Drucken
Kategorie: Zeitgeschehen
radio oberhausen coroKundenservice der WELT zu Corona vom Vorvortag, 46

WELT Corona-Update

Hamburg (Weltexpresso) - Während sich die Corona-Lage in Deutschland weiterhin deutlich entspannt, kam es in dieser Woche erneut zu einer Virologen-Debatte. Hendrik Streeck hat den deutschen Lockdown mit seinen gravierenden Folgen umfassend kritisiert. Nach dem ersten Verbot von Großveranstaltungen im März seien die Infektionszahlen bereits gesunken. „Die weiteren Maßnahmen wie Kontaktbeschränkungen hätte ich dann vom tatsächlichen Verlauf abhängig gemacht, auch um zu sehen, wie die einzelnen Beschränkungen wirken und ob zusätzliche Schritte wirklich nötig sind“, sagte der Direktor des Instituts für Virologie der Universitätsklinik Bonn.

Stattdessen sei Deutschland „zu schnell in den Lockdown gegangen“, weil neben der Sorge um die Kapazität der Krankenhäuser „ein gewisser Druck in der Öffentlichkeit“ bestand. Mit Blick auf die verschiedenen Positionen zur Pandemie in Wissenschaft und Politik sagte Streeck, „nur warnen und mahnen kann man ja sehr leicht. Im Zweifel ist man als Mahner gesellschaftlich besser aufgehoben.“ Er plädiere allerdings für einen realistischen Blick.

Christian Drosten widersprach Streeck in seinem Podcast indirekt. Er verwies auf eine Studie, nach der in Deutschland ohne den Lockdown bis Anfang Mai bis zu 570.000 Menschen hätten sterben können.

Ein führender britischer Wissenschaftler hat wiederum die zu späten Ausgangsbeschränkungen für die hohe Zahl der Corona-Toten in seinem Land verantwortlich gemacht. Wäre der Lockdown nur eine Woche früher angeordnet worden, hätte es nur halb so viele Todesopfer gegeben, sagte Neil Ferguson, Professor für mathematische Biologie am Imperial College, am Mittwoch im Parlament in London. Es sei im März unterschätzt worden, wie schnell sich das Virus ausbreite.

Was ansonsten in Deutschland, Europa und der Welt passiert ist, haben wir wie immer noch einmal für Sie zusammengefasst. 
Wichtiger Hinweis: Dies ist heute der vorerst letzte "Corona-Update"-Newsletter. Nachdem sich die Nachrichtenlage rund um das Virus in den vergangenen Wochen wieder nach und nach reduziert hat, decken wir diese künftig wieder in den sonstigen Newslettern von WELT ab - zusammen mit allen anderen wichtigen Themen.  
 

Die Lage in Deutschland

Innerhalb von 24 Stunden haben die Gesundheitsämter in Deutschland dem Robert Koch-Institut (RKI) 258 neue Infektionen mit dem Coronavirus gemeldet. Damit haben sich seit Beginn der Corona-Krise 185.674 Menschen in Deutschland nachweislich mit Sars-CoV-2 angesteckt, wie das RKI am Freitagmorgen meldete (Datenstand 12.6. 0 Uhr). Die Reproduktionszahl, kurz R-Wert, liegt weiter unter der kritischen Marke von 1,0 bei nun 0,88.

Eine zweite Infektionswelle mit dem Coronavirus kann in Deutschland nach Einschätzung von Bundesfinanzminister Olaf Scholz vermieden werden. Die Chance sei „sehr, sehr groß, dass wir daran vorbeikommen, dass uns diese große Problematik erreicht“, sagte der SPD-Politiker am Freitag in Berlin. Das Leben in der „neuen Normalität“ mit dem Virus müsse so organisiert werden, dass es nicht zu einer zweiten Welle komme. Dafür gebe es Regeln wie die Maskenpflicht, aber auch die massive Stärkung des Gesundheitsdienstes.

Kanzleramtschef Helge Braun hat an die Bürger appelliert, sich weiter an die Abstandsregeln und Kontaktbeschränkungen in der Corona-Krise zu halten. Dass die Infektionszahlen in Deutschland so niedrig seien, habe mit der sehr guten Disziplin der Gemeinschaft zu tun und nicht damit, dass das Coronavirus nicht gefährlich sei, sagte der CDU-Politiker am Donnerstagabend in der ZDF-Sendung „Maybrit Illner“. Auch wenn Deutschland an vielen Stellen jetzt zur Normalität zurückkehre, müssten die elementaren Regeln solange durchgehalten werden, bis es eines Tages einen Impfstoff gebe.

Die Lufthansa will spätestens Anfang Juli an den Flughäfen in Frankfurt und München zusammen mit Partnern Corona-Tests anbieten. Passagiere könnten sich vor dem Abflug auf das Virus untersuchen lassen und das Ergebnis liege binnen vier Stunden vor, sagte ein Konzernsprecher am Freitag. Sollte bei Economy-Kunden auf Langstreckenverbindungen der Wunsch nach einem freien Mittelsitz aufkommen, erwäge auch die Lufthansa, dies nach dem Vorbild ihrer Billig-Tochter Eurowings einzuführen – allerdings gegen Aufpreis. „Billig wird das nicht“, sagte Lufthansa-Vorständin Christina Foerster dem „Spiegel“.


Die Lage in Europa

Die Türkei hat enttäuscht auf die von der deutschen Bundesregierung verlängerte Reisewarnung bis 31. August für das Land reagiert. Ankara erwarte, dass Deutschland die Reisewarnung „zum frühestmöglichen Zeitpunkt“ aufhebe, sagte der türkische Außenminister Mevlüt Cavusoglu dem „Spiegel“. Alles sei vorbereitet für eine sichere Reise in die Türkei. Die von seinem Land ergriffenen Maßnahmen würden unter anderem vom TÜV Süd überprüft. „Die wissenschaftlichen Gründe hinter der Entscheidung sind für uns nur schwer zu verstehen“, sagte er.

Das Bundeskabinett hatte am Mittwoch beschlossen, die Reisewarnung für mehr als 160 Staaten außerhalb der EU bis Ende August zu verlängern. Bundesaußenminister Heiko Maas (SPD) kündigte am Donnerstag Gespräche mit einzelnen Drittstaaten über eine frühere Aufhebung der Reisewarnung an. Dies hänge von den Infektionszahlen, der Leistungsfähigkeit des jeweiligen Gesundheitssystems, den Sicherheitsmaßnahmen vor Ort sowie der Situation bei Hin- und Rückflügen zusammen. Auch mit der Türkei stehe die Bundesregierung dazu im engen Dialog.

Schweden verzeichnet die bislang höchste Anzahl von Corona-Neuinfektionen binnen eines Tages. 1474 Erkrankungen seien hinzugekommen, teilte die Gesundheitsbehörde mit. Der Rekord-Anstieg sei eine „direkte Konsequenz vermehrter Tests“. Dadurch seien auch Fälle erfasst worden, bei denen die Betroffenen nur milde Symptome gezeigt hätten. Insgesamt seien nunmehr 48.300 Infektionen bestätigt. Die Zahl der Corona-Toten kletterte auf 4814. Pro Kopf sind das deutlich mehr als in den benachbarten nordeuropäischen Ländern, aber weniger als in den am schlimmsten betroffenen europäischen Staaten Spanien, Großbritannien und Italien. Schweden hat mehr auf freiwillige Maßnahmen statt auf Vorschriften gesetzt. Die Sterblichkeitsrate liegt aber höher als in anderen nordischen Staaten.


Die Lage in der Welt

Weltweit zählt die Johns-Hopkins-Universität inzwischen mehr als 7,5 Millionen Infektionsfälle. Fast 425.000 Menschen sind demnach an der Lungenkrankheit Covid-19 gestorben.

Die Regierung der USA lehnt einen erneuten Lockdown bei einer möglichen zweiten Coronavirus-Infektionswelle ab. „Wir können die Wirtschaft nicht dicht machen“, sagte Finanzminister Steven Mnuchin am Donnerstag bei CNBC. „Ich denke, wir haben gelernt, dass man mehr Schaden verursacht, wenn man die Wirtschaft dicht macht.“ In den USA wurden bereits mehr als zwei Millionen Coronavirus-Infektionen und mehr als 113.000 Todesfälle bestätigt – die mit Abstand höchsten Zahlen weltweit. Experten fürchten wegen der Lockerungen der Corona-Beschränkungen ein weiteres Anwachsen der Infektionen. Zuletzt wurde in mehreren Bundesstaaten wie Texas und North Carolina ein erneuter Anstieg der Patientenzahlen beobachtet.

Indien hat bei den Infektionszahlen Großbritannien überholt und liegt hinter den USA, Brasilien und Russland mit fast 300.000 Infizierten weltweit nun auf Platz vier. Die Regierung der Millionenmetropole Delhi hat vor einer Überforderung des Gesundheitssystems gewarnt. Die gegenwärtig fast 29.000 Fälle im Großraum Delhi dürften bis Ende Juli auf 550.000 steigen, sagte Vize-Chefminister Manish Sisodia am Dienstag. Bis dahin würden 80.000 Betten benötigt, vorhanden seien jedoch nur knapp 9000. Der Anstieg der Fallzahlen könne für Delhi „ein großes Problem“ werden. Dort leben mehr als 20 Millionen Menschen. Aktuell ist noch Mumbai das Epizentrum des Virus in Indien.

Brasilien steht bei den Corona-Toten weltweit hinter den USA und Großbritannien auf Platz drei. Nachweislich mit dem Virus infiziert haben sich in dem Land bislang 802.828 Menschen. Die tatsächliche Zahl dürfte weit höher liegen, auch weil Brasilien sehr wenig testet, im öffentlichen Gesundheitssystem etwa nur schwere Fälle. Wissenschaftliche Studien legen nahe, dass die Zahl der Infizierten mindestens sieben Mal höher ist als bislang bekannt. Über 41.000 Menschen sind in Brasilien an den Folgen von Covid-19 gestorben.

Zunehmend problematisch wird die Lage auch in Südafrika, wo insbesondere die Region Kapstadt sehr stark vom Coronavirus betroffen ist - dort noch einmal speziell die dicht besiedelten Townships. Seit etwa einer Woche sind die Neuinfektionszahlen dort auf einem neuen Rekordhoch. In Südafrika ist aktuell Winter und damit Erkältungs- und Grippezeit. Der führende Virologe Südafrikas, Professor Salim Abdool Karim, rechnet für Ende August mit dem Höhepunkt der ersten Welle im Land.


Die Lage an den Börsen

Der Dax ist kurz vor Börsenschluss ins Minus geraten. Er verlor ein knappes halbes Prozent auf 11.918 Punkte. Börsianer verweisen auf abbröckelnde Kurse an der Wall Street. Die Leitindizes Dow Jones, Nasdaq und S&P 500 geben ihre anfänglichen Gewinne fast vollständig ab. Im Vergleich zum Wochenbeginn hat der Dax damit wieder fast 1000 Punkte verloren - am Montag stand er noch bei 12.893. Vor allem am Donnerstag brach der Kurs deutlich ein,

Foto:
© radiooberhausen.de