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Kategorie: Bücher
Bildschirmfoto 2018 02 09 um 00.36.24Mary Shelleys „Frankenstein - oder der moderne Prometheus“. Der Hintergrund, Teil 1/4

Hanswerner Kruse

Berlin (Weltexpresso) - In ihrem 1818 - zunächst noch anonym - veröffentlichten Roman „Frankenstein - oder der moderne Prometheus“ beschreibt die junge Mary Shelley wie Dr. Frankenstein, ein überaus begabter Mediziner und genialer Wissenschaftler, einen künstlichen Menschen entwickelt. Nach qualvollen und mühseligen Forschungen gelingt ihm diese überraschende Konstruktion, jedoch wendet er sich entsetzt von dem Ungeheuer ab, überlässt es sich selbst und flüchtet noch in derselben Nacht.

Doch das Wesen lässt sich nicht abschütteln und schließlich kommt es zur Wiederbegegnung: „Seine riesenhafte Statur und Ungeschlachtheit, grässlich in ihrer Unmenschlichkeit, überzeugten mich sofort, dass es das Monstrum war, der widerliche Dämon, dem ich das Leben geschenkt hatte“.

Dieser künstliche, namenlose Mensch zwingt Frankenstein, ihm zuzuhören, denn er ist nicht per se ein Monster, sondern ein gütiges, lernwilliges, einsames und unglückliches Wesen, das verzweifelt versucht ein Mensch mit Gefühlen zu werden und ein tugendhaftes Leben zu führen aber immer wieder zurückgewiesen, ausgegrenzt, verfolgt wird. „Mein Äußeres war abschreckend und als mir schließlich unabweislich aufging, was für ein Scheusal ich bin, da überkamen mich bitterste Niedergeschlagenheit und Verzweiflung“. Nun versucht er wenigstens das Herz seines Schöpfers zu erreichen, aber „selbst Du, mein Schöpfer, verachtest mich und trittst mich mit Füßen, dein eigenes Geschöpf...“

Durch einen unglücklichen Zufall hatte er ein Kind getötet, den kleinen Bruder Frankensteins - und spürte plötzlich in einer Art Wahnsinn wilde Gefühle von Rache. Nun erkannte er triumphierend, „auch ich kann Verwüstung anrichten; mein Feind ist nicht unverwundbar und täglich aufs neue schwor ich Rache - eine tiefe, tödliche Rache, die mich allein für die Misshandlungen und Ängste, die ich ausgestanden hatte, entschädigen konnte“.

Im weiteren Verlauf der Handlung wird das namenlose Wesen wirklich zum Verbrechen begehenden Ungeheuer, weil Frankenstein ihm nicht die ersehnte eigene Frau, „ein ebenbürtiges Wesen“, schaffen will. „Soll jeder Mann eine Frau nach seinem Herzen und jedes Tier seine Gefährtin haben dürfen und nur ich alleine nicht?“. Doch, so der sein Wort brechende und endlich verantwortlich für sein Handeln einstehende Frankenstein, „Ich erkannte den Wahnsinn meines Versprechens, noch ein solches Wesen wie ihn zu erschaffen, und vor innerer Erregung zitternd, riss ich den Körper, mit dem ich beschäftigt war, in Stücke und vernichtete alle Unterlagen“.

Außer sich vor Wut ermordet sein enttäuschtes Geschöpf nun Elisabeth, die Braut Frankensteins, auch dessen Freund Henri und flieht in die Weiten der Arktis. Doch selbst dorthin wird es noch von seinem Schöpfer verfolgt, „Ich weihe mich auf Leben und Tod seiner Vernichtung“. Dort stirbt der Mediziner an Entkräftung und Erschöpfung, nachdem er reuevoll seine Lebensgeschichte dem Leiter einer arktischen Forschungsexpedition, zugleich Kapitän eines Schiffes, erzählt hat: „Ich ging auf Wolken, wobei ich bald meine Macht genoss, bald mich an ihrer Wirkung berauschte. Seit meiner Kindheit war ich von großem, brennendem Ehrgeiz erfüllt; aber wie tief bin ich nun gesunken!“.

In der Todesnacht kommt Frankensteins Wesen an Bord und findet seinen Schöpfer tot. In tiefer Trauer um seine schlechten Taten und Abscheu auf sich selbst - „...der Stachel der Reue wird nicht aufhören in meiner Wunde zu schwären bis der Tod sie für immer verschließt“ - wird es sich selbst richten: „Ich werde meinen Scheiterhaufen aufschichten und diesen elenden Körper zu Asche verbrennen. Bald werden diese brennenden Schmerzen vergangen sein. Ich werde meinen Scheiterhaufen triumphierend besteigen und in den Qualen der sengenden Flammen hoch aufjubeln. Wo kann ich Ruhe finden außer im Tod?“.

FORTSETZUNG FOLGT

Foto:
© Cover 

Info:
Das Originalbuch Mary Shelleys „Frankenstein - oder der moderne Prometheus“
erschien in mehreren Ausgaben, etwa bei Reclam oder im Insel-Verlag

Podcast
Die 5-stündige Lesung in der Bibliothek Stuttgart lässt sich kostenlos als mp3-Hörbuch unter http://www.stuttgart.de/stadtbuecherei/druck/audio/literatur/frankenstein_audio.htm 
herunterladen

Rudolf Drux (Hrsg.) „Der Frankenstein-Komplex“, Suhrkamp-Verlag - Dokumentation zum gleichnamigen Symposion in Weimar 1999
Karin Priester, Mary Shelley - die Frau, die Frankenstein erfand (Biografie), Blanvalet-Verlag