DasletzteWehr... Weshalb der US-Whistleblower die russische Staatsbürgerschaft beantragen muss

Klaus Jürgen Schmidt

Nienburg/Weser (Weltexpresso) – Edward Snowden bewirbt sich um die russische Staatsbürgerschaft. Er und seine Frau Lindsay erwarten im Dezember ein Baby. Beide wollten nicht riskieren, von ihrem Sohn getrennt zu werden, deshalb wollten sie in dieser Zeit der Pandemie und der geschlossenen Grenzen die doppelte Staatsbürgerschaft erwerben, teilte der 37-Jährige vor ein paar Tagen im Kurznachrichtendienst Twitter mit.
 
 


Warum das Kind in Moskau kriegen und nicht in Bremen? Ich hatte schon vor vier Jahren einen so tollen Plan entwickelt, aber in Bremen haben sie alles vermasselt:

DAS PETERSBURGER DREHBUCH:

Zeitfenster: 9 Tage

TAG 1

> Schauspieler Nr. 1 – ausgewählt nach Alter, Statur und ungefährer Ähnlichkeit mit Edward Snowden sowie mit Snowden-ähnlicher Sprechweise (vorab trainiert!) – kommt unter seinem richtigen Namen und mit eigenem Reisepass in Moskau an. Sein gültiges 9-Tage-Visum hat er unter der Legende beantragt, in Museen Moskaus und St. Peterburgs Kunstwerke studieren zu wollen.

> SchauspielerIn Nr. 2 und Nr. 3 sind als amerikanisches Touristenpaar an Bord eines Containerschiffs des Frachtschiff-Touristik-Unternehmens »Kapitän Zylman GmbH« gegangen. (Die Reederei hat keine Kenntnis vom Drehbuch!) Das Paar hat in Bremerhaven die Doppel-Suite »Steuerbord« über dem Kapitänsdeck direkt unter der Brücke bezogen. An Bord gibt es eine weitere Kabine für maximal zwei andere Touristen. Hier sind zwei weitere technische Unterstützer des Drehbuchs untergebracht. Die ca. zweiwöchige Rundreise führt über Rotterdam, den Nord-Ostsee-Kanal, St. Petersburg und Helsinki zurück nach Bremerhaven. In St. Petersburg wird das Paar mit einem gültigen Visum einen Landausflug unternehmen.

> ACHTUNG!

Der Ablauf des gesamten Drehbuchs orientiert sich am Zeitpunkt dieses Ausflugs!

TAG 2

> Edward Snowden und seine Lebensgefährtin, Lindsay Mills, sind beim Besuch durch einen Bundestagsabgeordneten in das Drehbuch eingeweiht worden und haben diesem zugestimmt. Beide haben schon vor Tag 1 immer wieder private Spaziergänge zu verschiedenen Zielen in Moskau unternommen. Die Absicht: russische und amerikanische Beschatter sollen sich daran gewöhnen, dass beide sich in Cafés oder Museen gelegentlich trennen, z.B. weil Snowden alleine zur Toilette geht.

> Ferner hat die Lebensgefährtin Snowdens dort – wo beide vermutlich abgehört werden – schon über ihren Plan gesprochen, aus familiären Gründen in ein paar Tagen Moskau verlassen zu müssen. Beide kaufen dafür in einem Aeroflot-Büro ein Ticket.

> Schauspieler Nr. 1 nutzt den Tag, um in dem von Snowden schon ausgewählten Museum den Ort für das entscheidende Treffen auszukundschaften. Über einen unverfänglichen Kanal wird Snowden über den geeigneten Zeitpunkt informiert.

TAG 3 - 7

> Im ausgewählten Museum kommt es an einem dieser fünf Tage zum Identitätstausch: Schauspieler 1 ist darauf trainiert, in kürzester Zeit das Aussehen beider durch Kleiderwechsel und kleine Maskenbildnerei zu ändern. Er erhält Snowdens provisorisches russisches ID-Papier, dieser seinen U.S.-amerikanischen Reisepass. Ziel ist es, Snowdens Beschatter davon zu überzeugen, dass sich dieser in den folgenden Tagen noch in Moskau aufhält, während er sich tatsächlich als U.S.-Tourist zu weiteren Museumsbesuchen auf den Weg nach St. Petersburg macht. Dafür hat sich Schauspieler Nr. 1 morgens in seinem Moskauer Hotel offiziell abgemeldet. Seine rechtzeitig gekaufte Fahrkarte für die 650 Kilometer lange Fahrt mit dem Hochgeschwindigkeitszug wird nun von Snowden genutzt. ... Er wird am Abend in das von Schauspieler Nr. 1 vorab gebuchte Hotel unter dessen Identität einchecken.

> Dieser ist unterdessen als Edgar Snowden mit Lindsay Mills in die Moskauer Wohnung zurückgekehrt. In den verbleibenden Tagen werden beide weiter bei gelegentlichen Spaziergängen für ihre Beschatter als Paar posieren. Dort, wo sie meinen, abgehört zu werden, bestimmt Lindsay Mills den Gesprächsverlauf.

> ACHTUNG!

Der beschriebene zeitliche Ablauf ist abhängig von den unter Tag 8 - 9 genannten Abläufen im Container-Hafen von St. Petersburg.

TAG 8 - 9

> Der Linien-Frachter trifft im Container-Hafen von St. Petersburg zu unterschiedlichen Zeiten ein. Der Kapitän weiß das in der Regel erst 24 Stunden vorher. Die Liegedauer – also die Zeit für den Landgang – kann gelegentlich auf nur sechs Stunden beschränkt sein. Deshalb wird für die als amerikanisches Touristen-Paar posierenden Akteure durch die mitreisenden IT-Spezialisten eine Satelliten-Kommunikation betrieben, die auch für Notfälle gedacht ist, aber vor allem für die rechtzeitige Mitteilung der Ankunftszeit an Schauspieler 1 in Moskau. Dieser jetzt als Snowden posierende Akteur hat dafür ebenfalls ein Empfangsgerät.

> Während des Landganges in St. Petersburg suchen SchauspielerIn Nr. 2 und Nr. 3 das Hotel auf, in das Snowden unter der Identität von Schauspieler Nr. 1 eingebucht ist. Dort kommt es zu einem erneuten Identitätstausch: Snowden wird als Schauspieler Nr. 2 präpariert und geht mit dessen Pass und dessen Partnerin auf das Frachtschiff.

> Um selber Russland legal verlassen zu können, wird Schauspieler Nr. 2 nach einem Solo-Nachtbummel durch die Bars von Sankt Petersburg per Zug nach Moskau fahren. Er hinterlegt für Schauspieler Nr. 1 an einem abgesprochenen Ort dessen durch Snowden genutzten Reisepass. Danach meldet er im Moskauer U.S.-Konsulat den Diebstahl seines eigenen Passes während eben jenes Kneipen-Bummels. Die Legende: Er habe sich mit seiner Frau gestritten, sei dann versackt und habe die Abfahrt des Schiffes verpasst. Da er eine Kopie seiner Geburtsurkunde vorzeigen kann, wird der Ausstellung eines provisorischen Reisedokuments nichts im Wege stehen. Seine Abreise per Linienflug wird möglicherweise sogar von einem Beamten des U.S.-Konsulats assistiert.

> ACHTUNG!

Es wird davon ausgegangen, dass die Verwendung seines Passes bei der Abfertigung der Containerschiff-Passagiere zu diesem Zeitpunkt auf russischer Seite unerkannt bleibt! Sollte dennoch registiert sein, dass der Pass von einem Passagier des Container-Schiffes zur Ausreise benutzt wurde, könnte dies die Diebstahlgeschichte eher bestätigen. Das Schiff befände sich zu diesem Zeitpunkt bereits in Helsinki und damit Snowden in Sicherheit!

> Lindsay Mills wird von Schauspieler Nr. 1 in der Maske des Edward Snowden vor der gemeinsamen Wohnung verabschiedet. Sie fährt mit einem Taxi zum angekündigten Abflug in ihre Heimat.

Schauspieler 1 legt die Maske ab, nimmt wieder seine Identität als amerikanischer Kunstliebhaber an und fliegt mit seinem Pass vor Ablauf seines Visums nach Hause. ...

ABBLENDE!

Der im Hintergrund der Bühne auf einen großen Papierrahmen projizierte Text verschwindet. Statt dessen erscheint in diesem Rahmen jetzt das Bild von einer Fensterreihe in einem Wohnhaus. Aus einem der Fenster hängt ein Transparent. Darauf ist zu lesen:

„ZIMMER FREI FÜR HELD SNOWDEN!“

Beifall rauscht auf. Aber das Stück ist noch nicht zu Ende! Noch einmal wird im Bremer Kriminaltheater die Rückprojektion eingeschaltet. Zusammen mit einem Bild Edward Snowdens beschließt ein Original-Zitat diesen denkwürdigen Theaterabend:

„I don't see myself as a hero because what I'm doing is self-interested: I don't want to live in a world where there's no privacy and therefore no room for intellectual exploration and creativity.“

Und weil auch in der Stadt mit dem Schlüssel zur Welt nicht alle Leute Englisch verstehen mögen, kommt auch noch die Übersetzung:

„Ich sehe mich selbst nicht als Helden. Was ich mache, mache ich aus Eigeninteresse: Ich möchte nicht in einer Welt leben, in der es keine Privatsphäre mehr gibt, und deshalb auch keinen Raum für intellektuelle Erkundung und für Kreativität.“
 

taz – Bremen:

EIN ZIMMER FREI FÜR EDWARD SNOWDEN – IN BREMEN?

Bremer rieben sich gestern morgen ungläubig die Augen. An der Seitenfassade des Parlamentsgebäudes war über Nacht ein Plakat angebracht worden, auf den ersten Blick die Werbung für eine Premiere im Bremer Kriminal-Theater. Auf den zweiten Blick die Einladung für Whistleblower Edward Snowden, in Bremen Asyl zu finden?

Foto:
© Klaus Jürgen Schmidt

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