Stolperstein 1605Neue Stolpersteine in Schlüchtern (2)

Hanswerner Kruse

Schlüchtern (Weltexpresso) - „Ich bin stolz auf Schlüchtern“, sagte eine Besucherin während der Zeremonie zur Verlegung neuer Stolpersteine in der Fuldaer Straße. Das kann sie auch sein, denn bei den ersten, in unserer Stadt verlegten Platten vor drei Jahren, galt es noch etliche Widerstände zu überwinden. Doch mittlerweile gibt es einen „Wandel der Erinnerungskultur“, meinte Kerstin Baier-Hildebrand in ihrer Ansprache.
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Vom Heimat- und Geschichtsverein (dessen Vorsitzende sie ist / hwk) bis zu den städtischen Gremien stehen jetzt alle dahinter, die Erinnerungen wachzuhalten.“ Zum kleinen säkularen Festakt mit musikalischer Umrahmung war auch Max Wolf mit seiner Frau Claire und einigen Familienmitgliedern angereist. Dazu hatte er eigene Gäste eingeladen, etwa Dr. Christine Wittrock, welche die Geschichte der Seifensiederei Wolf aufwendig für ein Buch recherchiert hatte.


Nach dem Empfang im Rathaus, den Gängen zur Synagoge, den Resten des jüdischen Friedhofs und der Villa Wolf, interessierte er sich auch für die nicht-jüdische Vergangenheit, etwa das Kloster, sowie die aktuelle Stadtentwicklung. Vor dem Festakt besuchte er die Dreiturm-Werke in Steinau, die seinen Großeltern einst von den Nazis geraubt wurde (wir berichteten). Sein Vater Gerhard Wolf führte nach der juristisch erkämpften Rückgabe der Fabrik, lange Zeit die Geschäfte bis zum schrittweisen Verkauf in den Jahren 1979 bis 2009.

Sein Sohn Max Wolf, mittlerweile auch Gründer mehrerer Seifen-Firmen, kam wohl mit den Käufern nicht so gut klar. Dagegen versteht er sich gut mit dem neuen Eigentümer der Dreiturm-Werke, Lars Börgel, der das Unternehmen vor einigen Jahren erwarb und auch zur Gedenkfeier kam. Die beiden hatten sich schon mal in Schottland getroffen und über gemeinsame Projekte zur nachhaltigen Erzeugung ihrer Produkte nachgedacht. Es ist erstaunlich, wie Max Wolf - übrigens nicht zum ersten Mal - ohne Groll in die Heimat seiner Großeltern zurückkehrt.

Im Gegenteil, er bedankte sich häufig für den freundlichen Empfang in unserer Gemeinde und das Setzen der Gedenksteine zur Erinnerung an seine Familie. In seiner Rede zur Verlegung vor etwa einhundert Leuten erklärte er: „Meine Großeltern haben nie den Glauben an jene Werte und Ideale verloren, die in dieser Stadt gesät wurden. Diese Überzeugungen haben dazu beigetragen, unsere Verbindungen zu Schlüchtern wiederherzustellen und wieder aufzubauen.“ Seine Großeltern wären sehr zufrieden, so Max Wolf zum Schluss, „wenn sie die Schritte sehen würden, die Deutschland unternommen hat, um aus der Vergangenheit zu lernen.

Foto:
(c) Hanswerner Kruse
Foto vor der Synagoge, ganz rechts Max Wolf