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Kategorie: Zeitgeschehen
Bildschirmfoto 2021 11 17 um 01.20.20Konsul darf festgehaltenes Ehepaar besuchen, aber Anwalt zeichnet trübes Bild von Mordy Oaknins Zustand

Jacques Ungar

Tel Aviv (Weltexpresso) - Mitglieder des israelischen Konsulats in der Türkei haben von den dortigen Behörden die Erlaubnis erhalten, das wegen angeblicher Spionage gegen die Türkei in Istanbul festgehaltenes israelische Ehepaar Natali und Mordy Oaknin zu besuchen. Dann hat ein hochrangiger Diplomat des israelischen Außenministeriums sich auf den Weg in die Türkei gemacht, angeblich, um die beschleunigte Freilassung des Paares zu erwirken. Kommt endlich Bewegung in das von den Türken aus welchen Gründen auch immer provozierte Inhaftierungs-Drama?

Man sollte den Tag nicht vor dem Abend loben, besagt das bekannte Sprichwort. Das gilt insbesondere, wenn man sich das Interview vom Montagabend am israelischen Fernsehen zu Gemüte geführt hat, in dem der israelische Anwalt Mordy Oaknins seine Eindrücke vom ersten Treffen mit dem Klienten geschildert hat. Der Mann sei in schlechter Verfassung, sagte der Anwalt, und habe eigentlich keine Ahnung für den Grund seiner Verhaftung. Die Zahl der Touristen, die täglich ganz offen den Erdogan-Palast fotografieren, könnte in die Hunderte gehen, meinte der Anwalt, und in normalen Fällen würde deswegen niemand verhaftet werden. Es ist schon so, dass nach Beendigung des fast lächerlichen Türken-Dramas Präsident Erdogan Red und Antwort für sein Verhalten stehen muss, sollte er an einer weiteren Normalisierung des Verhältnisses zu Israel echt interessiert sein. Wenn natürlich Ankara sich mit seinem Benehmen rächen will für anscheinend nicht aufgearbeitete alte Rechnungen zwischen Jerusalem und der Türkei, dann ist fürs erste Hopfen und Malz verloren, zumindest bis an die Schlüsselstellen der türkischen Regierung neue Leute gewählt werden. – Bis es aber so weit ist, sollten die Israeli sich, wie es die Medien des Landes mehrfach schon vorgeschlagen haben, ernsthaft überlegen, ob die Türkei von ihnen so lange nicht auf eine Reise- und Ferienboykottliste zu setzen wäre, wie die Oaknins noch nicht zu Hause gelandet sind.


Foto:
Naftali Bennett und andere Politiker bei einer Besprechung zum Vorgehen im Fall des Ehepaars Oaknin
©tachles

Info:
Nachdruck des Artikels mit freundlicher Genehmigung aus dem Wochenmagazin TACHLES vom 16. November  2021