Bildschirmfoto 2018 09 24 um 09.04.41Israelische Angriffe nahe bei russischer Basis

Jacques Ungar

Tel Aviv (Weltexpresso) - Die Situation in Syrien ist so undurchsichtig wie sie war. Auch wenn nicht alles eingeordnet werden kann und politisch zugewiesen, muß dieser furchtbare, weil vielschichtige und so unterschiedliche Interessen berührende Krieg, uns im Bewußtsein bleiben. Weil wir keine eigenen Korrespondenten dort haben, bedanken wir uns für Übernahme aus der Zeitung tacheles. Die Redaktion

Eine Reihe «ungewöhnlicher Luftangriffe» gegen Syrien wurden in der Nacht vom Montag auf den Dienstag laut zunächst unbestätigten Meldungen Israel zugeschrieben.

Die offizielle syrische Nachrichtenagentur SANA sprach von zehn Verletzten. Medienberichten zufolge wurden Raketen gegen militärische Ziele in der Nähe der syrischen Städte Latakia, Homs und Hama abgefeuert. Die Syrer wollten wissen, dass ihre Luftabwehr eine Reihe der Raketen abfangen konnten. Arabische Medien wiederum berichteten, dass frühere Angriffe Waffendepots von Iran kontrollierten Munitions-Produktionsstätten gegolten hatten. Der angebliche Angriff unweit von Latakia ist alleine schon deshalb ungewöhnlich weil diese Hafenstadt sich in unmittelbarer Nähe der von den Russen benutzten Luftwaffenbasis Khmeimim und der Marinebasis Tartus befindet. Dort sind auch russische Düsenjäger und ein Luftabwehrsystem vom Typ S-400 stationiert. In der Gegend von Latakia wohnt auch die Familie des syrischen Präsidenten Bashar Assad. Seitdem die Russen sich dort niedergelassen haben, hat Israel in der Gegend praktisch keine Angriffe mehr durchgeführt.

In der Nacht auf den Dienstag hiess es in russischen Meldungen, dass eine ihrer Maschinen über dem Mittelmeer vermisst werde, die vermutlich, von falsch geleiteten syrischen Raketen getroffen worden sein sollen, die israelische Raketen abfangen wollten. Die russische Maschine, eine Iljuschin 20 mit einer 14köpfigen Besatzung, sei vom Radar verschwunden, lautete die anfängliche Meldung aus Moskau, die auch davon sprach, dass zur Zeit des Zwischenfalls israelische Flugzeuge in der Gegend operierten.

Zwischen Moskau und Jerusalem herrscht für gewöhnlich eine gut funktionierende Koordination, was die Aktivitäten im syrischen Luftraum betrifft. Alle diese Berichte kamen wenige Stunden nachdem Russland erklärt hatte, als Folge eines Treffens zwischen Präsident Putin und dessen türkischem Amtskollegen Erdogan vom Montag sei die Offensive gegen das von Rebellen gehaltene Idlib vorerst verschoben worden. Das soll eine verlustreiche Offensive des syrischen Regimes gegen die Region verhindern. Stattdessen soll dort bis zum 15. Oktober eine entmilitarisierte Zone eingerichtet werden.

Am Montag hatte der Syrische Beobachtungsorganisation für Menschenrechte aus London berichtet, Israel habe allein bei Angriffen auf Syrien im letzten Monat 113 Iraner getötet. Wie in solchen Fällen üblich reagierten israelische Stellen auf die Flut der Meldungen aus der Gegend von Latakia zunächst nur mit Stillschweigen. Interessanterweise verteidigte die britische Regierungschefin Theresa May am Montagabend das Recht Israels auf Selbstverteidigung in einem öffentlichen Auftritt ausdrücklich. Spekulative, unbestätigte Berichte wollten zudem von konzertierten Aktionen Israels und der Franzosen in der Region wissen.

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Nachdruck des Artikels mit freundlicher Genehmigung aus dem Wochenmagazin TACHLES vom 13. September 2018