p atomverhandlungen iran usaMit dem schrittweisen Ausstieg Teherans aus dem Atomabkommen ist die europäisch-deutsche Iranpolitik endgültig gescheitert. Noch aber will man in Berlin nichts davon wissen, Teil 3/3

Matthias Küntzel

Hamburg (Weltexpresso) - Die deutsche Außenpolitik wollte davon aber nichts wissen. Man feierte mit dem Atomdeal – „eine Sternstunde der Diplomatie“, wie Heiko Maas auch noch am 8. Mai 2019 verkündete – vor allem sich selbst: Dieser Deal war eine Premiere, da hier erstmals Deutschland im Rahmen der „5 +1“-Gespräche Weltpolitik zusammen mit den Vetomächten des Sicherheitsrats gestalten durfte.

Man verfügte hier über erhebliches Gewicht, da Deutschland bei den Atomgesprächen gleich doppelt vertreten war: Durch den politischen Direktor des Auswärtigen Amts, sowie durch Helga Schmid, der ehemaligen Büroleiterin von Joschka Fischer, die als stellvertretende Generalsekretärin des Europäischen Auswärtigen Dienstes und Repräsentantin der EU eine führende Rolle bei den Atomgesprächen übernahm. Und da soll etwas schiefgelaufen sein?

Ein ideologisches Moment kommt hinzu: Deutschland ist ökonomisch zwar eine Supermacht, militärisch aber ein Zwerg. Sobald es um die Androhung von Militärgewalt geht, ist Deutschland raus aus dem Spiel. Man präsentiert dieses Manko jedoch als moralischen Triumph: Nur über den Dialog seien Veränderungen zu erreichen. Für Berlin galten die Atomgespräche somit als Modell – als ein Beispiel, dass mit geduldiger Diplomatie mehr zu erreichen ist, als durch Militäreinsätze; als der Prototyp eines sich von den USA absetzenden europäischen Wegs.

Sich von dieser Illusion zu verabschieden, fällt dem Auswärtigen Amt offenkundig schwer. Stattdessen tut man weiter, als sei eigentlich nichts geschehen.


Weiter, wie bisher?

Wer zum Beispiel am vorvorgestrigen 9. Mai die Homepage der deutschen Botschaft im Iran aufruft, wird vom deutschen Botschafter Michael Klor-Berchtold freudig begrüßt: „Die deutsch-iranischen Beziehungen haben eine lange Tradition und großes Potential. Lassen Sie uns gemeinsam daran arbeiten, die guten Beziehungen weiter zu vertiefen.“ Die Greuel des Syrienkriegs, die Folter in iranischen Gefängnissen, die vertragswidrigen Raketentests, die Betrügereien am Atomdeal – all dies schiebt man beiseite, um das angeblich „große Potential“ der Beziehungen zu diesem Regime nicht zu gefährden.

Entsprechend ritualisiert fiel auch die deutsche Reaktion auf den iranischen Teilausstieg aus dem Atomabkommen aus: Man sehe die „Ankündigung“ Teherans „mit großer Sorge“ teilte die Bundesregierung mit, ohne sich zu einer klaren Verurteilung durchringen zu können, und werde sich weiterhin dafür einsetzen, das Abkommen zu erhalten. „Dazu gehört auch, dass sich Iran vollumfänglich an die im JCPoA enthaltenen Verpflichtungen hält.“

Man klammert sich also auch jetzt noch an das Alte und schiebt die Tatsache, dass der Kurs der deutschen Iranpolitik gescheitert ist und dass sich mit dem beginnenden Ausstieg des Iran aus dem Atomdeal etwas grundlegend verändert, von sich weg.

Anders als Heiko Maas reagierte der außenpolitischer Sprecher der FDP im Bundestag. Der Bundestagsabgeordnete Bijan Djir-Sarai, ein gebürtiger Iraner, bezeichnete die Erklärung Rohanis als „eine klare Provokation“. Das werde man „als EU nicht hinnehmen können.“ Jetzt bleibe auch der Bundesregierung, so sein Tweed, „nichts anderes übrig, als das Abkommen zu verlassen.“

Bijan Djir-Sarai hat recht. Wer auf eine neue, umfassendere Verhandlungslösung setzen will, wird den Druck auf das Regime verstärken und die Absicht Rohanis, die USA von Europa abzuspalten, durchkreuzen müssen. Frankreich hatte am Vorabend der Rohani-Entscheidung ganz richtig gewarnt: Die EU ist „nach den Vorgaben des Abkommens verpflichtet, erneut Sanktionen zu verhängen.“

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Info:
Erstveröffentlicht am 9. März 2019in mena-watch.com

P.S.: Am 23. Mai wird der Verfasser in Hamburg in Verbindung mit der Ausstellung „1948“ zum Thema: „Warum gab es 1948 keinen arabisch-palästinensischen Staat?“ referieren. Ort: Kontorhaus, Messberg 1 in 20095 Hamburg, Beginn: 19:00 Uhr.

Am 6. Juni wird er in Wiesbaden einen Vortrag zum Thema „Islamischer Antisemitismus“ halten. Ort: Theater im Pariser Hof, Spiegelgasse 9, 65183 Wiesbaden. Beginn: 19:00 Uhr.