p liu xiaDringlicher Appell von PEN Deutschland zur Einweihung des Karl-Marx-Denkmals an den Trierer Oberbürgermeister Wolfram Leibe

Ralf Nestmeyer

Darmstadt (Weltexpresso) - Sehr geehrter Oberbürgermeister Leibe, als Vize-Präsident und Writers-in-Prison-Beauftragter des deutschen PEN bitte ich Sie eindringlich, den Termin für die Einweihung des – von der Volksrepublik China geschenkten – Karl-Marx-Denkmals so lange zu verschieben, bis unser Ehrenmitglied, die Dichterin Liu Xia, aus dem 2010 verhängten Hausarrest entlassen und ihr die Ausreise ermöglicht worden ist.

Ich bin mir sicher, dass dies auch im Sinne von Karl Marx gewesen wäre. „Die erste Freiheit der Presse besteht darin, kein Gewerbe zu sein“, ist ein bekanntes Zitat von ihm. Als Redakteur der Rheinischen Zeitung trat er wiederholt entschieden für die Freiheit des Wortes ein. Pressefreiheit sah Marx als Ausdruck einer liberalen demokratischen Gesellschaftsform. Paradoxerweise wird gerade diese Freiheit in China seit Jahren extrem eingeschränkt.

Es wäre ein deutliches Signal, wenn Sie sich mit unserem gesundheitlich schwer angeschlagenen Ehrenmitglied Liu Xia solidarisieren würden, um damit ein Zeichen für Meinungsfreiheit zu setzen, das weit über die Stadt Trier hinausstrahlen könnte.

Mit freundlichen Grüßen

Ralf Nestmeyer
PEN-Vizepräsident, Writers-in-Prison-Beauftragter


Kommentar 
Natürlich wird das nicht geschehen, die Verschiebung der Einweihung, was natürlich mit dem 200sten Geburtstag, aber auch mit internationalen Gepflogenheiten zu tun hat. Aber es ist völlig richtig, diese Verschiebung zu fordern, denn nur so, wenn der Offene Brief des PEN überall abgedruckt wird, wird erneut auf das Schicksal von Liu Xia aufmerksam gemacht. Weltexpresso hatte wiederholt über das Martyrium von Liu Xiaobo berichtet, der an den Folgen seiner langjährigen Inhaftierung im letzten Jahr gestorben war. Dem Lyriker und Autor - wie gefährlich sind für Machthaber einzelne Worte - hatte auch der Friedensnobelpreis nicht genutzt, was nur halb richtig ist. Der Preis hat ihn nicht vor der Haft bewahrt, aber gleichzeitig hat diese Haft sich überall in den Medien der Welt als Angriff Chinas gegen ihre eigenen Schriftsteller dargestellt. Die heute 57 Jahre alte Liu Xia, die seit 1996 mit Liu Xiaobo verheiratet war, ist eine eigenständige Künstlerin, sie ist Malerein, Dichterin und Fotografin, die von der chinesischen Regierung unter Hausarrest gestellt ist, wogegen der PEN Deutschland protestiert, was wir darum gerne weitergeben. Die Redaktion


Foto: 
das Ehepaar © Human Watch
Liu Xia ist eine chinesische Malerin, Dichterin und Fotografin. Sie war mit dem Friedensnobelpreisträger Liu Xiaobo verheiratet. Wikipedia

Geboren: 1. April 1961 (Alter 57 Jahre), Peking

Ehepartner: Liu Xiaobo (verh. 1996–2017)

Info:
www.pen-deutschland.de
Hintergrund:
Das PEN-Zentrum Deutschland ist eine von derzeit weltweit 150 Schriftstellervereinigungen, die im PEN International zusammengeschlossen sind. PEN steht für Poets, Essayists, Novelists. Die ursprünglich 1921 in England gegründete Vereinigung hat sich als Anwalt des freien Wortes etabliert und gilt als Stimme verfolgter und unterdrückter Schriftsteller.
Präsidentin: Regula Venske · Generalsekretär: Carlos Collado Seidel
Vizepräsidenten: Ralf Nestmeyer, Franziska Sperr · Schatzmeister: Jürgen Jankofsky · Geschäftsführerin: Claudia C. Krauße