Der Film über den kommunistischen und adligen Widerstand im Nationalsozialismus von Ilona Ziok wird von ihr in POTSDAM vorgestellt

Hans Weißhaar und Claudia Schulmerich

Berlin (Weltexpresso) – Im letzten Jahr hatten wir die Aufführunge dieses Films im Rahmen der POTSDAMER GESPRÄCHE angekündigt. Diesmal nun wird er morgen, am Sonntag im Fraenger Haus, Tschaikowskiweg 4, 14480 Potsdam an den 20. Juli 1944 erinnern.



Und es wird die Regisseurin Ilona Ziok nicht nur anwesend sein, sondern von 15.00 bis 18.00 Uhr ihren Film auch kommentieren. Moderieren wird Astrid Vehstedt.


Diese Vorführung des Film DER JUNKER UND KOMMUNIST (2009) hat seinen aktuellen Bezug nicht nur in seiner Thematik des 20. Juli 1944 und dem mißlungenen, aber immerhin versuchten Attentat auf Hitler, das mit der Erschießung der meisten Widerständler endete, sondern auch im Bezug zu Potsdam. Denn eine Kapelle der Garnisonskirche zu Potsdam wurde in Nagelkreuzkapelle umbenannt, was im letzten Jahr zum 70sten Jahrestag des Attentates geschah. Die Kirche selbst ist zerstört, als Ruine 1968 gesprengt worden und ein möglicher Wiederaufbau wird in Potsdam heiß diskutiert, weil diese Kirche auch als Symbol für die unheilvolle Verquickung von Preußentum und Nationalsozialismus gilt. Es war dort, wo sich am 21. März 1933 der Reichspräsident Paul von Hindenburg und Reichskanzler Adolf Hitler die Hände reichten. Mit furchtbarer geschichtlicher Konsequenz.


Zum Film

Das Besondere am Film von Ilona Ziok ist die Zusammenführung von kommunistischem Widerstand und dem der sich als Elite verstehenden Aufrührer des 20. Juli 1944. Dabei geht es nicht um eine Addition von Positionen, sondern um das filmische Aufeinandertreffen von zwei unmittelbaren Angehörigen beider Kreise, die überlebt hatten: der Arbeiter Fritz Perlitz (gest. 1972) und Carl-Hans Graf von Hardenberg (gest.1958). Beide kannten sich schon aus den heftigen Kämpfen gegeneinander in den 30er Jahren in Neuhardenberg und trafen sich 1944 im Konzentrationslager Sachsenhausen wieder.
 

Das ist nur die Kurzfassung einer spannenden Feindschaft, die zur Freundschaft wurde und die politische Kraft zeigt, die erwächst, wenn Konservative und Kommunisten sich gegen Hitler stellen. Eine harte Bewährungsprobe für die Verbindung ist dann die Übernahme des durch die SED enteigneten Schlosses Neuhardenberg, für das – Zufall – Perlitz als SED-Kreissekretär zuständig wird, während die von Hardenbergs im Westen leben. Nach 1989 wendet sich das wiederum ins Gegenteil. Die Familie von Hardenberg kehrt zurück und wird geehrt, Fritz Perlitz soll dagegen aller Auszeichnungen verlustig sein und vergessen werden.
 

Der tief menschliche und gleichzeitig hochpolitische Film hat in der Thematisierung von proletarischem und adligem Widerstand gegen die Nazi-Diktatur wichtige Unterstützung durch den ehemaligen Bundespräsidenten Richard von Weizsäcker erhalten. Er führt im Film aus: „Als Deutsche ehren wir das Andenken der Opfer des deutschen Widerstands, des bürgerlichen, des militärischen und glaubensbegründeten, des Widerstands in der Arbeiterschaft und bei Gewerkschaften, des Widerstandes der Kommunisten.“ Damit hat er zusammengeführt, was zusammengehört, zuvor aber immer nur getrennt und von einer unterschiedlichen Klientel für sich abgetrennt gefeiert wurde: der notwendige gemeinsame Widerstand gegen die Diktatur.


Kann sein, daß das Deutschland von 2016 sich gar nicht mehr erinnert, wie sehr diejenigen, die den 20. Juli im Westen feierten, den kommunistischen Widerstand als nicht wahrgenommen brandmarkten, während in der DDR gerade dieser hochgehalten wurde. Wie stark in der jungen Bundesrepublik die Verleugnung eines kommunistischen Widerstand betrieben wurde, kann man sehr gut daran erkennen, wie der Sozialdemokrat Fritz Bauer, dem der kommunistische Widerstand sicher sehr nahe stand, erfolgreich im Jahr 1951/52 darum bat, gesellschaftlich erst den Widerstand der Eliten vom 20. Juli 1944 als Tyrannenmord legitimieren zu können, ehe man sich um die von den Nazis besonders verfolgten Kommunisten kümmerte, die früher und entschlossener als andere gesellschaftliche Kräfte von Beginn an Hitler bekämpft hatten. Das ist wichtig festzuhalten, weil ja ein nicht geringer Teil der adligen Attentäter erst einmal Gefolgsleute Hitlers waren, die als von seiner Politik nach innen und außen Enttäuschte dann Hitlers Tod als die Voraussetzung des Weiterlebens von Deutschland sahen.

 
Diese schwierigen Positionen werden im Film durch die Gegenüberstellung bzw. Parallelisierung der beiden Schicksale Perlitz und von Hardenberg auf leichte Weise verständlich und zu einer Sache gemacht. Und dies in völlig unpathetischer Weise. Es sind die Menschen, die uns überzeugen, die hier wunderbar ins Bild gebracht sind und eine versöhnende Kraft weitergeben.


Info:

17. Juli 2016 im  Fraenger-Haus, Tschaikowskiweg 4, 14480 Potsdam


Die Einlader schicken folgende Information mit:

An die Empfänger ausserhalb von Berlin und Potsdam schicken wir diese Rundmail, um sie auf die Filme von Ilona Ziok aufmerksam zu machen, die man im Internet als Video on demand  abrufen kann.

Der Junker und der Kommunist
https://stream.realeyz.de/media/der-junker-und-der-kommunist/1_mwbm9gei


Fritz Bauer - Tod auf Raten
https://stream.realeyz.de/media/fritz-bauer-tod-auf-raten/1_zm1ezo6z


Kurt Gerrons KARUSSELL (ein Cabaret-Film über den Holocaust mit Coco
Schumann, Ute Lemper, Max Raabe, Bente Kahan, Ben Becker u.a):
https://stream.realeyz.de/media/Kurt+Gerrons+Karussell/1_7ho7zqtq

Special Olympics Minneapolis (über die Olympiade der geistig
behinderten Menschen, auf der Anfang der 90er Ilona Ziok als einzige drehen durfte,
heute wegen der Sicherheit total verboten):
https://stream.realeyz.de/media/special-olympics/1_ythv1a34


The Sounds of Silents (mit Willy Sommerfeld, dem letzten
Stummfilmpianisten der 20er Jahre)
https://stream.realeyz.de/media/Der+Stummfilmpianist/1_tcbrbctk