ta israelische Siedlerdtj onlineWESTBANK:«Jüdischer Terror» - Debatte breitet sich aus

Jacques Ungar

Tel Aviv (Weltexpresso) - Zwar haben die israelischen Behörden das Publikationsverbot für alles, was die Angelegenheit des so genannten «jüdischen Terrors» betrifft kaum gelockert, doch die Indizien sprechen dafür, dass die Affäre noch längst nicht überstanden ist sondern sich jeden Tag weiter ausbreitet. Mit Zustimmung des Inland-Geheimdienstes Shabak durfte inzwischen veröffentlicht werden, dass drei der Jugendlichen für den Tod einer 47-jährigen Palästinenserin, Mutter von neun Kindern, verantwortlich sein sollen.

Das Auto, in dem die Frau mit ihrem Mann gefahren war, wurde von Steinen von Siedlern getroffen. Dabei erlitt die Frau so schwere Verletzungen, dass sie kurz nach dem Attentat verstarb. Alle fünf bisher verhafteten jungen Extremisten studierten an einer Talmud-Hochschule (Jeschiwa) in der Westbank, die sich unweit des Ortes des Zwischenfalls befindet. Die Namen der Jugendlichen dürfen weiterhin nicht genannt werden.

Am Samstagabend protestierten sodann hunderte von Gesinnungsgenossen der fünf verhafteten Jugendlichen und forderten deren sofortige Freilassung. Zu den Prominenten, die sich diesem Aufruf anschlossen, gehört Rabbi Haim Druckman, eine führende Figur des religiösen Zionismus, der die Regierung auf einem an der Protestkundgebung gezeigten Video dringend aufforderte, die Jugendlichen, die erst eine Woche nach ihrer Verhaftung ihre Anwälte das erste Mal sprechen durften, aus der Haft zu entlassen. Vor allem wendete Druckman sich gegen den Umstand, dass die Verdächtigten dem Vernehmen nach in den «Kellern des Shabak-Geheimdienstes» befragt würden. Sie seien keine Terroristen. Der Shabak hat sich dazu bis jetzt nicht geäussert. Eine klar andere Ansicht vertritt Staatsanwalt Shai Nitzan: «Terroristen sind Terroristen», sagte er an einer Konferenz. Er fügte hinzu, dass jüdische Terroristen nicht mit Samthandschuhen behandelt werden dürften, nur weil sie keine Araber seien.

Öl ins Feuer der teils hitzig geführten Debatte goss am Sonntag die Zeitung «Haaretz», die zu wissen glaubt, dass 2018 die Anzahl «nationalistischer Verbrechen» - Gewaltanwendung gegen Palästinenser und Beschädigung von deren Eigentum – im Vergleich zum Vorjahr merklich zugenommen hat: Bis Mitte Dezember seien 482 solcher Verbrechen registriert worden, verglichen mit 140 für ganz 2017. Zu den Gewaltakten von Siedlern und rechtsextremen Aktivisten gehörten physische Gewalt gegen Palästinenser oder das Bewerfen von Menschen mit Steinen. Häufig handle e sich auch um das Anbringen von nationalistischen oder anti-arabischen beziehungsweise anti-muslimischen Slogans, die Beschädigung von Heimen und Fahrzeugen oder um das Zerstören von Bäumen, die palästinensischen Landwirten gehörten.

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Nachdruck des Artikels mit freundlicher Genehmigung aus dem Wochenmagazin TACHLES vom 10. Januar 2018