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Kategorie: Film & Fernsehen
f romySerie: Die anlaufenden Filme in deutschen Kinos vom 12. April 2018, Teil 5

Hannah Wölfel

Frankfurt am Main (Weltexpresso) – Der Film „3 Tage in Quiberon“, der jetzt in die Kinos kommt, zeigt das widersprüchliche Leben der österreich-deutsch-französischen Schauspielerin Romy Schneider (1938 - 1982).

Es war schon ein kühnes Projekt der Regisseurin Emily Atef und ihrer Produzenten, lediglich einen dreitägigen Ausschnitt aus dem Leben des „Mythos“ Romy Schneider auf die Kinoleinwand zu bringen. Der Streifen zeigt eine der bekanntesten Schauspielerinnen ihrer Zeit (hervorragend dargestellt von Marie Bäumer), die 1981 einige Tage in einer „Diätklinik“ verbrachte, um von ihren Medikamenten und Drogen herunterzukommen. Die Freundin Hilde (Birgit Minichmayr) besuchte sie dort, gemeinsam empfingen beide Frauen zwei Stern-Reporter für ein Interview.

Zur Erinnerung: Als 16-jährige kam Romy Schneider, die schon einige erfolgreiche Filme gedreht hatte, als putzige bayrische Königstochter und österreichische Kaiserin Sissi in die Kinos. Die dadurch berühmt gewordene Schauspielerin ließ sich noch zu zwei Fortsetzungen der Sissi-Trilogie (1955 - 1957) treiben. Dann verweigerte sie eine weitere Folge und emigrierte nach Frankreich. Sie wollte als ernsthafte Akteurin arbeiten, denn in Deutschland „klebte die Sissi an mir wie Grießbrei.“ In Paris wurde sie zum Weltstar durch ihre Arbeit in anspruchsvollen Filmen mit bekannten Kollegen und renommierten Regisseuren.

Gerne gab sie Luder wie eine Pornodarstellerin, Prostituierte oder Gangstergeliebte. Die deutsche Presse verzieh dem „Franzosenflittchen“ diesen „Vaterlandsverrat“ nie, während sie in Frankreich von den Medien begeistert gefeiert wurde. Doch gierig wurden auch von Sensationsblättern ihr problematisches Privatleben, die schwierigen Affären sowie ihre Schicksalsschläge ans Licht gezerrt. Sie arbeitete wie besessen und gönnte sich auch nach persönlichen Katastrophen, wie dem Tod ihres Kindes, keine Pausen.

Um ihrem kritischen vierzehnjährigen Sohn David zu beweisen, „dass ich es kann!“, ging sie 1981 (ein Jahr vor ihrem Tod) in die Klinik. Dort gab sie den Stern-Reportern, trotz ihrer negativen Erfahrungen mit deutschen Boulevardblättern, ein langes Interview, das im Film authentisch wiedergegeben wird. Sie hatte Vertrauen zum Fotojournalisten Robert Lebeck (Charly Hübner), den sie schon länger kannte, der seinen schreibenden Kollegen Michael Jürgs (Robert Gwisdek) mitbrachte.

Jürgs wirkt im Film lange Zeit unverschämt aggressiv und manipulierend, provoziert dadurch aber persönliche Bekenntnisse Romy Schneiders und lockt sie aus der Reserve. In den (wohl wirklich so stattgefundenen) Gesprächen und den dazwischen liegenden (im Drehbuch erfundenen) Ereignissen, wird uns Zuschauern das Temperament und die Zerrissenheit der Grande Dame des französischen Kinos sehr nahe gebracht. Einerseits ist sie voller, fast manischer Lebenslust, dann wieder in sich gekehrt und zurückgezogen. Die Schauspielerin Marie Bäumer verkörpert ihre große Kollegin mühelos ohne sich anzubiedern: Sie verkörpert ganz einfach Romy Schneider.

Freundlicherweise erspart uns der Film psychologischen Deutungen ihrer Kindheitsprobleme oder psychiatrische Diagnosen wie „manisch-depressive Persönlichkeit.“ Lediglich aus dem Interview und seinen Umständen heraus werden die widersprüchlichen Eigenschaften der Schauspielerin, ihre Verletzlichkeit und Kraft verdeutlicht: Sensible und dünnhäutige Menschen mit extremen Gefühlswelten können hervorragende Künstlerinnen sein!

Trotz der Außenaufnahmen in bretonischen Kneipen oder Fotoshootings in den Klippen am Meer ist „3 Tage in Quiberon“ ein dichtes Kammerspiel, dessen Bilder und riesige Nahaufnahmen der Schauspielerin einen stark in den Bann ziehen.

Atef, mit Marie Bäumer, Birgit Minichmayr, Charly Hübner, Robert Gwisdek u. a.

Unsere Berlinalekritik:
https://weltexpresso.de/index.php/kino/12260-3-tage-in-quiberon

Foto:
Romy Schneider (Marie Bäumer) mit ihrem Freund und Fotografen Robert Lebeck (Charly Hübner) in den bretonischen Klippen
© Peter Hartwig/ Rohfilm Factory/ Prokino

Info:
„3 Tage in Quiberon“, D / Ö / F 2018, 110 Minuten, Filmstart 12. April 2018
Regie und Drehbuch Emily Atef