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Kategorie: Zeitgeschehen
n1 tv.deIsraels Sozialarbeiter im Ausstand
 
Redaktion tachles

Jersusalem (Weltexpresso) - Schon seit 17 Tagen streiken in Israel die Sozialarbeitenden. Am Dienstag demonstrierten Hunderte von ihnen in Tel Aviv, nachdem die Gespräche zwischen den Gewerkschaften und dem Finanzministerium vorerst eingestellt wurden.

Dabei geht es einerseits um die geringe Entlöhnung, aber auch um eine zu hohe Arbeitslast durch die Zuteilung von oft Hunderten von Familien pro Sozialarbeitendem sowie die unzähligen nicht bezahlten Überstunden und die Gewalt, der sie bei ihrer Arbeit immer wieder ausgesetzt sind. Durch den Streik verlieren derzeit 1,5 Millionen Israeli, die entweder in Armut leben, Gewaltopfer oder vulnerable Kinder sind, sowie unzählige alleinstehende SeniorInnen und Behinderte die ihnen üblicherweise zur Verfügung stehenden Dienste.

Sie alle benötigen aber diese staatliche Unterstützung, jetzt noch mehr als in Zeiten vor Corona. In einer Ansprache anlässlich der Demonstration, die auf dem Rabin-Platz in Tel Aviv stattfand, sagte Inbal Hermoni, Präsidentin der Gewerkschaft der Sozialarbeitenden, dass Letztere nicht mehr bereit seien, als Feigenblatt zu dienen, hinter dem der Kollaps der sozialen Dienste versteckt werden könne.

Ron Huldai, Tel Avivs Bürgermeister, schloss sich den Demonstrierenden an und sagte, dass das Finanzministerium in dieser Krise nun umgehend intervenieren müsse. Der Arbeitskampf der Sozialarbeitenden sei ein Kampf der Schwachen ohne Macht, welche für die noch Schwächeren sorgen.

In den am Sonntag zum Stillstand gekommenen Gesprächen mit dem Finanzministerium hatte sich dieses geweigert, während der Coronakrise eine Erhöhung der Saläre auch nur in Betracht zu ziehen. Einzig eine Neustrukturierung der bestehenden Gehälter und ein Darlehen von ein paar hundert Schekeln für eine Laufzeit von eineinhalb Jahren wurde den Forderungen nach spürbar höheren Löhnen entgegengesetzt.

Dies veranlasste die Sozialarbeitenden zur Aussage, dass sie, wenn nötig, noch monatelang und bis zur Erfüllung ihrer Forderungen weiterstreiken würden. Dieser festgefahrenen Situation steht diametral gegenüber, dass sich das Finanzministerium am Montag mit dem Pflegepersonal – das lediglich einen Tag gestreikt hatte – insofern einigte, dass dessen Forderungen nach Tausenden neuer Stellen und einer Gehaltserhöhung akzeptiert wurden.

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© n-tv.de

Info:
Nachdruck des Artikels mit freundlicher Genehmigung aus dem Wochenmagazin TACHLES vom 22. Juli 2020