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WELT Corona-Update

Hamburg (Weltexpresso) - Das Konjunkturpaket ist die Überraschung der Woche. Mit einer Senkung der Mehrwertsteuer für sechs Monate ist der Großen Koalition ein Coup geglückt, den bei der Ausschließeritis von Maßnahmen im Vorfeld kaum jemand für möglich gehalten hatte. 130 Milliarden Euro sollen die Wirtschaft wieder anschieben, die nun aus dem Gröbsten der Corona-Krise heraus ist.

Fast gleichlautend rechtfertigte Merkel das größte Konjunkturpaket der Nachkriegsgeschichte in zwei Interviews in ARD und ZDF: „Wir haben die schwierigste wirtschaftliche Lage, die schwerste Krise seit dem Bestehen der Bundesrepublik Deutschland.“ Deshalb gibt es jetzt eine Steuersenkung, einen Bonus von 300 Euro pro Kind für Familien, Milliarden für die Kommunen, für Investitionen in Digitalisierung und Klimaschutz – in Summe 57 Maßnahmen.

Von hellauf begeisterten Ökonomen bis zu den Grünen („Besser als befürchtet“, Annalena Baerbock) gibt es Anerkennung. Verlierer ist der Verband der Automobilindustrie. Eine Neuauflage der Abwrackprämie wie zur Finanzkrise haben CDU, CSU und SPD abgeschmettert. Verbandspräsidentin Hildegard Müller hat ihre entscheidende Schlacht verloren.

Finanziert wird das Konjunkturpaket über neue Schulden. Deutschland kann sich die roten Zahlen leisten, weil in den vergangenen Jahren Überschüsse erwirtschaftet worden sind – und auch weil die Zentralbank weiterhin mit Milliarden nachhilft. Die EZB hat beschlossen, die Ankäufe von Staats- und Unternehmensanleihen um 600 Milliarden auf 1,35 Billionen Euro aufzustocken.


Was diese Woche sonst in Deutschland, Europa und der Welt passiert ist, haben wir für Sie zusammengefasst. 


Die Lage in Deutschland

Die Zahl der Neuinfektionen in Deutschland bleibt niedrig, stieg zuletzt aber leicht an. Dem RKI neu bestätigten Fälle diese Woche: 507 (Freitag), 394 (Donnerstag), 342 (Mittwoch), 213 (Dienstag), 333 (Montag). Damit haben sich seit Beginn der Corona-Krise 183.271 Menschen in Deutschland nachweislich mit Sars-CoV-2 angesteckt. Bislang starben 8613 Menschen an den Folgen der Pandemie.

Die Reproduktionsrate lag am Freitag bei 0,57 – deutlich unter dem kritischen Wert von 1,0. Seit Donnerstag überschreitet Bremerhaven den von Bund und Ländern vereinbarten Grenzwert von 50 Corona-Neuinfektionen pro 100 000 Einwohnern innerhalb von sieben Tagen. Die meisten Fälle stehen im Zusammenhang mit einem Ausbruch in einer Pfingstgemeinde in der Stadt.

Auch Göttingen kämpft mit einem Ausbruch. Die Zahl der Neuinfizierten nach mehreren Familienfeiern zum Ende des Fastenmonats Ramadan stieg auf 120. Alle bisher nicht untersuchten Bewohner eines Wohnkomplexes, der als Hauptort des Infektionsgeschehens gilt, sollen getestet werden. Hunderte Schulkinder müssen in Quarantäne. Mannschafts- und Kontaktsport ist für die nächsten zwei Wochen wieder verboten. Das zeigt: Die Kommunen sind in der Lage Beschränkungen nicht nur runter-, sondern wieder hochzufahren.

Die Landesregierung in Rheinland-Pfalz hat beschlossen: Blasorchester und Bordelle dürfen wieder öffnen. Kunden in Rotlichtvierteln müssen allerdings Name und Adresse hinterlassen. Erst Vorspiel, dann Nachverfolgung.


Die Lage in Europa

Europa rückt wieder zusammen. Einreisen nach Deutschland aus EU-Staaten sollen bald wieder ohne Grund möglich sein, hat Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) in Aussicht gestellt. Die Reisewarnung – bisher weltweit geltend – wird am 15. Juni für die meisten Mitgliedstaaten der EU, Großbritannien, die Schweiz, Norwegen, Island und Liechtenstein aufgehoben. Sie wird durch Reisehinweise ersetzt. Was das für den Sommerurlaub bedeutet, wird noch erläutert.

Auch unsere Nachbarn rücken mit. Tschechien öffnete Freitagmittag die Grenzen für Bürger aus Deutschland, Österreich und Ungarn. Österreich wiederum stellte die Pass- und Gesundheitskontrollen an den Übergängen nach Deutschland, Liechtenstein, Schweiz, Tschechien, Slowakei, Ungarn und Slowenien ein. Die Beschränkungen an der Grenze zu Italien bleiben allerdings.

Fluglinien nehmen diese Einladungen dankend an. 159 Ziele in 63 Ländern sollen im Juni laut Bundesverband der Deutschen Luftverkehrswirtschaft von deutschen Flughäfen aus angesteuert werden. TUI will am 17. Juni mit dem Sommerflugplan starten. Hauptziele sind die Balearen, Kanaren, Griechenland, Portugal und Zypern. Die Lufthansa – Donnerstagnacht aus dem DAX geflogen – will im September schon wieder 90 Prozent aller geplanten Kurz- und Mittelstrecken bedienen. Sogar der Berliner Flughafen Tegel macht nun doch nicht vorzeitig dicht.


Die Lage in der Welt

Die Zahl der weltweit registrierten Coronavirus-Infektionen liegt inzwischen laut der Johns-Hopkins-Universität bei 6,67 Millionen. Mehr als 391.800 Menschen starben bereits an der durch das Coronavirus ausgelösten Lungenkrankheit Covid-19.

Brasilien (614.941 Infizierte) überholte inzwischen Italien und rückt auf den traurigen dritten Platz der meisten Coronatoten vor. Mit 34.021 Todesfällen liegt das Land hinter Großbritannien (39.987 Tote) und weit hinter den USA (108.278 Tote). Und die Pandemie hat noch nicht ihren Höhepunkt erreicht. Mit 1473 Todesfällen innerhalb eines Tages meldete Brasilien am Donnerstag den höchsten Anstieg seit Beginn der Pandemie – mehr als ein Toter pro Minute.

In Lateinamerika leiden außerdem Peru (5031 Tote und 183.198 Infizierte) und Mexiko (12.545 Tote und 105.680 Infizierte) schwer unter der Corona-Pandemie. „Dies ist das neue Epizentrum“, sagte Dr. Marcos Espinal, Direktor für übertragbare Krankheiten bei der Panamerikanischen Gesundheitsorganisation, zu den Corona-Zahlen in Lateinamerika. Besonders betroffen ist auch in Mexiko die bevölkerungsreichste Region rund um die Hauptstadt Mexiko-Stadt.


Die Lage an den Börsen

Der deutsche Leitindex hat den Corona-Crash fast schon wieder aufgeholt. Um fast 4600 Punkte oder rund 55 Prozent hat sich der DAX vom Tief Mitte März erholt. Der Wochengewinn summiert sich auf fast 11 Prozent – die beste Börsenwoche seit Anfang April. Der Index stieg den vierten Tag in Folge kräftig um diesmal 3,36 Prozent auf 12.847,68 Punkte. Spinnen die Börsianer komplett, fragen sich die WELT-Wirtschaftsjournalisten Dietmar Deffner und Holger Zschäpitz deshalb in ihrer neuesten Podcastfolge.


Und was Hoffnung macht...

Die USA führen die Corona-Statistiken mit über 1,87 Millionen Infizierten und über 100.000 Toten an. Die Ausschreitungen nach dem Tod des Afroamerikaners George Floyd erschüttern, die Auftritte des US-Präsidenten Donald Trump spalten das Land. Die Arbeitslosigkeit ist im Mai allerdings überraschend gesunken. Sie ging auf 13,3 Prozent von 14,7 Prozent im April zurück, wie die Regierung am Freitag mitteilte. Experten hatten mit einem Anstieg auf 19,8 Prozent gerechnet.

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