kpm hadamar graeber1945Was die AfD im Deutschen Bundestag vorhat

Klaus Philipp Mertens

Frankfurt am Main (Weltexpresso) - Alexander Gauland sprach erneut Klartext: „Wir werden Frau Merkel, wir werden diese Bundesregierung, wie immer sie sich zusammensetzen mag, jagen, wir werden sie jagen, wir werden uns unser Land und unser Volk zurückholen.“

So redet einer, der einen Vernichtungsfeldzug plant und gute Chancen sieht, sein Vorhaben umzusetzen. An willfährigen Spießgesellen (männlich wie weiblich) mangelt es ihm nicht. Und die knapp 13 Prozent der Wähler, die ihm das Plazet dazu erteilten, werden ihm mit Genugtuung und Schadenfreude zusehen. Zumindest solange, bis sie, die Knechte und Mägde der konservativ-braunen Revolution, selbst geopfert werden.

Die Partei, die dieses Desaster am ehesten hätte verhindern können, der aber sowohl die Ideen als auch der Mut dazu fehlten, die SPD, will und muss sich in die Opposition retten. Aber bereits der Vorschlag, eine der Verantwortlichen für die gescheiterte Sozialpolitik, Andrea Nahles, zur Fraktionsvorsitzenden zu wählen, verdeutlicht die Orientierungslosigkeit der Sozialdemokratie. Schließlich ist es nicht zuletzt ihr anzulasten, dass die Einführung einer Bürgerversicherung nicht hinreichend thematisiert wurde und dass die Sicherung des Rentenniveaus ohne Privatvorsorge keine Priorität genoss. Auch an der völlig unzureichenden Mietpreisbremse hat Andrea Nahles mitgewerkelt.

Dass Martin Schulz zumindest eine kleine Anerkennung für seine Mühen im Wahlkampf einfordert und Parteivorsitzender bleiben möchte, ist nachvollziehbar. Doch außer Barbara Hendricks, Heiko Maas und Sigmar Gabriel konnte niemand in der Führungs- und Kabinettsriege Profil zeigen. Die SPD wird sich auf den Ruinen der von Gerhard Schröder eingeleiteten Politik nicht erneuern können. Sie muss den brüchigen Untergrund durch ein vollständig neues Fundament ersetzen. Und sie muss ihr Schlagwort von der Gerechtigkeit, das angesichts der objektiv vorhandenen Probleme nicht falsch war, endlich durch Gestaltungsvorschläge konkretisieren. Gefahr droht dabei vom rechten Flügel der Partei, beispielsweise von Olaf Scholz, der bereits eine Runderneuerung nach CDU-Vorbild empfiehlt.

Darüber hinaus muss sie auch lernen, die Linke als Bündnispartner zu begreifen und anzuerkennen. Ihre eigenen 20,5 Prozent plus die 9,2 Prozent der Linken ergeben immerhin 29,7 Prozent für eine an den Prinzipien der sozialen Gerechtigkeit ausgerichtete Politik, die auch aus der Opposition heraus wirksam entfaltet werden könnte. Rechnet man Sympathisanten aus Grünen und den CDU-Sozialausschüssen hinzu, wird es den braunen Rattenfängern gegen den aktiven Widerstand eines Drittels des Bundestags nicht gelingen, ihre angekündigte Hetzjagd durchzuführen.

Allein Gaulands Ankündigung, Volk und Land zurückholen zu wollen, verdeutlicht den intellektuellen und ethischen Zuschnitt dieser Partei. Für sie ist der politische Gegner grundsätzlich ein Feind, den es niederzukämpfen und auszumerzen gilt.

Noch immer kann ich nicht verstehen, warum Journalisten wie Maybrit Illner, Anne Will oder Frank Plasberg es in ihren Talkshows stets unterlassen haben, Gauland auf die Affäre von 1989 anzusprechen, als er in seiner Eigenschaft als Staatssekretär und Chef der hessischen Staatskanzlei den Leitenden Ministerialrat Rudolf Wirtz seines Amtes enthob und diesen gegen einen Rechtsaußen der CDU ersetzen wollte. Gaulands eidesstattliche Erklärung, er habe mit der Versetzung dem Wunsch der Kirchen entsprochen, Wirtz als Leiter des Verbindungsbüros zwischen Landesregierung und Kirchen abzusetzen, genügte dem Hessischen Verwaltungsgerichtshof, Wirtz‘ Klage abzuweisen. Aus dem erst im Jahr 2000 offengelegten Briefverkehr der 5. Kammer des Hessischen Verwaltungsgerichts geht aber hervor, dass Gauland damals einen Meineid ablegte. Der Schriftsteller Martin Walser hat den Fall in seinem Roman „Finks Krieg“ weitgehend entlang der Tatsachenlage dargestellt.

Aber auch gegenüber Beatrix Amelie Ehrengard Eilika von Storch, geborene Herzogin von Oldenburg, sind Journalisten nur selten investigativ tätig geworden. Es hätte doch nahegelegen, ihre erzkonservativ-nationalistische Haltung mit der ihres Großvaters Johann Ludwig Graf Schwerin von Krosigk, dem Finanzminister des NS-Regimes, zu vergleichen und nachzufragen, inwieweit dieser Vorbild für sie war.

Die von ihr geführte „Allianz für den Rechtsstaat“ forderte die Rückgabe des von den Sowjets verstaatlichen Großgrundbesitzes in Ostdeutschland und verdeutlichte damit eindeutig den sozialen Standpunkt der Herzogin. Hätte man Frau von Storch öffentlich als Interessensvertreterin des 1945 endgültig entmachteten Feudalstaats entlarvt, wäre sicherlich ein Teil jener AfD-Wähler, die ihre soziale Verelendung befürchten, gewarnt gewesen.

Doch die Medien, vor allem die mit großer Reichweite ins normale Publikum hinein, haben versagt. Auch einige Moderatoren in ARD und ZDF haben sich stets beeilt, bei Nachrichten über rechtsextreme Gewalt auf die Taten von Linksextremisten hinzuweisen, obwohl das von der Sachlage selten nötig gewesen wäre. So hat ein falsch verstandener Pluralismus die AfD nach oben gespült, in den Deutschen Bundestag hinein.

Foto:
Weltexpresso hatte zuerst entsprechende Fotos der beiden AfD Spitzenkandidaten veröffentlicht. Angesichts einer Aussage, da wolle ein Deutscher sein Land und sein Volk wiederhaben, liegt jedoch ein Foto der Gräber der Menschen nahe, hier auf dem Friedhof Hadamar, die unter dem Naziterror, diesen Verbrechen in staatlichem Auftrag am meisten gelitten hatten, wenn man sie mit dem Vergessen vergleicht, daß ihren Ermordeten noch heute zu wenig zukommt: die durch die sogenannte Euthanasie Umgebrachten. Ja, diese Teile des deutschen Volkes hätten wir auch gerne wieder. Sicher sind nicht sie es, von denen die AfD spricht. Also welches Volk meinen diese Selbsternannten? fragt die Redaktion © veröffentlich vom gemeinnützigen Verein der Gedenkstätte Hadamar