Bildschirmfoto 2020 11 07 um 02.55.02Natanyahu bastelt an einem Narrativ gegen Biden

Redaktion

Tel Aviv/WeltexökkkAnders als (Noch-)Präsident Donald Trump, ist Israels Premier Binyamin Netanyahu ein kluger, vorsichtiger und misstrauischer Politiker. Und so bereitet er sich auf alle möglichen Fälle vor. Er kennt die wahren Umfragen, denn er nutzte bei seinen Wahlkampagnen teilweise dieselben Umfrageexperten wie Trump.

Mit dem Unterschied, dass er auf sie hörte, Trump aber nicht. Und so hat er deren Ergebnisse, die sie für den US-Präsidenten angefertigt hatten, gelesen. Anders als Trump. Netanyahu ahnt, dass Trump die Wahl verlieren könnte. Und dann hätte er wieder die «altbekannte» Situation: einen demokratischen Präsidenten, der ihm, wie schon Clinton oder Obama, gar nicht gut gesonnen ist. Wohlgemerkt: ihm, nicht Israel.

Und da beginnt Netanyahus Crux. Obama hat zu Beginn seiner Präsidentschaft schwere strategische Fehler gemacht, etwa, indem er nach seiner berühmten Kairo-Rede nicht nach Jerusalem geflogen ist. So konnte «Bibi» ihn schnell und leicht als Feind Israels darstellen und sich selbst als den einzigen, der dem amerikanischen Präsidenten die Stirn bieten und Israel vor dem Unheil, das aus Washington drohe, bewahren könne.

Mit Joe Biden ist die Sache etwas anders gelagert. Biden hat eine klare pro-israelische Haltung und hat sie sein ganzes politisches Leben hindurch auch bewiesen. Also wird er jetzt von Bibis Propaganda-Leuten als leicht seniler Mann gezeichnet, der zwar Israel liebt, aber ganz unter dem Einfluss linksextremistischer Kräfte in seiner Partei steht, wie die jungen Kongressabgeordneten Ilhan Omar, Rashida Tlaib oder Alexandria Ocasio-Cortez.

Denn eines weiss Netanyahu genau. Wenn Trump die Wahl verliert, dann verliert er selbst etwas von seinem Nimbus als engstem Buddy eines Präsidenten, der ihm alles gibt, was er nur will. Und das könnte ihm – zusätzlich zu seinem Versagen in der Covid-19-Krise – bei den nächsten Wahlen in Israel massiv schaden.

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Info:
Nachdruck des Artikels mit freundlicher Genehmigung aus dem Wochenmagazin TACHLES vom 6. November 2020