Bildschirmfoto 2019 09 27 um 03.33.41Regierungsbildung: Jetzt ist Bibi an der Reihe

Jacques Ungar

Tel Aviv (Weltexpresso) - Zwar sind Propheten in Israel nicht direkt abgeschafft worden, aber die Gilde hat es heute klar schwieriger im Jüdischen Staat, ihren Beruf des Vorhersagens der Zukunft standesgemäss auszuüben. Das gilt sicher seitdem Staatspräsident Reuven Rivlin am Mittwoch bekanntgab, den gegenwärtigen Premierminister und Likudchef Benjamin Netanyahu mit der Aufgabe zu betrauen, eine Regierungskoalition zu bilden, nachdem die Gespräche zwischen dem Likud und Benny Gantz (Blauweiss) für die Gründung einer Regierung der nationalen Einheit laut Rivlin gescheitert waren.

In seinen Ausführungen, in denen er Rivlins Auftrag annahm, sagte Netanyahu, er tue dies im Bewusstsein, dass er keine bessere Chancen habe, eine Regierung zu bilden. «Meine Unfähigkeit ist aber etwas kleiner als die von Gantz», sagte Bibi, «da keiner von uns in der Lage sein wird, eine Regierung zu bilden ausser zusammen».
Netanyahu bezeichnete eine Regierung der nationalen Einheit als das Gebot des Tages. Dabei betonte, getreu seiner Gewohnheit, das Volk immer gerne mit dem Rücken zur Wand zu treiben, die Gefahr, die durch die «Geistesgegenwart und Chutzpa Irans» gestellt werde. Er sprach auch von Trumps Deal des Jahrhunderts, der eine starke, vereinte Regierung erfordere, um seine östliche Grenze angesichts der amerikanischen Forderungen zu behaupten. Töne, die von Washington wohl nicht für selbstverständlich gehalten werden.

«In den 71 Jahren der Existenz Israels haben wir keine solche Gelegenheit wie den US-Deal gehabt», bekräftigte der Regierungschef und fügte hinzu, dass seiner Meinung nach die Details des Planes nur veröffentlicht werden würden, «wenn wir als eine einzige, breite Front dastehen». - Benny Gantz seinerseits ging in die Defensive: «Meine Partei wird nicht in einer Regierung sitzen, die einen Premierminister hat, gegen den eine schwerwiegende Anklage droht».

Foto:
© tachles

Info:
Nachdruck des Artikels mit freundlicher Genehmigung aus dem Wochenmagazin TACHLES vom 26. September 2019