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Kategorie: Zeitgeschehen
... und die Verantwortung des deutschen BASF-Konzerns

Klaus Jürgen Schmidt

Nienburg/Weser (Weltexpresso) - mit Texten von: "Dachverband Kritische Aktionärinnen und Aktionäre" / Kirchliche Arbeitsstelle Südliches Afrika KASA / "Brot für die Welt" >>> zu deutscher Konzern-Verantwortung für ein Massaker in Südafrika.




DER HINTERGRUND


(Maren Leifker / "Brot für die Welt" / Referentin Wirtschaft und Menschenrechte
https://www.brot-fuer-die-welt.de/themen/dossier-wirtschaft-und-menschenrechte/basf-und-marikana-massaker/)



Im August 2012 eröffnete die südafrikanische Polizei das Feuer auf 3000 streikende Minenarbeiter, am Ende sind 34 Arbeiter tot, manche von hinten erschossen, aus nächster Nähe. Das Massaker von Marikana hat Südafrika schmerzhaft an die Polizeigewalt unter dem Apartheid-Regime erinnert, die mangelhafte Aufklärung auch. Sechs Jahre nach dem Massaker gibt es keine Entschädigung für die Opfer-Familien, keine Strafverfolgung der Polizisten und die Arbeits- und Lebensbedingungen der Menschen sind so schlecht wie zuvor.

Die Forderungen der streikenden Arbeiter nach gerechtem Lohn und angemessenen Wohnungen sind verhallt. Sie hausen mit ihren Familien in einem selbstgebauten Slum ohne Strom, fließend Wasser und Kanalisation. Dabei hat der Minenbetreiber Lonmin sich bereits 2006 dazu verpflichtet ordentliche Werkssiedlungen zu errichten – in einem Vertrag mit der Regierung, um überhaupt die Abbau-Lizenz zu erhalten.

Das Platin aus der Mine in Marikana landet in deutschen Autos. Das Chemie-Unternehmen BASF kauft mehr als die Hälfte von Lonmins Jahresproduktion an Platin und stellt daraus Katalysatoren für VW, Daimler und BMW her.



GESETZLICHE VERANTWORTUNG FÜR BASF? 

(Auszug aus dem Artikel von Tilman Massa, Dachverband Kritische Aktionärinnen und Aktionäre. Den vollen Artikel finden Sie unter: http://basflonmin.com/home/de/category/newsletter-april-2021/)

Ab 2023 wird gesetzlich geregelt sein, wie BASF der eigenen menschenrechtlichen Sorgfaltspflicht nachkommen muss. Hätte das Lieferkettengesetz dabei geholfen, dass BASF nach dem Massaker von Marikana vor neun Jahren ernsthafter auf die offensichtlichen Missstände bei seinem damals größten Platin-Zulieferer Lonmin reagiert hätte?

BASF hätte schon vor dem Massaker von Marikana aktiv werden müssen

Wäre das Lieferkettengesetz schon 2012 geltendes Recht gewesen, BASF hätte die miserablen Arbeits- und Lebensbedingungen bei Lonmin nicht nur selbstständig registrieren müssen, sondern auch aktiv eigene Maßnahmen ergreifen müssen, um Lonmin zur Einhaltung von südafrikanischem Recht und internationaler Standards zu drängen.

Die massiven Probleme waren zudem alles andere als ein Geheimnis. Medienberichte über die Situation vor Ort zeigten leider auf den ersten Blick, dass Lonmin nicht den seit 2006 geltenden gesetzlichen und vertraglichen Pflichten der Bergbaulizenz nachgekommen war, beispielsweise in Bezug auf den Bau von Werkssiedlungen. Und selbstverständlich braucht es nicht erst eine Tragödie wie das Massaker von Marikana, um die Notwendigkeit für bessere Bedingungen im südafrikanischen Bergbau zu erkennen - schon zu lange wurden die lautstarke Kritik und Forderungen der Gewerkschaften von Lonmin ignoriert<http://safsc.org.za/wp-content/uploads/2015/09/Policy-gap-7-lonmin.pdf>.

Doch was wäre nun eine lieferkettengesetzkonforme, "angemessene und verhältnismäßige Abhilfemaßnahme" gewesen, mit der BASF das eigene "Bemühen" für Abhilfe hätte nachweisen können? In § 7(2) gibt der Entwurf des Lieferkettengesetzes eine grobe Antwort:

"Ist die Verletzung einer geschützten Rechtsposition oder einer umweltbezogenen Pflicht bei einem unmittelbaren Zulieferer so beschaffen, dass das Unternehmen sie nicht in absehbarer Zeit beenden kann, muss es unverzüglich ein Konzept zur Minimierung erstellen und umsetzen. Das Konzept muss einen konkreten Zeitplan enthalten. Bei der Erstellung und Umsetzung des Konzepts sind insbesondere folgende Maßnahmen in Betracht zu ziehen:

die gemeinsame Erarbeitung und Umsetzung eines Plans zur Behebung des Missstandes mit dem Unternehmen, durch das die Verletzung verursacht wird,
2. der Zusammenschluss mit anderen Unternehmen im Rahmen von Brancheninitiativen und Branchenstandards, um die Einflussmöglichkeit auf den Verursacher zu erhöhen,
3. ein temporäres Aussetzen der Geschäftsbeziehung während der Bemühungen zur Risikominimierung."

Die Wirksamkeit des Abhilfekonzepts soll dann jährlich und anlassbezogen überprüft werden. Es geht also mitnichten darum, die Geschäftsbeziehung sofort zu beenden - dies ist auch nie eine Forderung der Gewerkschaften oder unserer Kampagne gewesen.

Es geht darum, ernsthaft, transparent und effektiv für ein Ende der Missstände zu sorgen und dazu auch den eigenen ökonomischen Einfluss geltend zu machen. Als Hauptkunde von Lonmin hatte BASF zu jeder Zeit diesen Einfluss auf Lonmin, denn die langfristigen Abnahmeverträge sicherten maßgeblich das wirtschaftliche Überleben des Platinkonzerns. Es ist daher keine weit hergeholte Vermutung, dass Lonmin eher früher als später seinen vertraglichen Verpflichtungen für angemessene Arbeits- und Lebensbedingungen nachgekommen wäre, hätte BASF schon frühzeitig signalisiert, davon die Abnahme von Platin abhängig zu machen.


Foto:
© www.dailymaverick.co.za Bild 1
www.africanews24-7.co.za Bild 2
basflonmin.com Bild 3

Info:
KONTAKT:
Simone Knapp / Kirchliche Arbeitsstelle Südliches Afrika KASA / Ecumenical Service on Southern Africa / Heidelberg / http://www.kasa.de
http://safsc.org.za/wp-content/uploads/2015/09/Policy-gap-7-lonmin.pdf
http://www.radiobridge.net/indexkjs.html