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Kategorie: Zeitgeschehen
Bildschirmfoto 2020 07 12 um 08.00.27Corona und Israel

Redaktion tachles

Jerusalem (Weltexpresso) - Die wieder strengeren Massnahmen gegen Corona in Israel zwingen etliche Geschäfte zur erneuten Schließung und erzeugen dadurch viel Verzweiflung und auch Unsicherheit darüber, was denn nun für wen gelten solle.

Viele sehen nicht, wie sie einen zweiten Lockdown überleben könnten. Zu ihnen zählen in erster Linie Gastronomiebetriebe, Fitnesscenters und einige andere Branchen. Doch Not macht erfinderisch, so etwa Yaron Cohen, den Inhaber des Crossfit Gyms in Beit She’an. Er kündigte am Dienstagmorgen auf seiner Facebook-Seite an, dass er nicht schließen werde, sondern statt Fitness nun Thora-Unterricht anbieten werde. Denn dieser sei in Gruppen bis zu 19 Leuten noch erlaubt.

Damit will der Geschäftsmann nicht nur seine Existenz sichern, sondern auch die Irrationalität der Anordnungen der Regierung aufzeigen. Er sei, sagte Cohen, nun 25 Jahre dem Likud gefolgt, nun aber habe er das Vertrauen in Netanyahu verloren. Er habe sein Fitnesscenter während des ersten Lockdown geschlossen, aber für die zwei Monate der Schließung lediglich 3000 Schekel (870 Dollar) erhalten. Deshalb sei er derzeit erst am Anfang der Rückzahlung von eingegangenen Schulden und werde, wenn er nicht staatliche Hilfe erhalten, sein Geschäft ganz sicher nicht noch einmal schließen.

Hart getroffen wird auch Zohar Niv, Mitbesitzer eines Pubs und Nachtclubs in Ramat Yishai. Am Dienstagmorgen ging er zuerst zur Bank, um einen staatlich garantierten Kredit für Unternehmen zu beantragen, die aufgrund finanzieller Schwäche keinen regulären Kredit erhalten können. Dann ging er in seinen Pub, schaltete den Strom ab, stellte den Müll raus und schloss ihn zu. Zuvor hatte er 30 angezapfte Fässer Bier wegleeren müssen. Er wollte eigentlich am Dienstag seine Gäste noch zu Gratisbier einladen, um es nicht entsorgen zu müssen. Dann aber habe er vernehmen müssen, dass die Schließungsverfügung bereits wirksam sei. Nun müsse er noch bereits verkaufte Tickets für eine Show in seinem Nachtclub, die zweimal verschoben werden musste und nun wieder nicht stattfinden kann, rückerstatten. Niv hatte während des ersten Lockdowns etwas Geld durch ein Crowdfunding sammeln können. Alle, die sich lediglich auf die Versprechungen der Regierung bezüglich Hilfskrediten für coronabetroffene Geschäfte verlassen hätten, so sagte er verbittert, hätten ihre Unternehmen bereits verloren. «Man lässt uns in diesem Krieg alleine; seit März war niemand für mich da, mit dem ich über Hilfe hätte sprechen können.»

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© tachles

Info:
Nachdruck des Artikels mit freundlicher Genehmigung aus dem Wochenmagazin TACHLES vom 9. Juli 2020