p putinZur Wahl von Putin und zum Giftanschlag in Großbritannien

Adele Hübner-Neuwerk

Buxtehude (Weltexpresso) – Sehr geehrter Herr Röttgen, ich bin ein verträglicher Mensch, aber so, wie Sie gestern Putin abgebürstet haben, das hat mir richtig gut getan. Anfangs dachte ich, nanu, wer geht denn da so scharf zur Sache, bis ich am Schluss hörte, dass Sie das waren im Deutschlandfunk.

Bravo, das war echt christlich, wie Sie diesem Menschen die Leviten gelesen haben. Einer wie dieser Alexej Nawalny wäre mir als russischer Präsident tausend Mal lieber gewesen, auch wenn er ab und zu Töne anschlägt wie Donald Trump.. Zum Beispiel soll Nawalny freien Waffenbesitz gefordert haben, falls „Kakerlaken in unsere Wohnungen eindringen“. Er meinte damit fremde Zuwanderer. 2013, während des Moskauer Bürgermeisterwahlkampfes, behauptete Nawalny nach Medienberichten, viele Frauen würden abends nicht vor die Tür gehen, weil sie Übergriffe von Ausländern befürchteten. Ob das stimmt oder nicht, weiß ich nicht, wichtig ist doch nur, dass er recht hat. Dass die Russen so einen nicht wählen durften, daran sieht man, dass das keine Demokratie ist.

Trotzdem hat unser Bundespräsident Putin zum Wahlsieg gratuliert. Das muss nicht viel heißen. Aber irgendwie scheint dem Steinmeier etwas zu fehlen. Das konnte man schon merken, als er Außenminister war. Vielleicht erinnern Sie sich noch, Herr Röttgen. Als 2016 westliche Truppen an der Grenze zur Russland eine harmlose Parade abgehalten haben, meinte Steinmeier, wer damit mehr Sicherheit schaffen wolle, der irre sich. Der Westen sei gut beraten, keine Vorwände für eine neue, alte Konfrontation frei Haus zu liefern. Das hat Sie zu Recht auf die Palme gebracht. Sie haben das damals als Vorsitzender des Auswärtigen Ausschusses im Bundestag als „ungeheuerlichen Vorwurf“ bezeichnet. Und der Mann ist jetzt Bundespräsident. Wie soll das noch enden?

Mir hat es gut getan, dass Sie verlangen, Russland mit Festigkeit und Wachsamkeit zu begegnen, um diesem – wie Sie sagten - autoritären Gegenmodell zu den westlichen Demokratien, das „systematisch jenseits der eigenen Grenzen Macht“ ausübe, die richtige Antwort zu geben. Da ist ja auch noch der Giftanschlag auf den russischen Doppelagenten Skripal in Großbritannien. Das sei ein Teil der bewussten Norm- und auch Zivilisationsverletzung Russlands, sagten Sie. Was mich allerdings irritiert, ist Folgendes: Sie sagen, der Einsatz des Nervengiftes sei nicht ganz klar zuzuordnen. Man wisse nicht, ob der russische Staat dahinter stecke oder die organisierte Kriminalität, aber im Machtsystem Putin flössen diese Bereiche ja ineinander. Dabei werde viel schmutziges Geld verdient.

Mir ist das mehr oder weniger egal, so sind die Russen eben. Wenn ich was zu sagen hätte in der Nato, dann müsste als erstes der Unterhosennotstand bei der Bundeswehr behoben werden, sonst werden die Russen keinen Respekt vor uns haben. Aber auf mich hört ja keiner, es sei denn, Sie, sehr geehrter Herr Röttgen, machten eine Ausnahme, wofür ich mich jetzt schon bedanke.

Ihre Ihnen sehr ergebene

Adele Hübner-Neuwerk

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