tachles netNetanyahu schließt Überschussmandatsabkommen mit Faschisten

Redaktion tachles

Tel Aviv (Weltexpresso) - Es war zu erwarten gewesen und doch hat es etwas Skandalöses: Der Likud von Israels Premier Netanyahu unterzeichnete am Mittwoch ein Abkommen mit der rechtsextremen Gruppierung des «Religiösen Zionismus» zur Überschussmandatsbestimmung. Diese besagt, dass ein Sitz an die Partei mit der größeren Anzahl an Überschusstimmen geht, wenn die kombinierten Überschuss-Stimmen - also diejenigen, die nicht zu einem vollen Knesset-Sitz ausreichen - von zwei Parteien zu einem zusätzlichen Sitz addiert werden. Normalerweise bekommt dann die grössere Partei diesen Sitz.

In der vergangenen Woche hatten Bezalel Smotrich von der rechstextremen Nationalen Union und Itamar Ben-Gvir von Otzma Yehudit, der Nachfolgepartei der faschistoiden Kahanisten, auf Drängen Netanyahus ein Bündnis geschmiedet. Netanyahu hofft, auf diese Weise dafür sorgen zu können, dass der rechte Block genug Stimmen bekommt, um ihm nach den Wahlen am 23. März den Weg zur Macht zu ebnen.

Schon einmal hatte Netanyahu gemeinsame Sache mit Otzma Yehudit gemacht, in der Hoffnung, genug Stimmen für seine Koalition zu erhalten. Doch bislang ist es Itamar Ben-Gvir noch nie gelungen, in die Knesset gewählt zu werden. Weder als Partei allein noch in einem Bündnis. Diese Kahanisten stehen ganz in der Tradition des 1990 ermordeten amerikanischen Rabbi Meir Kahane, dessen Kach-Partei 1988 in Israel wegen Rassismus gegen Araber verboten wurde. AIPAC, die grosse Israel-Lobby NGO in den USA, nannte Ben-Gvirs Partei Otzma Yehudit 2019 «eine rassistische und verwerfliche Partei» und stellte sich schon damals gegen Netanyahu, der in seinen Versuchen, an der Macht zu bleiben, ein Bündnis mit Rechtsextremisten nicht mehr ausschließt und sie somit hoffähig zu machen versucht.

Netanyahu hat diesmal Smotrich und Ben-Gvir nicht nur wichtige Positionen auf der Liste des Likud versprochen, sondern obendrein noch einen Sitz im Komitee für die Ernennung von Kandidaten für juristische Staatspositionen. Nicht nur die arabische Bevölkerung Israels ist entsetzt, auch die LGBTQ-Gemeinschaft protestiert. Denn natürlich hassen die Kahanisten auch Menschen, die anders denken und lieben als es «normal» ist.

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Nachdruck des Artikels mit freundlicher Genehmigung aus dem Wochenmagazin TACHLES vom 11. 2. 2021