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Kategorie: Zeitgeschehen
not mond3Esoc-Abend „Take me to the Moon“ in Darmstadt

Notker Blechner und Ulla Micheline

Darmstadt (Weltexpresso) - Vor genau 50 Jahren betrat der erste Mensch den Mond. Die Darmstädter Esoc nutzte den Anlass und die partielle Mondfinsternis für einen Diskussionsabend zwischen Astronauten, Experten und Publikum- unter dem Motto „Take me to the Moon“. Eines wurde an diesem Abend klar: Die nächste Reise zum Mond kommt bestimmt - vielleicht mit einem deutschen Astronauten.

not mondDie Nacht vom 21. Juli 1969 hat sich bei Ex-Astronaut Thomas Reiter tief eingeprägt. „Das war ein elektrisierendes Gefühl“, sagte er beim Themenabend im Darmstädter Satellitenkontrollzentrum der Europäischen Weltraumagentur Esoc. „Solche Momente gibt es nicht viele in der Geschichte der Menschheit.“ Sein Vater habe ihn damals mitten in der Nacht geweckt und ihn zu den Nachbarn mitgenommen. Diese hatten nämlich einen Farbfernseher - auch wenn die Bilder von Neil Armstrongs ersten Schritten auf dem Mond nur in Grautönen zu sehen waren. „Das war ein unglaubliches Erlebnis.“

Nach der Landung von Apollo 11 sei Reiter so begeistert gewesen, dass er einen Brief an Neil Armstrong und seine beiden Kollegen schrieb und ihnen zur Mondlandung gratulierte. Die Bilder von der Nacht des 21. Juli 1969 verstärkten seinen Traum, Astronaut zu werden. 36 Jahre später flog Reiter ins All - zur russischen Raumstation Mir - und dann 2006 zur Raumstation ISS, wo er fast ein Jahr lang blieb. Zum Mond durfte Reiter nicht.


Fliegt Maurer als erster Deutscher zum Mond?

Was dem heute 61-jährigen Ex-Astronauten und Manager bei der Esa verwehrt blieb, könnte vielleicht Esa-Astronaut Matthias Maurer schaffen: als erster Deutscher zum Mond zu fliegen. „Ich hoffe auf einen Flug nach 2021“, sagte er auf der Diskussion in Darmstadt. Auf die Frage, was er dort gerne machen würde, antwortete der 49-Jährige lakonisch: Ein „Haus bauen!“

Tatsächlich lockt der Mond 50 Jahre nach dem „großen Sprung für die Menschheit“ zunehmend Nationen und auch Unternehmen an. Manche sprechen schon vom neuen „Mondfieber“. China gelang es Anfang des Jahres, die Sonde "Chang'e 4" auf die erdabgewandte Seite des Mondes zu bringen. Indien setzt auf seine Chandrayaan-2-Mission, und Japan will im Jahr 2020 oder 2021 seine Mondsonde "Slim" auf die Reise schicken. Die USA haben angekündigt, 2024 erneut auf dem Mond landen zu wollen. Doch die Reise zum Mond ist nicht immer einfach. Das musste im April auch Israel erfahren, als die Raumsonde einer privaten Mission bei der Landung auf der Oberfläche zerschellte. Nun könnte Indien statt Israel zur vierten Mondlandenation der Welt werden.


Sprungbrett zum Mars

not mond2Nasa-Direktor Jim Bridenstine spricht von einem neuen „Wettlauf ins All“ wie in den 1960er Jahren. Diesmal gehe es aber nicht um das reine Prestige, zum Mond zu fliegen, sondern um wissenschaftliche, wirtschaftliche und logistische Ziele. Im Vordergrund stünde nun das Ziel, den Mond und seine Ressourcen zu nutzen und von dort aus auch Flüge zum Mars zu starten.

Ähnlich sahen das die Esoc-Experten auf der Podiumsdiskussion in Darmstadt. Auch Astronaut Maurer glaubt, dass der Mond helfen könnte bei der Beantwortung der Frage, wie das Leben auf die Erde gekommen sei und ob es da draußen noch irgendwo Leben gäbe. Der Mond sei wissenschaftlich weiterhin hoch interessant, da man durch ihn Rückschlüsse auf die Entstehung der Erde bekäme, sagte Missionsanalyst Michael Khan. Zudem verfüge der Erdtrabant über seltene Erden und Helium 3, das Energiequellen wie Kernfusion möglich machen könnte. Khan träumt davon, dass Satelliten mit Solartechnik die Erde umkreisen und zur Energieversorgung unseres Planeten beitragen.


Gemüse pflanzen auf dem Mond?

Der frühere Astronaut und jetzige Esa-Manager Reiter hält es gar für möglich, auf dem Mond Trinkwasser aufzubereiten und Gemüse anzupflanzen, da es auf dem Erdtrabanten Eis in den Kratertiefen am Südpol gibt. Spätestens da hatte man den Eindruck, dass den Astronomie-Experten in ihren Zukunftsvisionen die Fantasie durchgeht.

Allenfalls angedacht ist bisher, aus dem Wasser Atemluft und Raketentreibstoff zu gewinnen. Im Herbst wird auf der Esa-Ministerkonferenz in Sevilla über die Isru-Mission entschieden, die das Berliner Start-up PTScientists mit dem französischen Raketenbauer Ariane plant. In einer Studie wollen die Firmen erkunden, ob und wie auf dem Mond Wasser und Sauerstoff hergestellt werden kann.


Auf dem Weg zum Mond-Dorf

Wenn es nach den Plänen der Europäischen Weltraumorganisation Esa geht, könnte auch bald eine „Moon Village“ auf dem Erdtrabanten entstehen - als Ort, wo Menschen zusammen leben und arbeiten sollen. Klingt verrückt, aber ist offenbar ernst gemeint! Die Esa prüft die Möglichkeit, mit 3-D-Druckern aus Mondstaub dieses so genannte „Mond-Dorf“ zu bauen.

Die Darmstädter freuen sich über die Mond-Pläne der USA für 2024. Mehrere deutsche Unternehmen werden Technik dazu beisteuern – insbesondere für die geplante Raumstation, den Gateway, der um den Erdtrabanten kreisen soll. Im Auftrag der Esa schraubt Airbus an dem European Service Module, das der Antrieb für das neue Orion-Raumschiff der Nasa werden soll. „Wir liefern quasi die Hardware“, sagt Esoc-Direktor Rolf Densing stolz. Und schritt dann hinüber auf das Parkdeck der Esoc, von wo aus die Raumfahrt-Experten sowie rund 100 Gäste und Journalisten das Spektakel der partiellen Mondfinsternis bewunderten.


Fotos:
Partielle Mondfinsternis
Podiumsdiskussion mit den Teilnehmern
Blick in einen Esoc-Kontrollraum
alle Fotos © Ulla Micheline

Info:
Esoc
https://www.esa.int/About_Us/ESOC