Drucken
Kategorie: Zeitgeschehen
Bildschirmfoto 2022 01 11 um 21.41.53Offene Konfrontation zwischen den ex-Premiers Netanyahu und Olmert weitet sich aus

Jacques Ungar

Tel Aviv (Weltexpresso) - Auseinandersetzungen zwischen israelischer Prominenz hat vor allem in Zeiten vor Wahlen fast etwas Alltägliches. Für die Konfrontation zwischen dem ehemaligen Premierminister Binyamin Netanyahu samt Frau und Sohn Yair einerseits und dem ex-Premier Ehud Olmert andererseits  braucht es aber offenbar keinen Wahlkampf, damit der Zwist sich ständig  ausweitet und immer gehässiger wird.

Oppositionsführer Binyamin Netanyahu, seine Gattin Sara und deren älterer Sohn Yair jedenfalls nahmen am Montag laut «Haaretz» an einem gerichtlichen Vor-Termin teil, an dem auch ex-Premier Ehud Olmert als Gegner anwesend war. Es ging um die Möglichkeit einer außergerichtlichen Einigung bezüglich einer Rufmord-Klage der Netanyahus gegen Ehud Olmert, der behauptet hatte, die Netanyahus seien «geistig krank».

Die Netanyahus reichten gegen Olmert eine finanzielle Forderung von fast 270'000 Dollar ein, weil Olmert sich wiederholt geweigert hatte, sich zu entschuldigen. Olmert wies den Vorwurf zurück, seine Bemerkung sei bösartig gewesen, da die Netanyahus in psychologischer Behandlung gewesen seien, was die Richtigkeit seiner Bemerkung beweisen würde. Olmert verlangte ferner, dass das Gericht die medizinischen Vertraulichkeitsregeln für alle drei «Bibis» aufhebe, damit deren mentale Gesundheit sich verifizieren lasse. Olmert begründete seine Haltung wie folgt: «Ich verfolgte ihre Handlungen, hörte Aufnahmen der Familienmitglieder, und beriet mich mit Experten und mit Leuten, die ihnen nahestehen und sie gut kennen. Sie beschrieben mir gegenüber ihr Benehmen, das als abnormal und verrückt bekannt ist».

Der Anwalt der Familie Netanyahu sagte, er verstehe nicht, dass ein Mann voller Ruhe schreiben kann, dass Sara Netanyahu in einer mentalen Anstalt gewesen sei. Wir haben nichts gegen Olmert. Er hat Schwieriges mitgemacht, doch hier sitzt eine Familie, von der ich denke, dass sie eine der wunderbarsten Familien Israels ist. Und sie müssen hören, dass ein ehemaliger Premierminister – dessen Vergangenheit übrigens keineswegs rein ist – sie als geistig krank bezeichnet?»

Auf das Gesuch der Netanyahus vom Sonntag, es sei schwierig wegen der Sicherheitsvorkehrungen vor Gericht zu erscheinen, meinte der Richter sarkastisch, wer Verzögerungen wegen Sicherheitsvorkehrungen vermeiden will, der müsse eben die Wohnung früher verlassen. Er lehnte auch ein Gesuch der Netanyahus ab, wegen des Coronavirus per Zoom an dem Treffen teilzunehmen.

Die erste offizielle Runde der Auseinandersetzung Netanyahu-Olmert ging zweifelsohne zu Gunsten des letzteren aus, doch dem Beobachter sei die Frage gestattet, wie schlimm der Coronavirus noch grassieren müsse, bis auch israelische Prominente anfangen, den Spreu vom Weizen zu trennen und sich auf Wesentliches zu konzentrieren.

Foto:
Sara, Binyamin und Yair Netanyahu kommen im Gericht an am vergangenen Montag
©tachles

Info:
Nachdruck des Artikels mit freundlicher Genehmigung aus dem Wochenmagazin TACHLES vom 11. Januar  2022