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Kategorie: Zeitgeschehen
Bildschirmfoto 2022 04 04 um 02.08.56Nach monatelangen Blockaden hat der US-Senat der Nominierung von Deborah Lipstadt zur Sonderbeauftragten für Antisemitismus bewilligt

Andreas Mink

New York (Weltexpresso) - Der Knoten ist geplatzt. Überraschend schnell hat der US-Senat Mittwochnacht der Nominierung von Deborah Lipstadt zur Sonderbeauftragten für Antisemitismus zugestimmt. Wie von topnews vermeldet, hatte die Personalie tags zuvor nach achtmonatiger Verzögerung den außenpolitischen Ausschuss mit einer relativ knappen Mehrheit von 13 zu 9 Stimmen passiert. Beobachter hatten erst in den kommenden Wochen mit einem Votum im Senat gerechnet.

Doch am Mittwoch konnte Senator Jon Ossoff die Nominierung auf die Tagesordnung setzen. Der 35-jährige Demokrat vertritt Lipstadts Heimatstaat Georgia und hielt eine kurze, emotionale Rede: Wer die Phrase «Nie wieder» ernst meine, solle nun endlich für die Bestätigung von Deborah Lipstadt votieren, damit diese im Namen der USA gegen Antisemitismus kämpfen könne. Ossoff sprach zudem seine Urgroßßeltern an, die nach 1900 dem Antisemitismus in Osteuropa entflohen und in die USA eingewandert seien: «Es wird Zeit, dass der Senat etwas gegen Antisemitismus unternimmt – und es ist überfällig, dass der Senat diese Kandidatin bestätigt.»

Lipstadt gab den «Forward» gegenüber Dankbarkeit für ihre Nominierung an Präsident Joe Biden Ausdruck, aber auch dem Senat und all Jenen, die sie unterstützt hatten: «Dies ist eine gewaltige Ehre und Verantwortung. Ich bete dafür, dass ich dieser Aufgabe gerecht werde» (Link).

Damit endet ein seit dem letzten Juli laufendes, beschämendes Gezerre. Damals hatte Biden die international bekannte Holocaust-Expertin nominiert. Dann stellten ihr Republikaner überraschend Blockaden in den Weg. Anlass waren Tweets von Lipstadt über den republikanischen Senator Ron Johnson aus Wisconsin vom letzten Frühjahr. Lipstadt hatte Johnson seinerzeit als Vertreter «eines weißen Rassismus und Nationalismus» bezeichnet, da dieser den Sturm auf das US-Kapitol am 6. Januar «Antifa»-Anarchisten und der Black Lives Matter-Bewegung in die Schuhe hatte schieben wollen.

Johnson und Kollegen wie Ted Cruz nutzten die Verfahrensregeln des Senats, um die Personalie zu blockieren. Erst der Druck des Jüdischen Weltkongress, weiterer, jüdischer Organisationen und der evangelikalen «Christians United for Israel» brachten schliesslich Bewegung in die Nominierung.

Foto:
Am Ziel angekommen: Deborah Lipstadt kann nun gegen den grassierenden Antisemitismus in den USA ankämpfen
©tachles

Info:
Nachdruck des Artikels mit freundlicher Genehmigung aus dem Wochenmagazin TACHLES vom 3. April 2022