes Zahlensystem übertragen wird. Digitalisierung meint die Übertragung der uns vertrauten Zahlen und Zeichen in eine im binären Code verbindlich festgelegte Kombination von Nullen und Einsen. Null und Eins bedeutet eigentlich aber: Impuls/Nichtimpuls, nach der in der Zeichentabelle festgelegten Folge von Nullen und Einsen. Diese kennen viele noch aus der ASCII-Code-PC-Tabelle. Sie lieferte auch einen Zugang zur Referenztabelle mit Nullen und Einsen. Der Computer muss getaktet arbeiten, damit nichts durcheinanderkommt.

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Info:

Bezug genommen wird auf den Artikel „Googeln, Aldinen, Lidln oder Rewen?“ von Klaus Philipp Mertens vom 3. Januar 2019:

https://weltexpresso.de/index.php/messe-a-maerkte/14851-googeln-aldinen-lidln-oder-rewen