Die Entwicklungspolitik der Bundesregierung dilettiert in Kenia (Afrika)


Heinz Markert


Frankfurt am Main (Weltexpresso) - Es gibt Vorgänge, die ragen mächtig hinein ins neue Jahr, die dürfen nicht unter den Tisch fallen. Sie überschatten jegliche Feiertage. Der Hintergrund ist: unsere Regierung dient nicht den Völkern ferner Länder, sofern sie es vorgibt, sondern begünstigt Finanzgeflechte, die Despoten und deren Entourage auf den Leib geschneidert sind. Mit diesen übt sie Kooperation.


Eine tragende Säule des Elends ist eine dilettantische Behördenbürokratie, die anscheinend nichts mitbekommt oder wegschaut. Sie nährt sich vor allem gerne selbst. An Bildschirmen zusammen gebastelte hedgefondähnliche Finanzkonstrukte verfolgen den Zweck, das eigene Volk und das Geberland zu berauben. Sinnfällig ist das im Fall des afrikanischen Landes Kenia geworden. Kenia ist eines der korruptesten Länder der Welt. Ein Beitrag des Magazins Monitor titelte: ‚Die Afrika-Politik der Bundesregierung - Millionen für Despoten‘ (WDR, DasErste, 08.12.2016)


Allein die Titulierung: „Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung“ erregt – nicht grundlos, sondern durch langjährige Erfahrungen belegt - den Verdacht, dass es weniger um die in ihre ureigenen Rechte einzusetzenden Benachteiligten in armen Ländern geht als um den Dienst an der Vorteilsannahme einer Oberschicht in diesen Ländern. Diese bedient sich auch eines Offshore-Finanzplatzes wie die Cayman Islands und selbst Belgiens noch als Oase zur Optimierung erschlichenen Vermögens.

 


Entwicklungspolitik – die viel missbrauchte


Das Thema, das offenbar im bundesdeutschen Polit- und Bürgeralltag kein großes Aufsehen erregt, hat das Magazin Monitor aufgespürt. Und unser aller Entwicklungsminister ist irgendwie mit daran beteiligt. Weil Magazine wie Monitor nur von einer Minderheit gesehen werden - die noch nicht Quizsendungen verfallen ist -, erscheint es angezeigt, die Leistung des Aufgreifens eines Skandals vor dem Verstauben zu bewahren und sie unter der Rubrik ‚Gesehen‘ wiederzugeben. Und dafür sind die Magazine gesellschaftspolitisch auch gedacht.


Die Eingangsfeststellung des Magazins: „Fluchtursachen in Afrika bekämpfen, dabei aber neue schaffen“, benennt das Skandalon. Die Arbeiter von Palmöl-Plantagen im Norden des Kongo bekommen keinen Monatslohn oder einen Lohn, der nach Gutdünken zwischen 10 und 30 Dollar pro Monat pendelt. Die Plantagen sind Teil einer Projektidee, die als Ausweis und gelungene Praxis für europäische Entwicklungshilfe - an dem auch Geld aus Deutschland beteiligt ist - dienen soll. Man sieht Entwicklungsminister Gerd Müller vor Ort eine Ansprache in deutscher Sprache halten. Das Ganze wirkt seltsam verfehlt in dieser anderssprachigen indigenen Umwelt, fast wie eine Show-Veranstaltung. In das Projekt hat auch die bundeseigene DEG (Deutsche Investitions- und Entwicklungsgesellschaft – zuständig für die ärmsten Länder) Gelder einfließen lassen.


100 Millionen Dollar Entwicklungsgeld aus Europa gelangte an eine Firma mit dem mythisch - besser: mysteriös - klingenden Namen „Feronia“. „16,5 Millionen Dollar versprach die Feronia im vergangenen Dezember. Genauer gesagt, der kongolesischen Tochtergesellschaft PHC“ (Wortlaut Monitor). Davon sollten 57 000 Menschen ihren Teil abbekommen. Das Geld kommt aber nicht an.


Finanzanalyst und Rohstoffexperte Christopher Ecclestone, der die Geschäftspraktiken unter die Lupe nahm, findet wenig von einer Plantagenfirma dafür aber umso mehr von einem „Firmengeflecht, das von Hedgefond-Managern zusammengebastelt wurde“, lässt Monitor ihn aussagen. Die verschachtelte Struktur der Veronia wird in der Sendung in Schaubildern veranschaulicht, sie erstreckt sich über mehr als 5 Länder, über Kontinente, auf diese Weise wird das Firmenagglomerat verdunkelt; schließlich taucht noch eine Tochter in Belgien auf – in der die Cayman-Firmen aufgehen. Anscheinend werden nur 3 Plantagen von fürstlich ausgestatteten, hoch dotierten Managern ‚betrieben‘. Die DEG befragt, weiß nichts genaues, redet sich damit heraus, dass die ominös erscheinenden Praktiken vor dem Zeitpunkt ihres Einstiegs lagen.

 


Männer begünstigen Männer


Wer aber profitiert? Es ist Kikaya Bin Karubi, Chefdiplomat von Joseph Kabila, dem Präsidenten und Kriegstreiber des Kongo. „Ein System von Korruption und Machtmissbrauch, dafür stehen der Autokrat Kabila und seine Clique“ (Monitor). Bin Karubi, Berater an der Seite von Kabila, „kassiert offenbar bei Feronia kräftig mit. So erhielt auch er Millionen von Dollar in Unternehmensanteilen, Direktorengehältern und Mieteinnahmen“, obgleich Ecclestone aus Unterlagen herausliest: „Im letzten Jahr haben sie überhaupt nichts neues angepflanzt“.


Nach Monitor vorliegenden Auszügen von Dokumenten wird auch ersichtlich, dass es im Zusammenhang mit einer weiteren gegründeten Firma zu seltsamen Anweisungen hoher Millionenbeträge mit prominenten Namensempfängern kam. Bei Veronia nachgefragt, wird abgeblockt und auf Schreibfehler abgehoben, die angeblich keine Begünstigungen zeigten. „Fließt auch deutsches Entwicklungsgeld in dunkle Kanäle?“, fragt Monitor. Lokale Autoritäten bestätigen unterdessen, dass Arbeiter monatelang auf ihren Lohn warten müssen. Feronia räumt diesen Tatbestand gar freimütig ein. Bei den mickrigen Arbeiterlöhnen wird also gespart und geprellt, woanders aber in die Vollen gegriffen.


Die bundeseigene DEG trifft eine wesentliche Schuld am Debakel. Sie hat die Verhältnisse beim Firmengeflecht nicht genügend abgeprüft, hat zu wenig Risikoanalyse betrieben und die sozialen und ökologischen Kriterien vernachlässigt. So werden statt bejammerte Fluchtursachen zu überwinden, neue und womöglich tragischere geschaffen. Die Erkenntnis aus dem Fallbeispiel ist auch, wie könnte es anders sein: es gibt ein Verwaltungs- und Vollzugsdefizit der Bürokratie mit Behördenmentalität. Und der Zugriff und Vollzug des Rechts bleibt ausgesetzt, das die Schuldigen belangen könnte, bzw. das Recht hält sich vornehm und distanziert, wie es sich gewöhnlich stellt, zurück).


Woran es allerdings in Deutschland fehlt, ist ein Unternehmensstrafrecht. Das wurde jetzt wieder drastisch offenbar im Fall von ‚Dieselgate‘. Ein Strafrecht in Fällen von Wirtschaftskriminalität, die von Despoten begangen wurde, hat soeben Frankreich in einigen Fällen von vorgefallener Korruption und Selbstbedienung in seinen ehemaligen Kolonien spektakulär, publikumswirksam, angewandt.

 

Foto: www.Congodiaspora.forumdediscussions.com


Info:
Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, Minister Dr. Gerd Müller; Günter Nooke, Afrikabeauftragter der Bundeskanzlerin.
http://www1.wdr.de/daserste/monitor/videos/video-afrika-politik-der-bundesregierung-millionen-fuer-despoten-100.html