Ostern mit der „Mutter aller Bomben“

Kurt Nelhiebel


Bremen (Weltexpresso) - Auch dieses Jahr haben es die Ostermärsche der Friedensbewegung wieder in die Nachrichten geschafft. Ein schöner Erfolg, gemessen an der Nichtachtung, der sich die Ostermarschierer früher gegenüber sahen.

Gäbe es diese wenigen Tausend Unentwegten nicht, müsste die Welt glauben, die Deutschen störten sich nicht am dumpfen Grollen eines drohenden Krieges. Aber auch Andere fragen sich, weshalb die USA ihre größte nichtnukleare Bombe auf ein Gebiet in Afghanistan abwarfen, wo sich Fuchs und Hase Gute Nacht sagen.

 

Die „Mutter aller Bomben“ mit der Sprengkraft von elf Tonnen TNT wurde für den Einsatz gegen große Truppenansammlungen entwickelt. Nach Angaben der „Neuen Zürcher Zeitung“ haben sich in Afghanistan niemals mehr als 3.000 IS-Kämpfer aufgehalten. Der russischen Agentur Interfax zufolge war der Bombeneinsatz nicht nötig, da sich in letzter Zeit nichts grundlegend an der Situation in Afghanistan geändert habe. Was sollte das Ganze also? Der Afghanistan-Experte Omar Nessar von der russischen Akademie der Wissenschaften in Moskau sieht in dem Einsatz der riesigen Bombe eine Demonstration der Stärke gegenüber Russland, das selbst über eine weitaus stärkere nichtnukleare Bombe verfügt. Sie soll eine Sprengkraft von 44 Tonnen TNT haben und den Beinamen „Vater aller Bomben“ tragen.

 

Insofern klingt das Lob des amerikanischen Präsidenten Trump für den US-Militärschlag etwas blechern. In Zeiten wie diesen kann eine Weltmacht der anderen mit dem Vorzeigen ihrer Waffen nicht mehr imponieren. Diesem Irrglauben folgt allenfalls noch der Nordkoreanische Machthaber Kim Jong Un, der nicht davon ablassen will, mit seinen Raketenversuchen gegen den Nachbarn im Süden zu sticheln. Dass sich die USA durch die Kraftmeierei des Koreaners herausgefordert fühlen könnten, glaube wer will. Es sei denn, sie suchten einen wohlfeilen Anlass für einen Militärschlag gegen China, vor dem uns der Himmel oder wer auch immer bewahren möge. Wer möchte da schon seine Hand ins Feuer legen.

 

Alle Welt ist irritiert angesichts der von Donald Trump heraufbeschworenen Unsicherheit. Wie jeder militärische Angriff verstößt auch jeder Bombenabwurf auf das Gebiet eines souveränen Staates gegen das Gewaltverbot der UN-Charta, die den Einsatz von Streitkräften gegen ein anderes Land nur zur Selbstverteidigung zulässt, und auch das nur für eine begrenzte Zeit, bis der Sicherheitsrat das Kommando übernimmt. Mit dem Völkerrecht unvereinbar war auch der kurz davor im Alleingang erfolgte amerikanische Raketenangriff auf einen syrischen Luftwaffenstützpunkt als Antwort auf die Tötung von Zivilisten durch das Nervengas Sarin. Aber wann haben sich die USA jemals um das Völkerrecht gekümmert, wenn es um eigene Interessen ging? Afghanistan ist für sie eine Art amerikanische Provinz. Die Klage des ehemaligen afghanischen Staatschefs Hamid Karzai, sein Land werde als Testgebiet für neue Waffen missbraucht, entlockte dem neuen Herrn im Weißen Haus wohl kaum mehr als das sprichwörtliche müde Lächeln.

Die beflissene Parteinahme des sozialdemokratischen Möchtegern-Verteidigungsministers Rainer Arnold für den völkerrechtswidrigen Angriff ist angesichts des allgemeinen Entsetzens mehr als peinlich. Militärisch sei es legitim gewesen, das 300 Meter lange Tunnelsysteme der Terroristen zu zerstören, behauptete er. Anfänglich hieß es, dass auch 30 Terroristen getötet worden seien. Später wurden 94 daraus. Hat sich der Angriff deshalb gelohnt? Wie bei einer Hydra wachsen dem internationalen Terrorismus immer neue Fanatiker zu; militärisch lässt sich das Ungeheuer nicht besiegen. Als erfolgreicher Geschäftsmann sollte sich Donald Trump fragen, in welchem Verhältnis elf Tonnen Sprengstoff zu 94 getöteten Terroristen stehen. Irgendwie rechnet sich das doch nicht. Noch nicht mal das.