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Kategorie: Zeitgeschehen
KJS BurgerfunkErfahrungen beim Bremer Bürgerradio

Klaus Jürgen Schmidt

Nienburg/Weser (Weltexpresso) – Vor über dreißig Jahren hatte ich Bremen verlassen, um in Afrika als »Rundfunk-Berater« u.a. dabei zu helfen, dass Stimmen des Südens von Ohren im Norden gehört werden können, ich baute an einer »Übersee-Brücke«. Nach meiner Rückkehr merkte ich: In Bremen wird offenbar für ungehörte Bürgerstimmen eine Brücke zum »Bürgerradio« gebraucht!

Als ich einem alten Kollegen meine Idee vorstellte, Sendungen für den Bremer Bürgerrundfunk zu produzieren, u.a. mit deutschsprachigen Programm-Versionen meiner afrikanischen Kollegen, sagte der mir: »Da kannst du dich gleich auf ein Podest an den Marktplatz stellen!« Und er meinte nicht die beabsichtigten Programm-Inhalte, sondern eher das Verhallen im Nichts von Sendungen bei:

»RADIO WESER.TV« https://rwtv.bfbu.de/

Wie kann das sein, fragte ich mich – ein Bürgerradio, einst eingerichtet, um neben kommerziellen Radio- und Fernsehbetreibern »Graswurzel«-Stimmen eine Chance zu geben, finanziert aus Bruchteilen der Rundfunk-Gebühren, verwaltet von den jeweiligen Landesmedien-Anstalten, in Bremen nun aber kaum noch wahrnehmbar als öffentliches Medium? Potentielle Hörer des Bremer Bürgerrundfunks haben keine Gelegenheit, anderenorts davon zu erfahren, wo, wie und was ihnen engagierte Radiomacher zu Gehör bringen möchten. Und von denen sind einige bald 30 Jahre dabei. Sie haben erlebt ...

... wie Jahr um Jahr das Budget reduziert und nicht abgerufene Gelder aus Rundfunkgebühren statutengemäss bei Radio Bremen landeten,

... wie ihnen verboten wurde, selber Sponsoren für ihre Programmarbeit zu finden, während der große öffentlich-rechtliche Bruder sich immer öfter Programme ungeniert sponsern lässt,

... wie aus einer einst lebendigen Radiomacher-Community mit einer eigenen Begegnungsstätte internetkompatible Individual-Produzenten wurden, die sich nicht mehr persönlich kennenlernen, sondern von daheim oder aus dezentralen Stationen ihre Programme digital einspeisen,

... wie ihr Bürgerradio samt automatisierter Sendeanlage in drei kleinen Büros im Verwaltungshaus der Bremischen Landesmedienanstalt versteckt wurde,

... wie Bremer Politiker eine Debatte darüber begannen, den Bürgerfunk eventuell ganz verzichtbar zu machen,

... zusammenfasst: wie das Bremer Bürgerradio zur Bedeutungslosigkeit geschrumpft wurde.

Eine »Bürger-Brücke« – z.B. als Produktionsgenossenschaft für das Bürgerradio angesiedelt bei der Bremer Bürgerstiftung mit ihren Institutionen, Stiftungen und Vereinen – könnte auch den bisherigen Machern des Bremer Bürgerfunks neue Impulse geben, ihnen zugleich eine neue Begegnungsstätte bieten und dabei ihre Kreativität mit der Vermittlung von Medien-Kompetenz weiter fördern.

EIN VERSUCH: Gesendet: Montag, 7. Januar 2019

An die Direktion der Bremischen Landesmedienanstalt

Betreff: Gründung einer RADIOBERÜCKE EUROPA?

Guten Tag Frau Holsten!

Zum Neuen Jahr schicke ich Ihnen (und Bremens Bürgermeister Carsten Sieling sowie der Vertreterin der Freien Hansestadt Bremen bei der Europäischen Union) eine neue Idee, die u.a. auf meinen Erfahrungen beim Bremer Bürgerradio gründen, vor allem aber auf jenen meiner fast 30-jährigen Medienarbeit in Afrika.

Ich bin gespannt auf Ihre Antwort ... und hier kommt die Idee:


QUO VADIS BÜRGERRADIO?

Europäischer Workshop in Bremen: Bestandsaufnahme & Perspektiven / Gründung einer RADIOBERÜCKE EUROPA

Ein Projektvorschlag für den Bremer Senat, für die Bremische Landesmedienanstalt & für die Bremer Vertretung bei der Europäischen Union in Brüssel

Der Hintergrund:

Schon im Jahr 2009 wurde vom Ministerkomitee des Europarats gefordert, die sogenannten Community Radios als dritte nichtkommerzielle Säule neben öffentlich-rechtlichen und privat-kommerziellen Medien als förderungswürdig anzuerkennen. Das wurde auch vom Europäischen Parlament bestätigt.

Statt eines öffentlich geförderten Netzwerkes europäischer Bürgerradios, in dem Programme zu lokalen Themen durch engagierte Bürger produziert und ggf. auch ausgetauscht werden, ist in den vergangenen zehn Jahren ein regionaler Flickenteppich entstanden, der von immer weniger Bürgern als ernst zu nehmendes Medium wahrgenommen wird. Auch ist zu beobachten, dass von politischen Entscheidern auf föderaler Ebene unter dem Stichwort »Bürgerradio« zunehmend auf die Vermittlung von Kompetenz bei der Rezeption von Medien aber kaum noch bei deren Produktion und Verbreitung Wert gelegt wird.

Der Vorschlag:

Zehn Jahre nach der Forderung des Europarates, Community-Radios als förderungswürdig anzuerkennen, macht das Bundesland Bremen ernst:

Aus den Mitgliedsländern der Europäischen Union werden – mit zuvor eingeworbenen EU-Mitteln – lokale Initiativen zu einem mehrtägigen Workshop in die Hansestadt eingeladen. An dessen Ende soll eine öffentlich-rechtlich geförderte »Radiobrücke Europa« gegründet werden. Sie soll die ständige Produktion, Ausstrahlung und den gelegentlichen Austausch lokal hergestellter Radioprogramme ermöglichen. Als Mechanismus dafür wird ein ebenfalls gefördertes Volontariat/Reise-Programm zwischen teilnehmenden Bürgerradios sowie anderen interessierten lokalen Vereinen (z.B. auch Volkshochschulen) eine wichtige interkulturelle Erfahrung vermitteln.

Ein solches Volontariat wird es zugleich erlauben, ausgewählte lokale Radioprogramme zur Ausstrahlung in unterschiedlichen europäischen Sprach-Versionen zur Verfügung zu stellen. Als Praktikanten können dabei Absolventen von formalen und nicht-formalen Medien-Lehrgängen hilfreich sein, die vor Ort mit den Ehrenamtlichen von Community-Radios zusammenarbeiten.

Das Volontariat/Reise-Programm soll vor allem jungen Menschen die Möglichkeit eröffnen, alte Traditionen von verantwortungsbewusstem Lokaljournalismus mit neuen Erfahrungen sogenannter sozialer Medien zu verknüpfen.

Community-Radios als Mittler zwischen Generationen und Kulturen in Europa!

Und die Hansestadt Bremen mit einem EU-geförderten ständigen Koordinationsbüro dafür?


REAKTION: Von: Cornelia Holsten

Verschickt: Di, 8. Jan. 2019 18:00

Betreff: AW: Att.: Direktion / Gründung einer RADIOBERÜCKE EUROPA?

Sehr geehrter Herr Schmidt,

Vielen Dank für Ihre Nachricht und Ihre schöne Idee! Wir werden die Angelegenheit prüfen und kommen alsdann wieder auf Sie zu.

Mit freundlichen Grüssen, Cornelia Holsten, Direktorin, Bremische Landesmedienanstalt


EIN LETZTER VERSUCH:

Am 31.07.2019

Moin, Frau Holsten! Kann aus der »schönen Idee« noch 'was werden?

... fragt Klaus Jürgen Schmidt

SEITHER FUNKSTILLE! ...

>> Bearbeiteter Auszug aus dem soeben beim Bremer Kellner-Verlag erschienenen Buch des Autors: „Wie ich lernte, die Welt im Radio zu erklären“ www.radiobridge.net <<



Foto:
Screenshot KJS-Website