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Kategorie: Wissen & Bildung
Bishop... von christlichen Missionaren als koloniale Wegbereiter

Klaus Jürgen Schmidt

Nienburg/Weser (Weltexpresso) – Ich habe mich kürzlich an dieser Stelle auseinandergesetzt mit der Frage „Was afrikanische Sprachen können und was sie nicht können“. Anlass war der Versuch zweier afrikanischer Studenten an einer privaten Bremer Universität, mit Hilfe Künstlicher Intelligenz Übersetzungen aus alten afrikanischen Sprachen zu ermöglichen. Darüber hatte die Bremer „taz“ berichtet, und ich war darauf vor allem mit meinen Erfahrungen als Berater bei Aufbau und Betrieb einer kulturellen Radiostation in Zimbabwe eingegangen. 

In den Sinn kam mir seitdem eine noch viel wesentlichere Erfahrung, die ich Anfang der Neunziger Jahre bei einer Podiumsdiskussion in Harare gemacht hatte, und die das afrikanische Sprachenproblem viel grundsätzlicher beleuchtet.

Anlass der Veranstaltung war mein damals gerade erschienenes Buch „Der Weg nach Zimbabwe“. Weil ich darin auch auf die Rolle christlicher Missionare einging, war an der Diskussion Father Oscar Wermter beteiligt, ein deutscher Jesuit, der das Kommunikationsbüro seines Ordens in Harare leitete. Um meine kritischen Anmerkungen zu entkräften, betonte Father Wermter, christliche Missionare seien die ersten gewesen, die sich um die Sprache der Einheimischen gekümmert hätten. Daraus sei sogar das erste Wörterbuch entstanden mit Übersetzungen von Ausdrücken der Shona-Sprache. „Ein Buch zu welchem Zweck?“ hatte ich Father Wermter gefragt. „Um von der Kultur der Shona zu lernen? Oder um sie besser manipulieren zu können?“

Wir wurden keine Freunde. Kein Freund mit Pater Wermter wurde auch Pater Wolf Z. Schmidt SJ, der 1979 in den Jesuitenorden eintrat und mehr als 15 Jahre lang in Simbabwe als Religionslehrer und Schulkaplan arbeitete. Er war mir bei anderen Gelegenheiten schon positiv als kirchlicher Querdenker aufgefallen. Eines Tages hatte er unangekündigt Zimbabwe verlassen. ... Oder verlassen müssen? Einschlägige Zirkel streuten Gerüchte.

Erst bei dieser Recherche ist mir klar geworden, weshalb Pater Wolf Schmidt für Pater Wermter untragbar geworden sein mochte. Ich las eine Arbeit von Hilde Arntsen, Dozentin am Institut für Medien und Kommunikation, Universität Oslo. Ihr Thema: „Missionare und Kolonisation von Simbabwe“. Und gleich am Anfang heißt es: „Jesus wurde von der westlichen Kultur entführt, um ihn 'weiß' zu machen, was er nicht war.“ Und damit zitierte Hilde Arntsen: Pater Wolf Schmidt, SJ vom St. Ignatius College in Simbabwe (1991)!

Weiter heißt es bei Hilde Arntsen (deutsche Übers.: KJS)

https://www.africason.com/2014/12/missionaries-and-colonization-of.html

> ... Im späteren Südrhodesien, dem heutigen Simbabwe, wurde 1859 die erste Missionsstation in Inyati bei Bulawayo von der London Missionary Society durch Reverend Robert Moffat eröffnet. Es ist wichtig, die folgenden kritischen Fragen zu berücksichtigen:

Wer brachte "Bildung" außer christlichen Missionaren? Wer kämpfte gegen Traditionsreligionen außer christlichen und muslimischen Missionaren? Wer sah traditionelle Religionen als tödliche Gegner außer christliche Missionare? Wer hat also den Afrikaner von seiner Religion losgelöst außer Kirchenleute? (Taban Lo Liyong, 1988)

Es mag viele Gründe für Missionare gegeben haben, nach Afrika zu reisen, aber nicht nur, wie Pater Wermter meinte: "Die Gemeinschaftskultur Afrikas faszinierte die europäischen Missionare, die aus individualistischen Kulturen stammten." Jonathan Moyo bemerkt, dass die Einführung des Christentums den Fehler gemacht hat zu glauben, dass Menschen "aus ihren indigenen Kulturen entfernt" werden müssen, um Christ zu werden. (Moyo, Harare, 1990). Afrikanische Religionen wurden als Übel behandelt, dem begegnet werden musste. Dies geht aus dem folgenden Zitat hervor: "Sobald ihre Kinder zur Schule gegangen sind, zeigen sie Interesse an der seltsamen Religion der weißen Missionare, die die Wahrheit der religiösen Überzeugungen von Tonga (einer Volksgruppe in Zimbabwe / KJS) leugnet." Westliche Missionare glaubten häufig, dass traditionelle religiöse Überzeugungen und Praktiken minderwertig seien und traditionelle Bräuche vor der Annahme des Christentums abgeschafft werden müssten. Dies geschah nicht ohne Widerstand oder Probleme und führte zum Beispiel zu dem Prozess, der heute in religiösen Überzeugungen als religiöser Synkretismus angesehen werden kann. Was Bischof Desmond Tutu als "Form der Schizophrenie" bezeichnete, war das Ergebnis der Notwendigkeit, dass man die indigene Kultur abzulehnen habe, bevor man zum Christentum konvertierte (zitiert bei Moyo). ...
Ungeachtet der Behauptungen, die Missionare betrachteten sich als Gegner der kolonialen Ideologie, waren sie Teil der Kolonialstruktur und brachten Religionen, Überzeugungen und Praktiken mit, die der Region fremd waren. Mit den Worten von Pater Wolf Schmidt "haben die frühen Missionare nicht zwischen ihrem Glauben und ihrer eigenen Kultur unterschieden".<

Foto:
Jesuit Communications – Harare, Zimbabwe
© Klaus Jürgen Schmidt / www.radiobridge.net