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Kategorie: Zeitgeschehen
p iranzeitDonald Trump und der Atomdeal mit Iran, Teil 3/4

Matthias Küntzel

Hamburg (Weltexpresso) - Das zweite Beispiel hat mit den Kontrollbestimmungen des JCPOA und hier wiederum mit dem “Zusatzprotokoll“ zu tun. Dieses Protokoll, dem bislang 146 Staaten beigetreten sind, regelt die Bedingungen, unter denen IAEA- Inspektoren ihre Kontrolltätigkeit durchführen.[5] Es trägt der Erfahrung Rechnung, dass illegale Atomaktivitäten in der Regel nicht in den offiziell deklarierten Anlagen, sondern in nicht-deklarierten Einrichtungen stattfinden, deren Adresse niemand kennt.

Diese Erfahrung hatte die UN-Behörde IAEA insbesondere Anfang der 90er Jahre im Irak gemacht. Hier wurden den Inspektoren unter dem Vorwand, es handele sich um die Paläste Saddam Husseins, der Zutritt zu bis dato unbekannten, aber inspektionsrelevanten Anlagen verweigert.

Deshalb bestimmt Artikel 4 des Zusatzprotokolls, dass die Inspektoren im Falle eines konkreten Verdachts “jede Örtlichkeit“ (“any location“) eines betreffenden Landes betreten dürfen.[6] Iran gehört zu den wenigen Staaten der Welt, die offenbar wichtige Gründe haben, derartige Kontrollen zu scheuen. Zwar verlangten die Verhandlungspartner beim Atomdeal, dass auch der Iran das Zusatzprotokoll ratifiziert. Sie kamen mit dieser Forderung jedoch nicht durch.

Sie erreichten aber, dass die folgende Formulierung im Anhang V des JCPOA erscheint: _“Iran wird das Zusatzprotokoll vorläufig und bis dessen Ratifizierung durch den Majlis [iranisches Parlament] anwenden.“_ Damit aber hat sich Teheran dazu verpflichtet, dass die IAEA im Verdachtsfall “jede Örtlichkeit“ im Iran inspizieren kann.

Doch was geschieht? Unmissverständlich weist Teheran die von der US-amerikanischen UN-Botschafterin Nikki Haley erhobene Forderung, dass Inspektoren der IAEA im Zweifelsfall auch militärisch genutzte Anlagen betreten dürfen, zurück. Diese Forderung seien “nur ein Traum“, erwiderte Ali Akbar Verlayati, der Chefberater des Revolutionsführers. “Dies wird niemals geschehen.“[7] Haleys Gegenrede traf den Punkt: “Wenn Inspektionen in iranischen militärischen Einrichtungen ,nur ein Traum‘ sind, wie Iran behauptet, dann ist die Vertragserfüllung durch Iran auch nur ein Traum“.[8]

In der Tat! Was nützen Kontrollen, wenn es den Kontrollierten obliegt, darüber zu entscheiden, an welchen Orten sie stattfinden dürfen und an welchem nicht?

2015 ging auch John Kerry, der ehemalige amerikanische Außenminister, der die Verhandlungen maßgeblich führte, davon aus, dass die Weigerung Irans, Kontrollen in Militäreinrichtungen zuzulassen, eine “wesentliche Verletzung des Abkommens“ darstelle.[9]

Yukiya Amano, der Chef der IAEA stimmte dem zu: “In vielen Ländern verlangen wir manchmal Zugang zu militärischen Anlagen, warum also nicht auch im Iran? Wenn wir einen Grund haben, den Zugang zu verlangen, werden wir dies tun. Der Iran muss dies im Prinzip akzeptieren.“[10]

Teheran hat dies aber nicht akzeptiert, wie der jüngste Schlagabtausch mit Haley beweist. Wir haben es also auch in diesem Punkt mit einem Verstoß Teherans gegen das Atomabkommen und dessen Kontrollbestimmungen zu tun.


Anmerkungen

[5] https://www.iaea.org/topics/additional-protocol/status

[6] International Atomic Energy Agency, Model Protocol Additional To The Agreement(s) Between State(s) and the International Atomic Energy Agency For The Application Of Safeguards (INFCIRC/540), Vienna, September 1997.

[7] Parisa Hafezi, Iran rejects U.S. demand for U.N. visit to military sites, Reuters, August 29, 2017.

[8] David E. Sanger and Rick Gladstone, Contradicting Trump, U.N. Monitor Says Iran Complies With Nuclear Deal, New York Times, 31. August 2017.

[9] http://www.pbs.org/newshour/bb/iran-nuclear-deal-deserves-responsible-analysis-says-kerry/

[10] George Jahn, AP Interview: UN nuke agency head, Iranian officials differ, 12. Mai 2015.


FORTSETZUNG FOLGT

Foto: © zeit.de

Info: Original erschienen in mena-watch am 21.9.2017