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Kategorie: Zeitgeschehen
Bildschirmfoto 2021 08 19 um 01.18.03Der letzte Jude von Afghanistan bleibt im Land – weil er kein Geld bekommt

Redaktion

Tel Aviv (Weltexpresso) - Nun, Zabulon Simantov erscheint in diesen Tagen wie ein Held. Mit 61 Jahren ist er der letzte Jude Afghanistans. Seine Frau und seine Kinder leben bereits in Israel, er selbst, wie er noch vor wenigen Monaten in einem Interview erklärt hatte, wollte nach den Hohen Feiertagen ebenfalls nach Zion auswandern. Doch nun hat er sich entschieden in Kabul zu bleiben.

Er will die letzte noch existierende Synagoge Afghanistans beschützen, eine Synagoge, die er mit eigenen Händen restauriert und renoviert hat. Das sei seine Aufgabe, erklärt er. Ein Held, der sich vor den Taliban nicht fürchtet, auch wenn er weiß, wie sie sind.

Doch tatsächlich gibt es da eine Reihe sehr eigenartiger Geschichten. Simantov wollte von einer jüdischen Gruppe von Freiwilligen, die ihn außer Landes bringen wollte, Geld haben. Moti Kahana, ein israelisch-amerikanischer Geschäftsmann, der schon häufiger Juden aus Ländern des Nahen Ostens gerettet und außer Landes geschmuggelt hat, erzählt, dass Simantov einer Ausreise zugestimmt habe, aber Geld wollte, um seine Schulden bezahlen zu können. 

«Aber ich bin nicht dazu da, Juden ihr Leben zu bezahlen. Ich bin dazu da, Geld auszugeben, um ihr Leben zu retten», erklärt Kahana irritiert. Ähnliches bestätigt auch Rabbi Mendy Chitrik, der in Istanbul ansässige Vorsitzende der «Allianz von Rabbinern in Islamischen Staaten». Kahana deutet auch an, dass einer der Gründe, warum Simantov bislang nicht nach Israel ausgewandert sei, obwohl seine Frau, eine Jüdin aus Tadschikistan, seit vielen Jahren dort lebt, die Verweigerung eines Gets, einer Scheidung, sei. Simantov ist nicht gewillt, die Ehe offiziell zu beenden.

Rabbi Pinchas Goldschmidt von der Europäischen Rabbinerkonferenz bestätigt, dass alle Versuche, Simantov zu einem Get zu bewegen, in der Vergangenheit immer wieder gescheitert waren. Wie es nun Simantov unter den Taliban ergehen wird? In einem Interview mit dem israelischen Fernsehsender Kan erklärte Suhail Shaheen, ein Sprecher der Taliban, man werde Minderheiten nicht anrühren. Shaheen war sich nicht im Klaren, dass er mit einem israelischen Kanal sprach. Wie es mit Simantov weitergehen wird, weiß niemand in diesen Tagen. Sicher ist nur: er ist ein «sturer Bock», wie Amie Ferris-Rotman, erklärte, ein Journalist, der von den Rabbinern mehrfach als Vermittler bezüglich der Scheidung eingesetzt wurde. Vergeblich wie nun die ganze Welt weiß.

Foto:
Zabulon Simantov in Kabul
©tachles

Info:
Nachdruck des Artikels mit freundlicher Genehmigung aus dem Wochenmagazin TACHLES vom 18. August 2021