mufti 5Wie der Mufti von Jerusalem seiner Verhaftung entging, Teil 1/4

Matthias Küntzel

Hamburg (Weltexpresso) - Am 17. Juli 1937, vor genau 80 Jahren, scheiterte der einzige ernsthafte Versuch der britischen Mandatsmacht, Amin el-Husseini, den Mufti von Jerusalem, festzunehmen und auf die Seychellen zu deportieren.

Dabei war diese Festnahme penibel vorbereitet: Man wusste, dass an diesem Tag das Arabische Hochkomitee unter der Leitung des Mufti in seinem Hauptquartier tagen würde.

Um 15.00 Uhr erging der Befehl, el-Husseini noch vor Betreten des Gebäudes festzunehmen und per Flugzeug nach Haifa zu bringen. Dort wartete bereits der Kapitän des britischen Schlachtkreuzers Repulse, der den Mufti und einige seiner Mitarbeiter auf die Seychellen, einer Inselgruppe im Norden Madagaskars, bringen sollte. Das Schiff werde „außerhalb der Hafenmole ankern“, berichtete der Kapitän, John H. Godfrey, in einem most secret-Telegramm, „um die Möglichkeit einer Demonstration am Kai zu verhüten.“ Die Gefangenen würden per Beiboot von der Kaimauer abgeholt.[1]

Doch dann gelang es dem Mufti, zu entwischen. Nun ging es der britischen Regierung darum, diesen Misserfolg zu vertuschen. Die Verhaftungsaktion habe sich gar nicht gegen den Mufti gerichtet, lautete die neue Sprachregelung, sondern gegen einen seiner Mitarbeiter, dessen man tatsächlich hatte habhaft werden können.

Wäre die Deportation des Mufti im Juli 1937 geglückt, hätte der Nahost-Konflikt einen anderen Verlauf genommen: Schließlich war es maßgeblich Amin el-Husseini, der den Widerstand gegen den Teilungsplan der Peel-Kommission mit terroristischen Aktionen und antisemitischer Agitation anheizte und so den ersten Versuch einer Zwei-Staatenlösung zu Fall brachte. Ab 1941 exportierte er im Dienst der Nazis den Goebbels‘schen Antisemitimus in die arabische Welt und bereitete nach 1945 als Führer der Araber Palästinas den Krieg der arabischen Armeen gegen das neu gegründete Israel vor.

Warum wollte London den Mufti im Juli 1937 ausschalten? Warum scheiterte dieses Vorhaben und was bedeutet dieses Scheitern für die Gegenwart?


Terrorisierung der palästinensischen Araber

Im April 1936 begann in Palästina als Folge zunehmender jüdischer Einwanderung der sogenannte „Arabische Aufstand“. Als Reaktion installierte die britische Regierung die Peel-Kommission, die Anfang Juli 1937 in ihrem Bericht die Teilung Palästinas in einen kleinen jüdischen und einen größeren arabischen Staat empfahl, während Jerusalem unter internationaler Verwaltung bleiben sollte.

Dieser Teilungsvorschlag stieß bei den Arabern Palästinas auf unterschiedliche Resonanz. König Abdullah von Transjordanien sowie die Mitglieder und Anhänger der einflussreichen Nashashibi-Familie begrüßten zunächst diesen Plan. So teilte Rahgeb Nashashibi dem High Commissioner des Mandatgebiets mit, dass er „definitiv das Prinzip einer Teilung Palästinas unterstütze.“[2]
Fortsetzung folgt

Anmerkungen:

[1] British National Archive (BNA), CO 773/352/3, Report of Proceedings – Haifa. From: The Commanding Officer, H.M.S. Repulse.

[2] Yehuda Taggar, The Mufti of Jerusalem and Palestine. Arab Politics, 1930-1937, Garland Publishing (New York & London) 1986, S. 439.


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Info: Abdruck mit freundlicher Genehmigung des Autors. Veröffentlicht auch in Mena-Watch Wien, 05.07.2017.0