Drucken
Kategorie: Film & Fernsehen
f grundschul6Serie: Die anlaufenden Filme in deutschen Kinos vom 15. Februar 2018, Teil 5

N.N.

Paris (Weltexpresso) - Was nnahm Sie für das Drehbuch und Ihre Rolle ein?
Ich fand es sehr wahrhaftig. Und mir gefiel, wie leise und allmählich sich das Drama zuspitzt. Alltägliche Geschichten, die einen Hauch von Tragik besitzen, liegen mir einfach. Genau dieses Feuer habe ich im Drehbuch von Hélène Angel entdeckt.

Ihre Grundschullehrerin ist eine echte Heldin, die im Alltag über sich hinauswächst. Rund um diese Figur greift der Film eine Menge Themen auf: das Muttersein, die Frau in der Arbeitswelt und natürlich das Bildungssystem. Als wir uns kennenlernten, erzählte ich Hélène, dass ich gern als Lehrerin gearbeitet hätte, wäre ich nicht Schauspielerin geworden.


Handelt es sich denn um Berufe, die Gemeinsamkeiten haben?

f grundschul7Ich finde schon, dass es in beiden Berufen darum geht, etwas weiterzugeben. Aber dieses Prinzip ist in der heutigen Gesellschaft fast schon verpönt. Dabei gibt es kaum etwas Wichtigeres als die Beziehungen zwischen den Generationen. Mittlerweile möchten alle gleich sein, auf Augenhöhe – eine horizontale Gesellschaft. Ich finde allerdings, dass wir zu einer vertikalen Gesellschaft zurückfinden sollten. Begreifen lernen, was die ältere Generation uns zu vermitteln hat und es unsererseits an die nachfolgenden Generationen weitergeben. Das gefällt mir an meinem Beruf, dass wir permanent versuchen, etwas weiterzugeben. Auch wenn man unmittelbar erst mal nichts zurückbekommt, wenn man in einer Rolle Wissen oder Gefühle vermittelt. Man weiß ja nicht, ob etwa die Gefühle beim Zuschauer auch ankommen. Als Lehrerin erhält man sofort Rückmeldung von seinen Schülern. Denn das, was Lehrer weitergeben, ist nun mal viel konkreter. Sie sind unverzichtbare Glieder in der gesellschaftlichen Kette.



Wie haben Sie sich auf Ihre Rolle vorbereitet?

Zum einen habe ich darauf gesetzt, dass ich von Natur aus ganz gut mit Kindern kann. Andererseits habe ich mir natürlich viele Grundschulklassen angeschaut und Lehrerinnen getroffen. Es ist phänomenal, wie stark häufig die Bande zu ihren Schülern sind. Mir fiel auch auf, dass die Persönlichkeit der jeweiligen Lehrerin ihre Klasse ungeheuer prägt. Eine von den Lehrerinnen, die ich kennenlernte, legte gegenüber ihren Schülern eine wahnsinnige Zuneigung an den Tag. Ich denke, wir hatten alle als Kinder einen Lieblingslehrer, der an uns glaubte und dabei half, dass uns Flügel wuchsen. Ich weiß noch, wie gern ich zur Schule ging, weil ich tolle Lehrer hatte; Lehrer, die mein Wesen mit geformt haben. Das war ein großes Glück. In meinem Schlussmonolog sage ich als Florence, dass mir die Schule geholfen hat, „die unendlichen Möglichkeiten des Geistes“ zu entdecken – eine Überzeugung, die ich aus tiefstem Herzen teile.


Wie war die Zusammenarbeit mit den Kindern, die Ihre Schüler spielten?

Sehr leicht! Aber ich muss sagen, dass die Casting-Leute bei der Suche nach den Kindern ganze Arbeit leisteten: Die Kleinen wirkten wie eine echte Klasse! Ich habe gleich ein paar Regeln im Miteinander aufgestellt, etwa keine Selfies mit mir, nur weil ich Schauspielerin bin. Ich wollte eine sehr direkte Beziehung zu den Kindern aufbauen, ohne jedes Chichi, wollte die Grenze zwischen Wirklichkeit und Fiktion auflösen, vergessen machen, dass wir einen Film drehen. Zunächst waren wir also auf Augenhöhe. Aber im Lauf der Dreharbeiten nahmen mich die Kinder immer mehr als ihre Lehrerin wahr, die ich ja nun auch spielte. Wenn sie in meinem Beisein fluchten, selbst in den Drehpausen, hieß es sofort, „ups, ‘tschuldigung!“


Man hört häufig, es wäre schwierig, mit Kindern vor der Kamera zu stehen...

Ach, überhaupt nicht. Ganz im Gegenteil. Mit ihrer Spontanität stellten sie mich vor eine wunderbare Herausforderung. Die meiste Zeit sind sie unfassbar lebendig und wahrhaftig – und zwingen einen, es ebenfalls zu sein. Erst wenn sie zu viel über alles nachdenken, wenn sie „spielen“ wollen, knirscht es mal im Getriebe. Dann muss man ihnen eben helfen, ganz natürlich zu sein, und schon kann es wieder losgehen. Mit dem kleinen Sacha war es allerdings nicht immer ganz leicht: Man musste ihn durchaus aus der Reserve locken, damit er rabiat wurde; aber das taten wir natürlich, ohne ihm weh zu tun...


Hatten Sie einen Lieblingsschüler?

Meinen Sohn! Schon bei den Probeaufnahmen hat mich dieser junge Schauspieler zum Weinen gebracht.


Die von Ihnen gespielte Lehrerin ist selbst Mutter...

Ja, und nicht die schlechteste. Klar, ihr Sohn hätte gern, dass sie sich mehr um ihn kümmert, aber vor allem deshalb, weil er unter der Scheidung seiner Eltern leidet und sie irgendwo dafür bestrafen will. Ein erfülltes Leben führt diese Frau natürlich trotzdem nicht. Der Beruf ist im Moment alles, was für sie zählt, und ein bisschen Liebe in ihrem Leben könnte nicht schaden...


Der sie dann ja auch begegnet, in Gestalt von Vincent Elbaz.

Vincent ist der beste Filmpartner meiner bisherigen Karriere! Er ist einfach genial. Die Chemie zwischen uns hat von der ersten Sekunde an gestimmt. (vgl. Titelfoto) Unsere Arbeitsweisen sind sehr ähnlich, wir sind ständig auf der Suche, erfinden immer wieder etwas Neues. Selbst wenn er nicht im Bild zu sehen ist, gibt er alles. Die witzige Sequenz in der Küche war für mich einer der Höhepunkte des Drehs. Die Szene war so gut geschrieben, und ich musste die ganze Zeit daran denken, wie sexuell frustriert meine Filmfigur ist.


Was hat Ihnen DIE GRUNDSCHULLEHRERIN persönlich gebracht?

Als das Angebot kam, steckte ich gerade mitten in einer beruflichen Krise. Ich brauchte dringend neue Motivation, um wieder Spaß an der Schauspielerei zu finden. Hélène hat mir diese Motivation geschenkt, in dem ich mit Kindern spielen und eine Figur darstellen durfte, die mehr gibt als nimmt – was in unserer Überflussgesellschaft ja üblicherweise nicht der Fall ist. Die Art, wie sich diese Figur einbringt und gewillt ist, alles von sich zu geben, hat mich wieder daran glauben lassen, dass es auch in meinem Beruf möglich ist, bestimmte Dinge weiterzugeben.

Foto:
© Verleih

Info:
Das Interview ist dem Presseheft von alamodefilm entnommen

BESETZUNG

Florence                  SARA FORESTIER
Mathieu                   VINCENT ELBAZ
Denis                       ALBERT COUSI
Sacha                      GHILLAS BENDJOUDI
Monsieur Sabatier   PATRICK D’ASSUMÇAO
Madame Duru         GUILAINE LONDEZ
Marlène Peillard      OLIVIA COTE
Laure la stagiaire .   LUCIE DESCLOZEAUX