br.degiftZur antisemitischen Hetze gegen die Grünen

Kurt Nelhiebel

Bremen (Weltexpresso) -  Natürlich ist mir die giftige Anzeige der Arbeitergeber gegen die Grünen in den überregionalen Zeitungen vom  Freitag aufgefallen. Es vergeht  ja kaum ein Tag, ohne dass die großen Blätter ganzseitige Werbeanzeigen veröffentlichen. Das können sich nur Firmen leisten, die genug Geld haben. Deshalb überschlage ich diese Inserate in der Regel und versuche mir allenfalls vorzustellen, was so eine ganze Seite in der Frankfurter Allgemeinen oder in der Süddeutschen Zeitung wohl kostet.

Je näher der Wahltag rückt, desto tiefer werden die großen Unternehmen in die Tasche greifen, um Konkurrenten der CDU auf irgendeine Weise schlecht zu machen. Morgen trifft so ein Geschoß aus der anonymen Ecke wahrscheinlich die Sozialdemokraten. Diesmal zeichnet eine "Initiative neue soziale Marktwirtschaft" für den schäbigen Angriff verantwortlich, morgen werden sich die Urheben hinter einem anderen Namen verstecken.

Schäbig ist der Angriff deshalb, weil er auf die tief sitzenden Vorbehalte gegen alles Jüdische spekuliert. Diese Ressentiments treiben zwar in allen Ländern ihr Unwesen, sind aber  in Deutschland aus einleuchtenden Gründen von besonderer Penetranz und müssten daher wie der Kindesmissbrauch ein für alle Mal aus dem Denken der Menschen verschwinden. Normaler Weise sollte man erwarten können, dass Verlage solche Anzeigen ablehnen. Aber denen ist das Hemd eben auch näher als der Rock.

Was nutzt die ganze Aufregung über Hass und Hetze in den so genannten sozialen Medien, wenn auf höherer Ebene antijüdische Affekte immer noch als Mittel des politischen Kampfes goutiert werden. Wo steht unser Land zivilisatorisch eigentlich, dass öffentlich allen Ernstes immer wieder gefordert wird, angehende Juristen oder Polizeibeamte darüber aufzuklären, woran sie antisemitische Vorbehalte erkennen können. Das sind doch erwachsene Menschen, die eine entsprechende Schulbildung durchlaufen haben. Spielte der Massenmord an den Juden dabei eine so geringe Rolle, dass nach Abhilfe gerufen werden muss?

Zumindest in diesen Kreisen sollte der Name Auschwitz genügen, um sämtliche Alarmglocken läuten zu lassen. Aber mir begegnen immer wieder Erwachsene, die den Namen noch nie gehört haben, von denen Jüngeren ganz zu schweigen. Ich halte die Erinnerung an Auschwitz nach wie vor für das probateste Mittel, jemanden gegen antisemitisches Geschwafel zu immunisieren. Nicht die Zahlen über das Ausmaß des grauenvollen Geschehens geben dabei den Ausschlag, sondern die einzelnen Geschehnisse, wie sie von Überlebenden in den Prozessen wegen Naziverbrechen immer wieder geschildert werden. Sie lassen auch nach so vielen Jahren das Blut in den Adern gefrieren. Mit solchen Bildern vor Augen wird niemand auf den Gedanken verfallen, politische Gegner 2021mit den Methoden aus der Mottenkiste der Nazipropaganda zu bekämpfen. Das sollten die Geldgeber der „Initiative neue soziale Marktwirtschaft“ eigentlich wissen.

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