Feature „Kirche und Politik“, Teil 8/8

Klaus Philipp Mertens

Frankfurt am Main (Weltexpresso) - Peter Wilkens Bericht enthält auch noch Hinweise auf den Weg, den Karl Friedrich Denter eingeschlagen hat, auch wenn er diesen nur bis zum Jahresbeginn 1980 verfolgen konnte. Karl Friedrich legte im Oktober 1975 das zweite theologische Examen an der Universität Bochum ab, verzichtete aber auf die Ordination zum Pfarrer.

 Seine Mutter war im Sommer 1975 nach Karlsruhe gezogen. Im Dezember desselben Jahres zog er nach Berlin, wo er halbtags im Lektorat eines Verlags arbeitete, um seinen Lebensunterhalt bestreiten zu können. Parallel dazu begann er seine journalistische Tätigkeit. So berichtete er über Rudi Dutschkes Versuche, Mitgründer für eine neue linke Partei zu finden. Und über die linke Opposition in der DDR, vor allem über Robert Havemann und Rudolf Bahro. Zeitschriften aus dem unabhängigen linken Spektrum druckten seine Recherchen, Dokumentationen und Essays ab. Auch der andauernde Kampf gegen die Berufsverbote fand in seiner Berichterstattung einen ausführlichen Niederschlag.

Im Juni 1976 zog er nach Bremen um, arbeitete dort als freier Journalist für mehrere Zeitschriften und engagierte sich in der Anti-Atomkraft-Bewegung an Unterweser (Esensham) und Unterelbe (Brokdorf). Im Zusammenhang mit dem Störfall im US-amerikanischen Atomkraftwerk Harrisburg im Frühjahr 1979 finden sich von ihm ausführliche Berichte und Kommentare zu diesem Thema in mehreren deutschen Zeitungen und Magazinen.

Ähnlich wie Rudi Dutschke trat er dafür ein, dass die sich die neu bildende Umweltschutzbewegung als eindeutig antikapitalistisch positionierte. In diesem Sinn verfasste er auch einen Nachruf auf Rudi Dutschke, der Weihnachten 1979 an den Spätfolgen des Attentats von 1968 gestorben war.

Im Februar 1980 riss der Kontakt zwischen Peter Wilken und Karl Friedrich Denter ab. Briefe an dessen Bremer Adresse kamen als unzustellbar zurück. Wilkens Versuche, mit Karl Friedrichs Mutter in Karlsruhe in Kontakt zu treten, scheiterten, weil er ihre Adresse nicht kannte. Karl Friedrich Denter selbst hatte sich bei ihm nicht mehr gemeldet.

Als ich im Frühsommer 1992 meine Skizze über Rolf Denter abgeschlossen und sie Peter Wilken zum Gegenlesen gesandt hatte, waren die Spuren Karl Friedrich Denters seit 12 Jahren versandet. Ähnlich wie die Erinnerung an den Vater, der keiner Frau und keinem Mann der Kirche, die ich Ende der 80er und Anfang der 90er Jahre in Dortmund auf ihn ansprach, noch ein Begriff war.


Hinweis:
Die Namen der Personen und die der Dortmunder Ortsteile bzw. Kirchengemeinden wurden geändert. Ansonsten folgt der Bericht den tatsächlichen Vorgängen bzw. den Schilderungen von Zeitzeugen.

 

Foto: Dortmund Hbf, Blick auf Union Brauerei, © KPM


Dieses Feature ist mit Ausnahme des hinzugefügten Teils 1 bereits 1994 unter dem Titel „Höre nie auf anzufangen“ erschienen.
© Klaus Philipp Mertens 1994 und MERTENS & MEDIEN Verlagsbuchhandel GmbH, Frankfurt 2002 - 2016.
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