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Kategorie: Wissen & Bildung

IMG 0216 Foto Zoller Bodenproben in Maisenbach im FeldNitratwerte im Fokus

Sabine Zoller

Calw (Weltexpresso) - Vom 15. Oktober bis zum 15. November läuft im Landkreis Calw (Baden-Württemberg) die alljährliche Herbstkontrollaktion des Landratsamtes. Im Rahmen dieser Aktion werden landwirtschaftlich genutzte Flächen stichprobenartig überprüft, um die Nitratwerte im Boden zu bestimmen. Besonders in Wasserschutzgebieten spielt diese Messung eine wichtige Rolle, da die entnommenen Bodenproben wertvolle Daten über den aktuellen Nitratgehalt liefern und damit einen wichtigen Beitrag zum Schutz des Grundwassers leisten.

IMG 0291 Foto Zoller Herbstkontrollaktion in Maisenbach Seidt Breitling Waidelich „Die Nitratwerte im Boden werden nach der Ernte gemessen, also dann, wenn die Pflanzen das meiste Nitrat bereits aufgenommen haben“, erklärt Nina Breitling, Wasserschutzgebietsberaterin für den Landkreis Calw und studierte Agrarwirtschaftlerin. „Das Nitrat ist für die Pflanze ein Nahrungsmittel. Wenn jedoch nichts mehr auf dem Feld wächst, also die Pflanze geerntet ist, verbleibt das Nitrat im Boden. Durch Regen kann es ausgewaschen werden und ins Grundwasser gelangen. Und genau das wollen wir vermeiden, denn unser Grundwasser soll sauber bleiben.“

Eine entscheidende Rolle für sauberes Grundwasser spielen dabei die Landwirte. Im Landkreis Calw werden rund 20.000 Hektar Fläche landwirtschaftlich genutzt, davon etwa 9.000 Hektar Ackerland und 11.000 Hektar Grünland. Gerade in Zeiten des Klimawandels steht die Landwirtschaft vor großen Herausforderungen: Temperatur, Niederschlag und deren Verteilung beeinflussen direkt die Bodenfruchtbarkeit und die Stickstoffdynamik. Um stabile Erträge zu sichern, muss der Boden langfristig fruchtbar und aufnahmefähig bleiben.

IMG 0223 Foto Zoller Dieter Waidelich Probennehmer. jpegDaher spielt die Düngung eine zentrale Rolle, insbesondere in den Wasserschutzgebieten des Landkreises. Nitrat kommt zwar natürlicherweise im Boden vor, wird jedoch vor allem durch Düngung eingebracht. „Düngung kann auf unterschiedliche Weise erfolgen“, so Breitling weiter. „Es gibt die mineralische Düngung, also Stickstoffdünger, und die organische Düngung, etwa durch Gülle, Mist oder Jauche.“ Entscheidend sei dabei, Menge und Zeitpunkt der Düngung genau abzustimmen, um Überdüngung und mögliche Auswaschungen zu vermeiden.

Durch die bundesweite Düngeverordnung sowie ergänzende landes- und kreisrechtliche Regelungen ist die Düngung im Landkreis Calw festgelegt. Dabei soll einerseits der Nährstoffbedarf der Pflanzen gedeckt und andererseits Umweltschutzziele, wie die Vermeidung von Gewässerverunreinigungen, gewährleistet werden.

In Wasserschutzgebieten gelten darüber hinaus spezifische Vorgaben, die den Schutz des Grundwassers sichern. Diese Regelungen bedeuten für die Landwirte mehr Aufwand: strengere Auflagen und geringere Düngemengen können sich auf die Erträge auswirken. Zwar gibt es dafür Ausgleichszahlungen, doch diese setzen voraus, dass die Nitratgrenzwerte auf ihren Flächen tatsächlich eingehalten werden.

IMG 0270 Foto Zoller Übergabe der Bodenproben an SeidtUm dies sicherzustellen, wird im Landkreis Calw ein erheblicher Aufwand für die Kontrolle und Auswertung von Bodenproben betrieben. Wilfried Seidt, Leiter des Probenahmetrupps beim Landratsamt Calw, erläutert:
„Vom Regierungspräsidium bekommen wir jedes Jahr die genaue Anzahl der Standorte, die wir im Kreis Calw beproben sollen. In diesem Jahr sind es 180 Äcker.“

Dabei wird zwischen verschiedenen Gebieten unterschieden. „Hier in Bad Liebenzell-Maisenbach befinden wir uns in einem sogenannten Normalgebiet, das heißt, der Nitratgehalt im Grundwasser liegt im unbedenklichen Bereich“, erklärt Seidt. „Darüber hinaus gibt es drei Problemgebiete, in denen der Nitratgehalt deutlich höher ist – das sind Gültlingen, Sulz und Gündringen. Dort werden entsprechend mehr Standorte beprobt.“

In Maisenbach gilt es sechs Flurstücke zu beproben, während es in Gültlingen 44 Äcker sind. „Dort sind wir dann mehrere Tage unterwegs“, so Seidt, der berichtet, dass pro Acker zwischen zehn und sechzehn Einzelproben entnommen werden. Unterstützt wird er dabei von Dieter Waidelich, Probennehmer und seit rund 30 Jahren als Lohnunternehmer und Sachverständiger für Böden im Einsatz.

IMG 0237 Foto Zoller BodenprobenMit seinem umgebauten Geländewagen fährt Waidelich direkt aufs Feld. Dort, wo normalerweise der Beifahrersitz sitzt, hat er einen hydraulischen Bohrhammer montiert, der den Bohrstab mit ohrenbetäubendem Lärm 90 Zentimeter tief ins Erdreich drückt. So kann Waidelich vom Fahrersitz aus Proben in drei verschiedenen Tiefen entnehmen und dokumentieren. „Diese Unterscheidung ist sehr wichtig, weil jede Schicht separat in unterschiedliche Gefäße sortiert und im Labor analysiert wird“, erklärt Waidelich.

Direkt im Feld in Maisenbach zeigt sich auch, wie Landwirte die Nitratverluste durch das Säen einer sogenannten „Zwischenfrucht“ aktiv reduzieren. Bliebe der Acker nach der Ernte ungenutzt, könnte der verbleibende Stickstoff leicht ausgewaschen werden.

„Diese Zwischenfrüchte werden nach der Ernte ausgesät und bleiben über den Winter stehen“, erklärt Nina Breitling. „Es gibt abfrierende Pflanzen, die im Winter absterben, und winterharte Arten, die das ganze Jahr über Stickstoff aus dem Boden aufnehmen. So wird der Nitratgehalt deutlich reduziert, bevor im Frühjahr die Hauptkulturen wieder ausgesät werden.“

Die Zwischenfrüchte werden teilweise verfüttert, meist jedoch untergepflügt und in den Boden eingearbeitet, wodurch die Nährstoffe im Kreislauf bleiben und im Frühjahr wieder verfügbar werden. Breitling betont zudem, dass Grünland im Vergleich weniger gefährdet ist: „Hier steht das ganze Jahr über eine Pflanze auf der Fläche, sodass Nitrat kaum ausgewaschen wird. Gefährdeter sind Kulturen wie Mais oder Raps, bei denen nach der Ernte offene Flächen zurückbleiben.“ Abschließend betont Breitling: „Das höchste Gebot für den Landkreis Calw ist, die Nitratwerte niedrig zu halten, und das gelingt auch sehr gut.“

Durch diese Herbstkontrollaktion sollen die Landwirte sensibilisiert werden, die Vorgaben einzuhalten, zum Schutz des Grundwassers und damit der Allgemeinheit, die auf sauberes Trinkwasser angewiesen ist.
Foto: Impressionen der Messaktion © Sabine Zoller