a Rautenberg spd brandenburgDer Bundespräsident hat der Witwe des dienstältesten Ex-Generalstaatsanwaltes kondoliert, dem Fritz Bauer lebenslang Vorbild blieb

Redaktion

Frankfurt am Main (Weltexpresso) - Gerade erst hatte zum 1. Juli Steinmeier zum 50sten Todestages von Fritz Bauer, dem Hessischen Generalstaatsanwalt, in der Paulskirche eine bewegende Rede gehalten, die der Mann, der als Generalstaatsanwalt von Brandenburg, übrigens der jüngste, der je ins Amt kam, dieses Amt im Sinne Bauers ausfüllte, nicht persönlich hören konnte, weil seine Krebserkrankung erneut zugeschlagen hatte, an der er in der Nacht zum Dienstag, der Nacht, die auf den 115. Geburtstag von Fritz Bauer, vgl. unseren vorstehenden Artikel, folgte, mit nur 65 Jahren starb.

Daß Rautenberg bei der staatsmännischen Ehrung nicht teilnehmen konnte, für die er sich jahrelang eingesetzt hat und sie mitbewirkt hat, ist tragisch, daß er die Rede nicht hören konnte, weniger. Er kannte sie. Denn diese sensible Rede, die Weltexpresso dokumentiert hat, atmet seinen Geist, sein Engagement, hat sehr viel mit ihm zu tun, der mit Frank-Walter Steinmeier seit Jahren befreundet ist und ihm das Werk und die Person Bauers nahegebracht hat. Außerdem wurde bekannt, daß  Rautenbergs Einsatz für die Erinnerung, das Andenken an Fritz Bauer auch mittels einer Briefmarke, was natürlich 2018 fällig gewesen wäre, Früchte trägt. Kurz vor seinem Tod teilte ihm noch Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) persönlich mit, daß es eine solche Briefmarke endlich 2019 geben wird.

Außerdem sollte Rautenberg für die SPD den Wahlkreis von Steinmeier übernehmen, als dieser Bundespräsident wurde. Doch da hat ihn seine Krebserkrankung schon gehindert, die sich herumsprach und ihn Stimmen kostete. 


Der Bundespräsident schreibt:

„Wir verlieren mit Erardo Rautenberg einen jener Köpfe, von denen es in unserem Land nicht viele gibt – einen über alle Parteigrenzen hinweg hoch geachteten Juristen, der sein Leben in den Dienst des Staates und seiner Menschen gestellt hat. Das Amt des Generalstaatsanwaltes übte er mit großer Leidenschaft aus, wie er überhaupt ein Mann voller Leidenschaften und Hingabe war.

Erardo Rautenberg war kluger Jurist und mutiger Demokrat zugleich. Er setzte sich für Bürgerrechte, Zivilcourage und demokratische Kultur ein und kämpfte für Toleranz und friedliches Zusammenleben – sogar unter Inkaufnahme persönlicher Anfeindungen und Drohungen.

‚Eine Verfassung muss auch Antwort geben auf die Herausforderungen ihrer Zeit‘, so hat Erardo Rautenberg einmal seiner Überzeugung Ausdruck verliehen. Der Würde des Menschen durch einen freiheitlich-demokratischen und sozialen Rechtsstaat Geltung zu verschaffen, war sein Herzensanliegen. Daraus entsprang auch sein entschiedenes Eintreten gegen neue Formen rechtsextremistischer Aktivitäten und gegen die Wiederbelebung rechtsextremen Gedankenguts.

Erardo Rautenberg war fest davon überzeugt, dass man den Parolen nationalistischer Gruppierungen einen ‚Patriotismus der Demokraten‘ entgegensetzen muss. Daher lag ihm die Geschichte der deutschen Freiheitsbewegungen besonders am Herzen – vom Hambacher Fest bis zur demokratischen Opposition in der DDR.

Durch dieses Engagement haben sich unsere Wege immer wieder gekreuzt. Ich erinnere mich an eine frühe Begegnung zu den Geburtsstunden der Demokratie in Deutschland, in der wir über die Freiheitskämpfer von 1848/49 diskutierten. Erardo Rautenberg machte sich schon damals für die Errichtung eines ‚Forty-Eighters‘-Denkmals in Berlin stark – eine Initiative, für die er inzwischen viele Unterstützer gefunden hat. Und unsere letzte Begegnung, erst vor wenigen Wochen im Schloss Bellevue, war ein langes und bewegendes Gespräch über Fritz Bauer, den mutigen und unbeugsamen Generalstaatsanwalt – vielleicht ein Vorbild für Erardo Rautenberg, jedenfalls jemand, den er verehrte und mit dessen Arbeit und Haltung er sich jahrelang beschäftigt hat.

Eben jener Fritz Bauer beschrieb 1955 sein eigenes Berufsethos mit den Worten, er wolle ein Jurist sein, ‚der dem Gesetz und Recht, der Menschlichkeit und dem Frieden nicht nur Lippenbekenntnisse leistet‘. Ich finde, diesen hohen Anspruch hat Erardo Rautenberg in eigener Person auf herausragende Weise erfüllt.

Demokratie ist gewiss zuerst eine Sache der Vernunft – aber sie ist ganz sicher ebenso eine Sache des Herzens. In beiderlei Sinne war Erardo Rautenberg ein großer Demokrat.

Sein Tod ist für uns alle ein unersetzlicher Verlust."


Foto:
Rautenberg 
© SPD Brandenburg

Info:
Erardo Rautenberg hat öfter über das Wirken von Fritz Bauer geschrieben und damit auch die Widerstände benannt, die dieser in Westdeutschland aushalten mußte. Unter anderem hat er auch an einer Schrift mitgewirkt, über die Weltexpresso immer wieder geschrieben hat: Die Bedeutung des Generalstaatsanwalts Dr. Fritz Bauer für die Auseinandersetzung mit dem NS-Unrecht in "Forschungsjournal Soziale Bewegungen Heft 4/2015 "