tach bestechungProminente unter 
Verdacht der Bestechung in Israel 

Jacques Ungar

Tel Aviv (Weltexpresso) - In Israel sorgen diese Woche vor allem die Affäre um Eliezer Sandberg und 
Sara Netanyahu für Aufregung – aber auch grosse militärische Manöver stehen 
auf dem Programm.

Die israelische U-Boot-Affäre droht einen immer grösseren Kreis von Prominenten aus Politik und der Armee des Landes in ihren Strudel hineinzuziehen. Der ehemalige israelische Wissenschafts- und Technologieminister Eliezer Sandberg ist am Montag unter dem Verdacht verhaftet worden, im Zusammenhang mit der Affäre Bestechungsgelder angenommen – dem Vernehmen nach handelt es sich um 100  000  Schekel – und im Auftrag von Michael Ganor, dem heutigen Kronzeugen der Anklage, auch verteilt zu haben.

Ebenfalls am Montag wurden Avriel Bar-Yosef, der ehemalige Vizevorsitzende des Nationalen Sicherheitsrats, sowie der Medienberater von Energieminister Yuval Steinitz im Zusammenhang mit der gleichen Affäre verhört. Verschiedentlich war Anfang der Woche zu hören gewesen, dass Rechtsberater Avichai Mendelblit dem Ansinnen zustimmen werde, Energieminister Steinitz selber zu verhören, der bis jetzt nicht beschuldigt worden ist. Steinitz selber hatte sich bereit erklärt, für Verhöre zur Verfügung zu stehen. Die Untersuchung von Ex-Minister Sandberg, der immer noch dem Keren Hajessod vorsteht, soll sich vor allem um Gespräche, zwischen Israel und einer südkoreanischen Gesellschaft geführt,  drehen, in denen es darum gegangen sein soll, Schiffe zum Schutz israelischer Tiefwasser-Gasquellen zu kaufen. Die Gespräche wurden aber eingestellt, und die Schiffe wurden schliesslich bei der deutschen Thyssen Krupp in Auftrag gegeben.


Angekratztes Image des Keren Hajessod

Bei der U-Boot-Affäre geht es dem Vernehmen nach um Bestechungen im Zusammenhang mit dem geplanten Kauf von drei U-Booten und einer Reihe weiterer Schiffe aus Deutschland. Der Wert des Schiffs-Deals soll immerhin rund 1,5 Milliarden Euro betragen. Eine stolze Summe, auch wenn die Deutschen einen Drittel von ihr auf die eigene Kappe nehmen. Bei der Erwähnung des Keren Hajessod (KH) sollte nicht unerwähnt bleiben, dass es sich hier bekanntlich um einen der wichtigsten Zweige der israelischen Spendenmaschinerie in Europa handelt. Ohne die abschliessenden Ergebnisse der Verhöre von Sandberg vorwegnehmen zu wollen, müsste doch zu denken geben, dass die Inhaftierung des Chefs der Organisation, und sei dies auch nur vorübergehend und zu Untersuchungszwecken, das Image des KH nicht über Gebühren anzukratzen droht, auch wenn diese wichtige Organisation nicht einmal indirekt irgendetwas mit dem U-Boot-Skandal zu tun hat.


Strategischer Schaden?

Die Affäre hat neben anderem auch einen brisanten Effekt politischer Natur. Auf der Programmliste des Deutschland-Besuchs von Staatspräsident Reuven Rivlin stand für Donnerstag eine Begegnung mit Bundeskanzlerin Angela Merkel. Sollte die Kanzlerin (nur zwei Wochen vor den deutschen Wahlen) bei dieser Gelegenheit von sich aus das Thema der U-Boot-Affäre anschneiden, wollte Rivlin seine Gastgeberin laut israelischen Medienberichten bitten, sich dafür einzusetzen, den
Deal trotz der sich in Israel um ihn rankenden Skandale nicht platzen zu lassen. Eine Annullierung des Geschäftes würde, so fürchtet nicht nur der Staatspräsident, Israels Sicherheit strategischen Schaden verursachen. Offiziell reiste der israelische Präsident nach München, um an der Einweihungszeremonie für das Gedächtniszentrum zum Andenken an die israelischen Opfer des Terroranschlags bei den Olympischen Spielen 1972 in München anwesend zu sein.


Luxusspeisen für die Premiersgattin

Nicht bei allen polizeilichen Untersuchungen geht es in Israel ums ganz grosse Geld. So verdichten sich die Vermutungen immer mehr, dass sich eine Anklage gegen Sara Netanyahu, die israelische First Lady, anbahnt. Allerdings gibt es zuvor noch eine Anhörung für sie, bei der es um den angeblichen betrügerischen Erhalt von Gegenständen für ihren Haushalt im Wert von umgerechnet knapp 112 000 Dollar handelt. Generalstaatsanwalt Avichai Mendelblit dürfte Sara Netanyahu in den kommenden Wochen über die gegen sie vorliegenden Anklagepunkte informieren. Laut Medienberichten steht die Premiersgattin im Verdacht, für die offizielle Residenz des Regierungschefs Luxusmahlzeiten von externen Anbietern bestellt zu haben, was den geltenden Regeln widerspricht. Erschwerend kommt hinzu, dass Sara Netanyahu ihre Vorgehensweise vertuscht haben soll.

Das Ehepaar Netanyahu wirft seinerseits dem früheren Chefhaushälter der Residenz Meni Naftali vor, die Ausgaben des Hauses mutwillig aufgeblasen zu haben. An der letzten vom Likud für ihn organisierten Sympathiekundgebung beschuldigte Netanyahu seinen ehemaligen Haushälter, Nahrungsmittel aus der Küche des Hauses gestohlen zu haben. Diesem Vorwurf steht die Aussage eines hohen Polizeioffiziers gegenüber, der zu den angeblich Ausgabe-Exzessen der Sara Netanyahu meinte, dieses Phänomen habe lange vor der Einstellung Meni Naftalis begonnen und sei fortgesetzt worden, nachdem der Mann bereits entlassen worden sei.


Grosse Militärmanöver

In Israel gibt es aber auch andere Themen als die erwähnten Skandale, die sich in den Medien allerdings am besten verkaufen lassen. Zu den Themen, die von Skandalen und Intrigen unberührt sind, gehören sicher die grössten militärischen Manöver seit fast 20 Jahren, die seit Mitte dieser Woche im Norden Israels für die nächsten zehn bis 14 Tage über die Bühne gehen.

Die Aktion umfasst alle Elemente der Armee: Boden, Luft, Meer und Geheimdienste. Das Manöver untersteht dem Nord-Kommando. Ausgangsbasis für das Manöver ist ein Szenario der unmittelbaren Eskalation, bei welcher die Armee das Land gegen die multiple Terroristeninfiltrationen durch die Hizbollah im Norden zu verteidigen hat. Die IDF werden auch einen Angriff auf Libanon üben, ebenso wie die Evakuierung israelischer Städte in Grenznähe als Vorbereitung für mögliche heftige Raketenangriffe. An dem Manöver beteiligen sich Dutzende von Divisionen, und über 10 000 Reservesoldaten sind aufgeboten worden. Ein besonderer, allerdings nicht aktiver Teilnehmer ist die schiitische Hizbollahmiliz, die von Südlibanon aus das Geschehen im israelischen Norden aufmerksam verfolgt.

Obwohl das Manöver zu Zeiten erhöhter Spannungen mit Iran stattfindet, legt Israel Wert auf die Feststellung, dass dies schon seit rund anderthalb Jahren vorbereitet worden ist. Man habe auch Libanon über den Zweck der Übung informiert. Russland arbeitete in den letzten Tagen übriges intensiv und erfolgreich daran, in der Verlautbarung des Uno-Sicherheitsrats über die Verlängerung des Unifil-Mandats für Südlibanon jede Erwähnung der Hizbollah zu unterlassen. In einer vor Manöverbeginn veröffentlichten Analyse betrachtet die «Jerusalem Post» es als unwahrscheinlich, dass israelische Uniformierte in absehbarer Zeit in einen wirklichen Konflikt mit der Hizbollahmiliz verwickelt werden.

Als Begründung führt die Zeitung an, dass die Schiitenmiliz dank Kampfeinsätzen in Syrien ihre militärischen Kapazitäten zwar ausweiten und verbessern konnte. Andererseits sind die Kämpfer der Terrorgruppe erstens über den ganzen Nahen Osten verteilt, und zweitens soll die Hizbollah in argen Finanznöten und zudem intern zerstritten sein. Schon im letzten März sprach Generalstabschef Gadi Eisenkot davon, dass «die Hizbollah in einer internen Krise darüber steckt, für welche Zwecke man eigentlich kämpft, zudem geht es um eine Wirtschafts- als auch um eine Führungskrise».


Trump als Friedensbringer?

Verlassen wir abschliessend die Region kurz und bringen in Erinnerung, dass US-Präsident Donald Trump seinen Traum noch nicht aufgegeben hat, zum eigentlichen Friedensbringer für Israeli und Palästinenser zu werden. Jedenfalls haben gegenüber «Haaretz» hohe Offizielle beider Seiten bestätigt, dass Trump am Rande der Uno-Vollversammlung in etwa zwei Wochen mit Premier Binyamin Netanyahu und Palästinenserpräsident Mahmoud Abbas zusammenkommen werde, um seine geplante Friedensinitiative zu diskutieren. Sollten die Treffen zustande kommen, wären dies seit Trumps Abstecher in die Region vom Mai die ersten Rendez-vous mit den beiden ewigen Streithähnen. Vermutlich werden die Treffen in den USA zwischen dem 17. und 19. September stattfinden, wobei man im Weissen Haus betont, die Gespräche mit Netanyahu und Abbas würden schon vor der Vollversammlung stattfinden und nach dieser fortgesetzt werden. Für Donald Trump also ein Traum in Raten, der sich schon bei der geringsten Unachtsamkeit zum Albtraum auswachsen kann. Dies nur, um die notorischen Nahost-Friedensträumer in die harte, höchst unfriedliche Realität der Region zurückzuholen.


Foto: Die Premiersgattin Sara Netanyahu steht im Verdacht, Gegenstände für ihren Haushalt im Wert von mehr als 100  000  Dollar auf betrügerische Weise erhalten zu haben. © tachles

Info: Nachdruck des Artikels mit freundlicher Genehmigung aus dem Wochenmagazin TACHLES vom 8. September 2017