Stiftung 1 Polytechnische Gesellschaft Dominik BuschardtSERIE; „TUN, WAS FEHLT UND NÜTZT“, was die Stiftung Polytechnische Gesellschaft 2018 getan hat und weiter tun wird, Teil 1

Claudia Schulmerich

Frankfurt am Main (Weltexpresso) – Die 1816 „Zur Beförderung der nützlichen Künste“ gegründete Polytechnische Gesellschaft zu Frankfurt , die 2005 mit dem Erlös des Verkaufs der Fraspa (Frankfurter Sparkasse) an die Helaba (Hessische Landesbank) von 322 Millionen Euro und der Gründung der Stiftung Polytechnische Gesellschaft so richtig Fahrt aufnahm, ist eine Einrichtung, die so gut, eben nützlich und gesellschaftlich sinnvoll ist, die erfunden werden müßte, wenn sie es nicht schon gäbe.

Dies und mehr geht einem durch den Sinn, wenn man den Tätigkeitsbericht 2018 mit dem Motto: „TUN WAS FEHLT UND NÜTZT“ liest und seiner Vorstellung durch den Stiftungsvorstandvorsitzenden Roland Kaehlbrandt lauscht. Die siebeneinhalb Millionen für die verschiedenen Projekte im Jahr 2018 ist die höchste, je vorgenommene Ausgabe – insgesamt wurden bisher 67 Millionen für gemeinnützige Aufgaben ausgegeben - und dennoch ist das Stiftungsvermögen nicht angeknabbert, sondern hat sich seit 2006 sogar noch vermehrt und auf 437 (455) Millionen gesteigert, wobei in den Berechnungen allerdings die Aufwendungen für die Geschäftsstelle im so schönen wie repräsentativen Bau in der ehemaligen Villa Burnitz in der Untermainanlage 5 mit 29 Beschäftigten noch nicht berücksichtigt sind.

Stiftung2 Polytechnische Gesellschaft Dominik BuschardtDas nur vorweg, denn die Basis der ganzen Tätigkeiten sind nun mal die Finanzen. Für den Vorstandsvorsitzenden Roland Kaehlbrandt steht im Vordergrund, daß im Jahr 2018 über 10 000 Bürger von der Arbeit der Stiftung profitierten, daß sie insbesondere Familien anspricht, Begabungen im Kinder- und Jugendalter besonders fördert, aber darüberhinaus in allen Bereichen des Lernens von Kulturtechniken Unterstützung bietet, nicht nur im technischen, heute auch digitalen Bereich, wie es die Benennung Polytechnische Gesellschaft nahelegt, sondern grundlegend erst einmal im Spracherwerb und der Befähigung von Lesen und Schreiben aller Kinder – unabhängig vom Elternhaus - und dann im musischen Bereich, vom Chor bis zum Jazz für Jugend. Davon noch mehr.

Denn erst einmal müßte man die Arbeit dieser Stiftung in ihrer Ausrichtung von Fördern und Begaben kulturhistorisch verankern, wobei die Heutigen schon keine Ahnung mehr haben, was PICHT UND DIE DEUTSCHE BILDUNGSKATASTROPHE im alten Westdeutschland überhaupt bedeuteten, was uns sofort in den Sinn kam, als wir den Ausführungen von Professor Kaehlbrandt folgten. Auch Georg Picht war ein deutscher Professor, der 1964 in einer Artikelserie vor dem wirtschaftlichen Untergang Deutschlands warnte, wenn weiterhin sich die Elite nur aus sich selbst rekrutiert, statt Begabung im Volk zu fördern, wie es jede zivilisierte und der Zukunft zugewandte Gesellschaft tut. Damals zeigte sein Aufschrei Wirkung und innerhalb von zehn Jahren stiegen die Anteile öffentlicher Bildungsausgaben am Bruttoinlandsprodukt von 3, 4 Prozent auf 5, 5 Prozent, inzwischen übrigens längst wieder weniger...

Stiftung6 Polytechnische Gesellschaft Dominik BuschardtDamals, 1964, ging es um die jährlichen 3, 5 Prozent Abiturienten, die fast alle aus Akademikerfamilien stammten und die Vernachlässigung dessen, daß man junge Menschen durch Schule und Bildung begaben muß, wenn sie das nicht von zu Hause aus mitbekommen haben. Und daß man die staatlichen Bildungsaufgaben vorrangig nicht nur aus sozialen Gründen tätigen solle, sondern eine breite Begabtenförderung im deutschen Volk in Gang setzen muß, will Deutschland eine Wirtschaftsmacht im Weltmaßstab bleiben. Es ging also um das breitere Begabtwerden und eben nicht allein um die Rekrutierung aus den schon gebildeten Schichten. Auf diesem Hintergrund war die am stärksten Bildungsbenachteiligte in Deutschland: das katholische Arbeitermädchen vom Land aus Bayern. Also unterprivilegiert unter Bildungs- und damit Zukunftschancen waren: Katholiken, Arbeiter, Landbevölkerung, Bayern. Heute heißen sie Semeret Micael, Mohamed Amin, etc., was nur andeuten soll, daß sich die Zielgruppe geändert hat, nicht aber der Anlaß der Förderung aus der einzigartigen Mischung von sozialen, humanitären und wirtschaftlichen Beweggründen, die also den jungen Menschen und seine Förderung, das, was Begaben bedeutet, bündelt.

Stiftung3 Polytechnische Gesellschaft Dominik BuschardtAuf diesem Hintergrund wird erst richtig verständlich, wenn Kaehlbrandt sagt: „Familien brauchen Unterstützung“. Das zehnjährige Jubiläum liegt schon hinter der Familienförderung, die zu 300 Personen im Palmengarten zusammenkamen, um das zu feiern, was als Gesamtfamilienförderung daraus geworden ist: Von den Willkommenstagen in der frühen Elternzeit, im letzten Jahr mit dem Präventionspreis der Hessischen Landesregierung ausgezeichnet, oder dem Diesterweg-Stipendium für Kinder und Eltern, was immerhin schon mehr als 2 300 Personen unterschiedlicher Herkunft gut taten. Überhaupt Diesterweg. Ein guter Anlaß, an Friedrich Adolph Wilhelm Diesterweg zu erinnern, der zumindest Pädagogikstudenten noch heute als bahnbrechender deutscher Pädagoge bekannt ist, der zudem Gründungsmitglied der Polytechnischen Gesellschaft war. Nein, er war kein Frankfurter, lehrte aber fünf Jahre all hier und hatte als Anhänger von Johann Heinrich Pestalozzi sich dessen didaktische Grundsätze von Anschauung und Selbsttätigkeit (gegen die damals stark formalisierte französische Bildung) zu eigen gemacht, Grundsätze, die auch heute das Rückgrat jeder modernen Didaktik sind.

Der Tätigkeitsbericht zitiert ihn auf Seite 17, wo das Kapitel BILDUNG beginnt: „Jeder soll nach seiner Fähigkeit und Begabung..., wenn es sein kann, in den Himmel wachsen.“. Und dieses wollen wir zum Schwerpunkt des nächsten Artikels machen.

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