Zur Absage des geplanten Auftritts der AfD-Vorsitzenden in Frankfurt am Main, Teil 2/2

Claudia Schulmerich

Frankfurt am Main (Weltexpresso) – Wenig Fingerspitzengefühl zeigte der Präsident des Wirtschaftsclubs nicht nur mit dieser Einladung, sondern auch mit dem Umgang, den sie auslöste, also damit, als es erste Proteste gab.



Da zeigte er sich erstens überrascht und zweitens als jemand, der die Veranstaltung gegen alle Proteste durchführen wird, was er der Frankfurter Rundschau gegenüber damit begründete, daß diese Partei zum demokratischen Spektrum unseres Landes gehöre, „‘sie vertritt ein Viertel der Bevölkerung‘, fügte er mit Blick auf das AfD-Wahlergebnis von 25 Prozent in Sachsen-Anhalt hinzu.“

Just diese Aussage erbost in Frankfurt jeden, bis auf die 7 Prozent AfD-Wähler, die es bei der letzten Bundestagswahl gab. Frankfurt am Main besitzt bei allen parteipolitischen Differenzen  ein grundsätzliches gemeinsames Verständnis,  Ort der Paulskirche und damit der demokratischen Bestrebungen von 1832 und 1848 zu sein. Als die Amerikaner hier in Frankfurt ihr erst deutsches, dann europäisches Headquarter – übrigens im repräsentativen IG Farbengebäude – errichteten, war ja Entnazifizierung und Stärkung demokratischen Bewußtseins und Handelns als vorrangige Erziehungsaufgabe für Deutsche noch angesagt, die hier Früchte trug, sei es nun als Hauptstadt des Jazz, der mit den Amerikanern eingezogen war, den Frankfurter Heften, als eine sich politisch verstehende Kultur oder die Rückkehr der Lehrstuhlinhaber Max Horkheimer und Theodor W. Adorno an die Frankfurter Universität.

Tatsächlich war und ist es in Frankfurt immer ein wenig liberaler als in anderen deutschen Großstädten zugegangen, wozu gehört, daß auch die Zuwanderung in der internationalsten Stadt Deutschlands, beginnend mit den Italienern in den Fünfzigern und nicht endend mit den Flüchtlingsströmen 2015/16, zu erheblich weniger Schwierigkeiten oder Einwohnerprotesten führte als anderswo. Hier lebt man friedlich miteinander, ohne die Ausländergettos anderer Städte, wo sich leicht diejenigen versammeln, die aus identischen Kulturräumen gekommen sind. Die Einladung des Wirtschaftsclubs Rhein-Main an die Vorsitzende einer Partei, die so konträr zum gesellschaftlichen Klima der Stadt steht, mußte geradezu auch die Reaktion des Frankfurter Oberbürgermeisters hervorrufen, der ja berufen ist, Schaden von seiner Stadt abzuwehren.


So hatte sich Peter Feldmann unmittelbar nach Kenntnisnahme des vorgesehenen Vortrags vom 23. März auf Facebook geäußert: „Die ganze Aktion gibt völlig unnötig den Rechtspopulisten eine Plattform und wirft einen Schatten auf die anständigen Frankfurter Unternehmer und unsere liberale Stadt.“ Und außerdem sagte er: „die konstruktiven Kräfte im Wirtschaftsclub täten gut daran, jetzt ein klares Zeichen zu setzen.“

Damit, nämlich mit den klaren Zeichen, begann der Hausherr der Villa Bonn wo am 23. März das Treffen nebst Vortrag stattfinden sollte: die Frankfurter Gesellschaft für Handel, Industrie und Wissenschaft. Die bekam aus gutem Grund Angst um ihr denkmalgeschütztes Gebäude. Längst hatte sich Widerstand gegen den Auftritt von Frauke Petry formiert und es waren schon zwei Protestdemos angekündigt. Also wurde dem Wirtschaftsclub die Veranstaltungsmöglichkeit  in diesem Haus abgesagt. Und – seien wir ehrlich – es fand sich kein Hotel bereit, dem schon im Vorfeld belasteten Ereignis Raum zu geben.

Deshalb wurde aus den markigen Worten des Clubpräsidenten ein entschuldigendes lahmes Gehtleidernicht. Und er konnte sogar die Ängste der Eigentümer der Villa Bonn verstehen, womit
Thomas Kretschmann  die Absage plump den  beabsichtigten Gegendemonstrationen zuschob, die nun den Schwarzen Peter haben. Das hilft dem Präsidenten nicht, denn längst hatte die Vizepräsidentin des Wirtschaftsclubs etwas nachgelegt, was den Schwarzen Peter nun eindeutig dem Club zuweist – und irgendwie für Satiresendungen gut geeignet wäre.

Eine Hilke Vogler, Vizepräsidentin,  hat sich der Frankfurter Rundschau gegenüber – nachzulesen am 17.3. - in der Art geäußert, es sei „eine Unverschämtheit, uns in die rechte Ecke zu drängen.“ Man müsse „die Ränder anhören“. „Wir haben früher auch Torsten Schäfer-Gümbel eingeladen.“, äußerte sie wortwörtlich. Da bleibt einem glatt die Spucke weg. Der Landesvorsitzende der SPD Hessen muß nun für eine Einladung an Petry herhalten. Als was? Als Ausgleich von Links gegen Rechts? Aua, kann man da nur sagen. Und erneut feststellen, daß der Wirtschaftsclub mit seinen Repräsentanten nicht nur kein Glück hat, sondern ausgesprochenes Unglück heraufbeschwört: „auch Torsten Schäfer-Gümbel“. Das muß man sich wirklich auf der Zunge zergehen lassen, was eine solche Äußerung nach sich zieht, ziehen muß.

Daß der Frankfurter SPD Parteivorsitzende Mike Josef von einer „absolut nicht hinnehmbaren Entgleisung“ sprach und „Das schlägt dem Faß den Boden aus“, äußerte, gehört dazu, wie auch Schäfer-Gümbels zutreffende  Charakterisierung einer „bizarren Gleichsetzung“.  Dies schrieb der SPD-Landesvorsitzende in einem Offenen Brief an den Wirtschaftsclub, dem er mitteilte, es sei inakzeptabel die Einladung an Petry „damit zu rechtfertigen, daß auch ich schon Gast Ihres Vereins gewesen sei.“

Spätestens mit der wirklich bizarren Gleichsetzung von Petry und Schäfer-Gümbel durch die Vizepräsidentin ist dieser Vorgang in eine Provinzposse abgeglitten. Anstatt Wirtschaftsinteressen ernsthaft zu vertreten, haben die Repräsentanten des Wirtschaftsclubs diesen in ein schiefes Licht gerückt.  Die 700 Mitglieder, immerhin rund 40 Prozent außerhalb des regionalen Raums Rhein-Main, müssen den eingetretenen Schaden ausbügeln.

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