Weltexpresso - Eiskalte Verbrechen aus Finnland

Anläßlich des Gastlandes FINNLAND.COOL mehr über deren Kriminalromane und die Termine der Lesungen, Teil 1

Elisabeth Römer

Frankfurt am Main (Weltexpresso) – Erst einmal muß man den finnischen Kriminalroman von den anderen nordischen Krimis scheiden. Das ist nicht einfach. Aber es geht. Der finnische Kriminalroman wurde in den letzten Jahren als sehr blutig wahrgenommen, darunter die sehr erfolgreichen Romane von Ilkka Remes, der über Finnland hinaus in die europäischen Gefilde einbricht und auch genau über Deutschland Bescheid weiß.

Zuvorderst aber will der Normalleser wissen, was die nordischen Krimis von den übrigen trennt und wie die nochmalige Differenzierung innerhalb der skandinavischen Welt aussieht – eigentlich nehmen wir den schillernden Begriff Skandinavien nicht gerne, denn schillernd ist er insofern, als streng genommen, Finnland nicht zu den skandinavischen Ländern zählt, was unter anderem mit dem anderen Herkommen der finnischen Urbevölkerung begründet ist, deren finnisch-ugrische Sprache eben nicht das Indogermanische der übrigen Nordvölker teilt. Andererseits ist auch Schwedisch in Finnland Amtssprache – wie umgekehrt das Finnische in Schweden – weil es viele jeweilige Auslandsbewohner gibt, weshalb im weiteren Sinne dann doch wieder alle nordischen Krimis als skandinavische bezeichnet werden. Puristen würden das nie tun und auch uns ist der Begriff der nordischen Krimis lieber, der dann auch Island (! Arnaldur Indriðason !), die Farör Inseln, Norwegen, Dänemark und Schweden mit den meisten und bekanntesten Krimiautoren umfaßt.

Insgesamt sind die nordischen Krimis verglichen mit den übrigen europäischen Kriminalromanen tatsächlich blutiger, sie sind aber auch politischer und dazu, das muß nicht immer in einem Krimi alles vorkommen, sind sie sehr viel psychologisierender als alle anderen Krimis der Welt. Das macht sie für diejenigen, die in die Abgründe menschlicher Seelen blicken wollen und auch diejenigen, die gerne wissen wollen, warum Menschen andere Menschen morden, besonders attraktiv. Für die Aktionshelden unter den Lesern dagegen, die gerne als Abwechslung von der Alltagsroutine in eine spannende Handlung verwickelt werden wollen, über die sie sich nach dem Lesen keine Gedanken machen müssen, weil alles aufgeklärt wurde, für die sind die echten nordischen Krimis vielleicht doch nicht so geeignet.

In der Theorie ist viel gerätselt worden darüber, ob die langen Winter, das wenige Sonnenlicht, auch die wenigen Menschen pro Quadratkilometer in diesen Ländern, vor allem in den Nordteilen das Schreiben von Kriminalromanen motiviert. Denn eines ist klar, allein von der Literaturproduktion ist Finnland mit einmal gerade fünfeinhalb Millionen Einwohnern kleiner als das Bundesland Hessen, das sechs Millionen Bewohner zählt, aber, obwohl schon Frankfurt als Sündenpfuhl gilt, nie und nimmer auf derartig viele Krimiautoren käme. Allerdings war das auch in Finnland früher nicht so.

Wie in anderen Ländern der Welt, stehen heute auch in Finnland Thriller und Krimis ganz oben auf der Beliebtheitsskala der Leser. Waren es Mitte der neunziger Jahre noch 20 Bücher die jährlich auf den Markt kamen, sind es aktuell mehr als 90 Krimis, die in Finnland neu erscheinen. Inzwischen werden auch immer mehr finnische Kriminalromane ins Deutsche übersetzt und machen den etablierten schwedischen und norwegischen, auch dänischen Autoren starke Konkurrenz. Fortsetzung folgt.

Neue Krimis aus Finnland:

Kati Hiekkapelto, Kolibri, Roman, aus dem Finnischen von Gabriele Schrey-Vasara, ET

September 2014, Heyne.

Pekka Hiltunen, Die Frau ohne Gesicht und Das schwarze Rauschen, Roman, aus dem

Finnischen von Gabriele Schrey-Vasara, ET 2014, Berlin Verlag.

Leena Lehtolainen, Der Löwe der Gerechtigkeit, Roman, aus dem Finnischen von

Gabriele Schrey-Vasara, ET Juli 2014, Rowohlt Taschenbuch.

Leena Lehtolainen, Das Nest des Teufels und Wer ohne Schande ist. Maria Kallio

ermittelt. Aus dem Finnischen von Gabriele Schrey-Vasara, ET Januar und August 2014,

Kindler.

Matti Rönkä, Finnische Freunde – Drei Viktor Kärppä Krimis in einem Band, Roman, aus

dem Finnischen von Gabriele Schrey-Vasara, ET September 2014, Bastei Lübbe

Taavi Soininvaara, Tot – Leo Kara ermittelt, Krieg der Götter und Das andere Tier,

Roman, aus dem Finnischen von Peter Uhlmann, ET August und September 2014, Aufbau

Verlag.

Antti Tuomainen, Todesschlaf, aus dem Finnischen übersetzt von Anke Michler-

Janhunen, ET Oktober 2014, Ullstein/List.

Ilkka Remes, Das X-Virus, Thriller, aus dem Finnischen von Stefan Moster, ET Oktober

2014, dtv

Finnische Krimiautoren zu Gast in Deutschland:

Hamburg

Kriminacht mit Leena Lehtolainen und Kati Hiekkapelto

Harbor Front Literaturfestival Hamburg

07.10.2014, 20:00 Uhr

Kühne Logistics University - THE KLU

Großer Grasbrook 15-17

20457 Hamburg

Düsseldorf

Camilla Renschke liest Kati Hiekkapelto „Kolibri“

08.10.2014, 20:00 - 22:00 Uhr

Zentralbibliothek Düsseldorf

Bertha-von-Suttner-Platz 1

40227 Düsseldorf

Bad Berleburg

Leena Lehtolainen: Wer ohne Schande ist

Berleburger Literaturpflaster

10.10.2014, 20:00 Uhr

Amtsgericht

Im Herrengarten 5

57319 Bad Berleburg

Speziell AUF DER BUCHMESSE

Antti Tuomainen: Todesschlaf

09.10.2014, 13:30 - 13:50 Uhr