Bildschirmfoto 2021 02 13 um 00.42.46Aus dem Kundenservice der WELT zu Corona vom Vortag, 6. 1

WELT Corona-Update

Hamburg (Weltexpresso) - Zum Ende der Woche werden immer mehr Fälle bekannt, in denen Personen eine Corona-Impfung bekommen haben, obwohl sie noch gar nicht an der Reihe waren. Darunter fallen Kommunalpolitiker, Geistliche, Soldaten, Feuerwehrleute und Polizisten. „Am Ende des Tages blieb Impfstoff übrig, und ich wurde gefragt, ob ich mich impfen lassen würde, bevor er verfällt", erklärte der Landtagsabgeordnete Frank Bommersbach (CDU) aus Sachsen-Anhalt gegenüber der „Mitteldeutschen Zeitung." Er habe seine Entscheidung zum Impfen spontan getroffen. Bisher sind Fälle aus mindestens neun Bundesländern bekannt.

Da die Reihenfolge der Impfungen in einer Verordnung des Bundesgesundheitsministeriums geregelt ist, erklärte Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU), dass geprüft werde, ob diese Personen überhaupt sanktioniert werden dürften. Das Problem: Eine bundesweit verbindliche Regelung, zum Beispiel zum Umgang mit Impfstoff-Resten, gibt es bislang nicht.

CSU-Chef Markus Söder fand am Freitag drastischere Worte: „Keiner sollte sich vordrängen." Es dürfe nicht sein, dass auf der einen Seite „sozusagen eher ein Büro komplett geimpft wird, anstatt die über 80-Jährigen, die es dringend brauchen und darauf warten“. Derzeit gebe es noch zu wenig Impfstoff – und solange dies so sei, müsse jede Impfdose an die gehen, die es dringend brauchen, so Söder.

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Mehr als jede dritte Region in Deutschland weist unterdessen eine Inzidenz von weniger als 50 Neuinfektionen je 100.000 Einwohner innerhalb von einer Woche auf. Laut dem Robert-Koch-Institut (RKI) liegen 143 von 412 Landkreisen, kreisfreien Städten und Berliner Bezirken unterhalb der Marke, die bis zum Corona-Gipfel am Mittwoch als möglicher Lockerungswert im Gespräch war. 55 Regionen unterschreiten auch den neuen Zielwert 35.

Bundeskanzlerin Angela Merkel erklärte am Freitag, dass nun beim Erreichen der 35er-Inzidenz jeweils ein „Infektionszyklus“ von 14 Tagen abgewartet werden müsse. „Wenn wir den Öffnungsschritt mit den Geschäften gemacht haben und wir haben (...) zwei Wochen lang stabil unter 35, dann können wir den nächsten Schritt ins Auge fassen“, sagte sie im ZDF. Details zu Merkels Plänen lesen Sie auf welt.de.


DAS GESPRÄCH DER WOCHE

Bildschirmfoto 2021 02 13 um 00.47.10Im Interview mit WELT zeigt sich der Geschäftsführer des Handelsverbands Nordrhein-Westfalen, Peter Achten (im Foto), besorgt über die Lage des Einzelhandels. Er stellt konkrete Forderungen an die Politik.

WELT: Herr Dr. Achten, seit dem Corona-Gipfel am Mittwoch ist klar, dass der Einzelhandel noch nicht wieder öffnen darf. Wie enttäuscht sind Sie?

Achten: Der Lockdown-Handel ist verzweifelt und wütend, weil die Spielregeln verändert wurden. Von der angekündigten Öffnungsperspektive, die seit der letzten Ministerpräsidentenkonferenz erarbeitet werden sollte, liegt nichts vor. Stattdessen wurde der Inzidenzwert abgesenkt. Der Handel ist kein Infektionstreiber, das ist vielmehr der öffentliche Nahverkehr oder auch andere Begegnungsformen. Sicherlich spielt auch eine Mischung aus Einkaufen und dem Verweilen in der Stadt, also dem Bummeln, eine Rolle. Von daher ist die Zahl 35 genauso willkürlich wie die 50. Es ist nur eben eine neue politische Zahl. Dass die Zahl aus dem Infektionsschutzgesetz stammt, ist mir klar. Aber sie löst ja kein Problem.


WELT: Welche konkreten Maßnahmen lösen denn jetzt die Probleme im Handel?

Achten: Man könnte verschiedene Zeitkorridore einführen oder zunächst mit weniger Kunden pro Quadratmeter öffnen. Ebenso könnte man auch darüber sprechen, eine Terminvergabe zu gestatten. Ich finde es unlogisch, dass man nun den nächsten Öffnungsschritt in einem breiten Rahmen ankündigt und gleich Museen, Galerien und alles Mögliche gemeinsam nennt. Damit werden Öffnungshürden noch erhöht!


WELT: Der Bund hat Unterstützungszahlungen bewilligt. Helfen die nicht?

Achten: Das ist ein großer Trugschluss. Wir sind wieder bei Ankündigungen, denn angekommen ist noch nichts. Anders als die Gastronomie war der Handel für die November-  und Dezemberhilfe erst gar nicht antragsberechtigt. Am Mittwoch, genau dem Tag der Ministerpräsidentenkonferenz, ist dann zufälligerweise die Überbrückungshilfe III antragsfähig gestellt worden. Abschlagszahlungen sollen am 15. Februar folgen. Ich bin sehr gespannt...


WELT: Das heißt, dass die Zahlungen bisher nicht helfen...

Achten: Unser Kernproblem ist, dass wir bisher keine Unterstützungszahlungen auf den Bankkonten haben. Aber der Handel braucht die Liquidität jetzt. Bei den Auszahlungsproblemen schieben sich der Bundesfinanzminister und der Bundeswirtschaftsminister die Schuld gegenseitig in die Schuhe. Das ist unerträglich. Dafür hat in der Branche auch niemand mehr Verständnis. Man darf nicht vergessen: Der erste Lockdown ist mitten im Ostergeschäft gewesen. Der zweite hat das Weihnachtsgeschäft ruiniert. Jetzt sind wir wieder vor der nächsten Frühjahrssaison und befinden uns in dem Zeitraum, in dem wieder Saisonware bestellt werden muss. Die müsste mit Geld angezahlt werden, das im Dezember, Januar oder Februar eingenommen wurde. Das ist nicht da. Nun müssen Händler neue Verpflichtungen eingehen und das in dieser eh schon schwierigen Zeit. Das ist eine Katastrophe!


WELT: Welche Forderungen stellen Sie?

Achten: Wir müssen uns die Überbrückungshilfen nochmal anschauen. Alle im Handel, die vom Lockdown betroffen sind, sollten antragsberechtigt werden. Bisher darf man nur bei einem Jahresumsatz von bis zu 750 Millionen Euro diese Hilfe beantragen. Es handelt sich um eine willkürliche Grenze und es gibt eine große Anzahl an Unternehmen, die vom Umsatz über dieser Schwelle liegen. Das folgt der falschen Logik, dass sie genug Mittel hätten, weil sie groß sind. Das ist totaler Blödsinn, denn die Probleme sind dort nur nochmal um Faktor X größer. Die Umsatzausfälle und Liquiditätsprobleme sind die gleichen. Dann muss insgesamt mehr Tempo in die Auszahlungen. Der Förderzeitraum sollte zudem der des Schließungszeitraums sein. Am 16. Dezember wurden die Betriebe geschlossen. Allerdings muss für den gesamten Monat der Umsatzverlust nachgewiesen werden. Auch sollte der Unternehmerlohn in gewissen Grenzen berücksichtigt werden, so wie es bei den Kulturschaffenden, Solo-Selbstständigen und Kleinunternehmern ist.

FORTSETZUNG FOLGT.

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