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Kategorie: Film & Fernsehen
f teresa1Serie: Die anlaufenden Filme in deutschen Kinos vom 30. November 2017, Teil 9

Cecilia Atán und Valeria Pivato

Frankfurt am Main (Weltexpresso) – „Nur indem wir die Wüste durchqueren, finden wir uns selbst.“ Unser Film stellt eine Reise durch die Wüste dar, eine Wüste, die eine Metapher für das Unbehagen der Selbsterfahrung ist.

Am Anfang bewohnt Teresa eine Welt, die sie kennt, eine scheinbar sichere Welt. Sie glaubt, Teil einer Familie zu sein, der sie ihr Leben gewidmet hat. Die Jahre sind vergangen, und sie klammert sich an das Wenige, das sie tatsächlich hat. Doch die Umstände ändern sich, und alles, an das sie geglaubt hat, zerfällt plötzlich. Nun kann die 54-jährige Teresa nirgendwo mehr hin.

Obschon das für viele das Ende der Geschichte wäre, ist es für uns ein Anfang. Denn wir glauben, dass das Fehlen von Sicherheit plötzlich unser unerforschtes inneres Potenzial enthüllen kann; es bringt uns dazu, uns Gefühle und Begierden zu stellen, die wir nicht einmal als unsere eigenen anerkennen können. Für Teresa bedeutet die Reise durch die Wüste ein langsames Erwachen, das es ihr erlaubt, sich endlich ihrer unentdeckten Stärken bewusst zu werden.

Die Wüste ist feindselig, und Teresas Reise am Highway entlang nimmt den Zuschauer mit zu den Gründungsmythen dieses Heiligtums: Deolinda Correa durchquerte die Wüste und verdurstete mit ihrem Baby in den Armen, doch das Baby überlebte, indem es von den Brüsten seiner toten Mutter trank. Die Kraft der Natur überwindet die Widrigkeiten; das Schicksal fordert unsere Erwartungen heraus; das Unvorhergesehene ist die antreibende Kraft für Veränderung.

In diesem mythischen und doch lebendigen Kontext widerfährt Teresa der erste Rückschlag, der die Ereignisse beeinflussen wird: Sie verliert ihre Tasche mit all ihrem Hab und Gut. Dieses unerwartete Ereignis führt dazu, dass sich ihr Weg mit dem von Gringo kreuzt, einem charismatischen Reisenden, der ihr Partner auf ihrer Suche wird. Wie eine Ausweitung des früheren Universums zeichnen sich El Gringo und sein Pickup gegen die trockene Landschaft von Cuyano ab, eine bedrohliche und zugleich anziehende Möglichkeit, die in Teresa die Faszination all dieser Widersprüche erweckt.

Während sie gemeinsam durch die verschiedenen Welten Reisen, die sich um sie herum ausbreiten, füllt sich diese stille und undurchsichtige Frau langsam mit Leben und Farbe. Und obwohl jedes Universum die Merkmale dieser einen Person annimmt, die es bewohnt, verdichten sie sich alle zu dieser einen Richtung, in welche das Heiligtum bereits seit Anbeginn der Reise gewiesen hat: Teresa in die Vielfalt und die unentrinnbaren Möglichkeiten des Lebens einzuführen.

In einer Zeit, in der die Außenwelt uns davon überzeugen will, dass das, was wir in unserer Jugend verpasst haben, unwiderruflich verloren ist, wünschen wir uns, den Prozess der Suche, des Vergehens der Zeit, wertzuschätzen – die Arbeit, die verrichtet werden muss, damit wir wachsen und diesen sicheren Ort dort finden können, wo er tatsächlich ist: in uns selbst.

Foto: © Verleih

Info: 

Teresa         Paulina García
El Gringo     Claudio Rissi

Übrigens heißt der Originaltitel LA NOVIA DEL DESIERTO, was so viel heißt wie DIE VERLOBTE DER WÜSTE . Die Regie führten Cecilia Atán und Valeria Pivato. Der Film wurde bei dem Festival von Cannes 2017 in der Sektion “Un Certain Regard” aufgeführt und nahm am Wettbewerb um die Goldene Kamera teil. Er ist eine argentinische/chilenische Zusammenarbeit und wurde für den Auslandsoscar eingereicht.