israel schwedenDie Schweden-Demokraten schaffen Dilemmas für Israel

Jacques Ungar

Tel Aviv (Weltexpresso) - Die Schweden-Demokraten gewannen über 20 Prozent der Stimmen in den Allgemeinen Wahlen vom letzten Monat. Das machte die Partei zu einem Schlüsselspieler in der neuen schwedischen Regierung. Einer seiner Spitzenabgeordneten appelliert nun an Jerusalem, die politischen Realitäten in Schweden anzuerkennen.

Für die neue schwedische Regierung stehen am Anfang ihrer vierjährigen Kadenz verschiedene Punkte im Zentrum ihrer Aktivitäten, wie die Immigration, Verbrechensverhütung und Nuklearenergie. Die neue konservative Regierung wird angeführt von der Moderaten-Partei, zusammen mit den Liberalen und den Christlich-Demokraten. Außerhalb der Regierungskoalition wird diese Koalition unterstützt von den extrem rechten Schweden-Demokraten.

«Haaretz» schrieb in einem Kommentar am Dienstag: «Veränderungen in der Innenpolitik werden weitgehend erwartet, doch schon wenn es zur Außenpolitik kommt, sind die Dinge schon nicht mehr so klar». 2014 hat die schwedische mitte-links Sozial-Demokratische Partei die Nahost-Politik des Landes nach der offiziellen Anerkennung eines Palästinenserstaates dramatisch neu formiert. In der Folge verschlechterte sich das Verhältnis zwischen Stockholm und Jerusalem, bis zuletzt die bilateralen Beziehungen eingefroren wurden. In den letzten Jahren haben allerdings neue Außenminister und Botschafter auf beiden Staaten für eine Verbesserung der Beziehungen gesorgt.

Was hat man nun also von der neuen schwedischen Regierung zu erwarten? Der neue Außenminister Tobias Billströn (von den Moderaten) dürfte sich zunächst auf die Mitgliedschaft seines Landes zur Nato konzentrieren, die es ja erst seit letztem Mai im Zusammenhang mit der russischen Invasion in der Ukraine gibt, und auf die Beziehungen zu den nordischen und baltischen Nachbarn. Billströms erste öffentlichen Wortmeldungen machten es jedoch klar, dass seine Politik sich weniger mit einer Veränderung der Welt durch einen Export «schwedischer» Demokratie hervortun will, oder mit Feminismus und Menschenrechten. Im Mittelpunkt dürften eher schwedische Interessen stehen.

Inzwischen erklärte die israelische Botschaft in Stockholm zu «Haaretz» folgendes: «Die Beziehungen zwischen Israel und Schweden sind für beide Länder wichtig. Wir glauben, dass sie sich weiter entwickeln werden, gemäß den Abkommen, die während des Israel-Besuchs des Aussenministers der früheren schwedischen Regierung erzielt worden sind. Demzufolge konzentrieren wir uns auf Themen von beidseitigem Interesse und geteilter Werte».
Die Moderaten-Partei regiert Schweden nicht alleine. Ihre Drei-Parteien-Minderheitenregierung hängt ab von dne Schweden-Demokraten, einer Partei, die weitgehend als populistisch und extrem angesehen wird.

Letztes Jahr machte Israels Botschafter in Schweden, Zvi Nevo Kulman, klar, dass Israel nicht Beziehungen hat mit Parteien, die «Wurzeln  im Nazismus» haben. Es ging aber nicht nur um die Vergangenheit. In den letzten Jahren wurden Offizielle der Schweden-Demokraten oft zitiert in folgendem Sinne: «Lasst die Araber bezahlen für die Vergewaltigung von Feministen – so tun sie wenigstens etwas Gutes». Eine kontroverse Bemerkung zumindest.

Angesichts der Tatsache, dass die Schweden-Demokraten die Kommission für Auswärtige Angelegenheiten leiten, wäre es nur natürlich, dass offizielle Beziehungen herrschten zwischen der  Partei und dem israelischen Außenministerium, das die politischen Realitäten Schwedens anerkennen sollte:  Die Partei erhielt die Unterstützung von fast 1,5 Millionen Schweden in den diesjährigen Wahlen. Laut Aktivisten der Partei habe diese im laufenden Jahr drastische Veränderungen durchgemacht, wie einer ihrer Promis sagte: «Die Partei hat null Toleranz gegenüber Antisemitismus, und jene, die rassistische Ansichten haben oder zum Ausdruck bringen, würden unverzüglich ausgestoßen». Die Parteigründer würden heute nie imstande sein, der Partei beizutreten. Wenn es um konkrete Politik gegenüber Israel geht, meinte ein Aktivist von Schweden-Demokraten zu «Haaretz»: «Meine Partei unterstützt nicht die Anerkennung eines Palästinenserstaates. Künftige Grenzen sollten in einem Friedensabkommen zwischen Israel und den Palästinensern verhandelt werden».

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Schweden erkennt Palästina an
©n-tv.de

Info:
Nachdruck des Artikels mit freundlicher Genehmigung aus dem Wochenmagazin TACHLES vom 26. Oktober 2022